Projektumsetzung und Steuerungsprozesse

Thema und Relevanz

Der Klimawandel und seine Folgen stellen die Stadtplanung zunehmend vor Herausforderungen. So werden voraussichtlich heiße und trockene Sommer häufiger (Schär et al. 2004) bei gleichzeitiger Zunahme von Extremereignissen, z.B. Starkregen (Falterer et al. 2020:8). Dem Klimawandel auf städtischer Ebene zu begegnen heißt zum einen, konsequenten Klimaschutz zu betreiben und zum anderen, die Stadt an die Auswirkungen des Klimawandels anzupassen. In diesem Kontext werden in Kleingruppen Ideen der nachhaltigen Stadtentwicklung in Frankfurt zu den Themenbereichen “Klima”, “Wasser” und “nachhaltige Versorgung” entwickelt und Umsetzungsmöglichkeiten eruiert. Die Resultate der Gruppen sollen auch außerhalb der Hochschule bekannt gemacht werden. Zudem soll Wissen außeruniversitärer Akteure den Gruppen zugänglich gemacht werden.

Städtische Steuerungs- und Entscheidungsprozesse spielen sich in einem komplexen Mehrebenensystem ab. Entscheidungen werden von hoheitlichen und zivilgesellschaftlichen Stakeholdern vorangetrieben (WBGU 2016:101ff.). Beispielhaft verdeutlicht Abbildung 1 die Struktur der politischen Organe auf der Ebene der Kommune. Das im Rahmen des Projektseminars erarbeitete Wissen der Fachgruppen kann und soll in die städtischen Steuerungs- und Entscheidungsprozesse eingebracht werden. Für die Steuerungsgruppe stellt sich die Aufgabe, den Wissensaustausch in beiden Richtungen zu ermöglichen, die Kommunikation der Ergebnisse zu gestalten und Möglichkeiten der Einbringung der Ergebnisse in Entscheidungsprozesse zu eruieren.

Abb.1: Struktur der kommunalen Selbstverwaltung in Frankfurt am Main. Dargestellt sind die Organe auf kommunaler Ebene, die auf Grundlage der Hessischen Gemeindeordnung bestehen (eigene Darstellung).

Fragestellung und Zielsetzung

Die erste Phase des Projekts beinhaltete die Identifizierung und Analyse relevanter Stakeholder und Expert*innen in den betreffenden Gebieten und den betrachteten Stadtteilen. Dabei wurde recherchiert und abgeschätzt, welchen Einfluss Stakeholder und Expert*innen auf die jeweilige Problemstellungen haben und welches Interesse besteht. Was sie also ggf. zu den Projekten beitragen und wie sie umgekehrt Ergebnisse aus den Projekten für die eigene Arbeit aufnehmen können. Dabei sollte auch die Anwendbarkeit von Methoden der Stakeholder-Analyse für die umschriebenen Projekte geprüft werden. Aufbauend auf den Ergebnissen der Recherche konnte ein Wissensaustausch zwischen den Fachgruppen und den Stakeholdern organisiert werden. Ein weiteres wichtiges Ziel der Steuerungsgruppe war die Kommunikation der Ergebnisse der Fachgruppen nach außen. Hier wurde seitens der Dozenten die Frage des Formats offen gehalten. Darüber hinaus sollten Möglichkeiten recherchiert werden, wie die  Ergebnisse in die städtischen Steuerungsprozesse eingebracht werden können.

Vorgehensweisen und Methoden

Im Rahmen des Projekts kamen verschiedene Methoden der Stakeholder-Analyse zur Anwendung. Es wurden Fokus-Gruppen erstellt, semistrukturierte Interviews durchgeführt und das Snowball-Sampling eingesetzt (Reed et al. 2009). Die Fokus-Gruppen bestanden aus den fachbezogenen Projektgruppen und Mitgliedern der Steuerungsgruppe. Die Steuerungsgruppe sicherte die Ergebnisse, führte weitere Recherchen durch und bereitete die Kontaktaufnahme vor. Weiterhin wurden beim Erstkontakt die Stakeholder im Sinne des Snowball-Samplings nach weiteren Stakeholdern befragt. Für die Gespräche mit den Stakeholdern wurden semistrukturierte Interviews vorbereitet (Reed et al. 2009). Fragen und Wünsche der fachbezogenen Projektgruppen wurden gesammelt, redaktionell überarbeitet und weitergeleitet. Weitere Methoden die verwendet wurden, sind themen- oder stadtteilbezogene Gruppen-Meetings und Präsentationen, z.B. Input-Referate zu Best Practice-Beispielen (Reed et al. 2009).

Die Planung des Projektes lief flexibel und in Absprache mit den Fachgruppen ab. Auf unerwartet auftretende Probleme oder Möglichkeiten konnte so flexibel eingegangen werden. In Anbetracht der epidemiologischen Lage fanden die Methoden vor allem virtuell, zum Beispiel in Zoom-Meetings, unterstützt durch den Einsatz digitaler Medien (Umfragen, cloudbasierte Dokumente u.a.), Anwendung. Zur Erstellung der Ergebniskommunikation wurde das freie Content-Management-System WordPress verwendet.

Ergebnisse

In Zusammenarbeit mit den Projektgruppen konnten relevante Stakeholder identifiziert und zu analysiert werden. Die Ergebnisse konnten z.B. in einem Interest/Influence Diagramm festgehalten werden.

Abb.2: Interest-Influence-Diagramm (Eigene Darstellung)

Abbildung 2 zeigt beispielhaft das Diagramm, das mit der Gruppe “Nachhaltige Versorgung Mensen Riedberg” erstellt wurde. Als Fokus-Gruppe wurden mögliche Stakeholder identifiziert und hinsichtlich ihres Interesses an einer Änderung und ihres Einflusses eingeschätzt. Die resultierende Visualisierung in einem kartesischen Koordinatensystem mit ordinalen Skalen ermöglichte einen sehr guten Überblick über die  beteiligten Parteien. Auf dieser Basis konnte  die Kontaktaufnahme zu den wichtigsten Stakeholdern priorisiert werden. In diesem Fall zeigte sich, dass eine Anfrage an den AStA am vielversprechendsten erschien.

Um den Wissensaustausch zu fördern, tauschten sich in wöchentlichen Treffen die Mitglieder der Steuerungsgruppe mit den Kleingruppen über die Fortschritte der einzelnen Projekte aus und besprachen das weitere Vorgehen.

Der Projektaufwand für die Steuerungsgruppe variierte je nach Zielsetzung, Fragestellung und Umfeld der einzelnen Kleingruppen. Es konnte ein Austausch mit Stakeholdern, beispielsweise dem AStA, der Klimaschutzinitiative Riedberg (KIR) oder auch dem Studentenwerk eingeleitet werden. Hierbei halfen die Kontakte, die während des Projektseminars oder auch Studiums gesammelt und gepflegt wurden. Manche der kontaktierten Stakeholder zeigten ein sehr hohes Interesse an den Ergebnissen der Gruppen und an einer weitergehenden Zusammenarbeit. Dies war zum Beispiel beim AStA im Hinblick auf Fragestellung und erste Ergebnisse der Projektgruppe Nachhaltige Versorgung Mensen Riedberg der Fall.  Mit anderen Stakeholdern kam allerdings keine Kommunikation zustande. So haben die Ortsbeiräte keine unserer Anfragen beantwortet. Bei der Kontaktaufnahme zu städtischen Ämtern zeigten sich Schwierigkeiten, zuständige Stellen zu identifizieren. Zwar wurde meist geantwortet, doch oft mit Verweis an andere Sachgebiete oder Abteilungen. Anfragen an Institutionen oder Personen wurden gebündelt, sodass die Kommunikation erleichtert werden konnte.

Die Ergebnisse einzelner Projekte konnten in städtische bzw. universitäre Steuerungs- und Entscheidungsprozesse eingebracht werden. Nach der Kontaktaufnahme mit dem AStA stellte sich ein regelmäßiger Austausch ein und das Anliegen, mehr regionale Gerichte in der Mensa anzubieten, wurde von der Studierenden-Vertreterin im Verwaltungsrat des Studentenwerks vorgestellt. In der Folge gelang die Kontaktaufnahme mit Mitarbeiter*innen des Studentenwerks auf Arbeitsebene.

Zur Einbringung einiger Ergebnisse in die städtischen Steuerungsprozesse wurde das Portal “Frankfurt fragt mich” verwendet. Dieses bietet die Möglichkeit zur Bürgerbeteiligung auf städtischer Ebene. In dem Portal können Anfragen und Ideen eingereicht werden, die dann bei ausreichender Unterstützung durch Interessierte in die Frankfurter Stadtverwaltung getragen werden. Als Idee wurden hier die Ergebnisse der Projektgruppe zu mikroklimatischen Untersuchungen am Riedberg eingebracht. Um genug Unterstützer zu gewinnen soll die Anfrage an die lokalen Ansprechpartner am Riedberg, z.B. die KIR, weitergeleitet werden.

Als Ergebniskommunikation wurde auf Vorschlag der Steuerungsgruppe beschlossen, eine Website anzulegen, auf der das Projektseminar vorgestellt und die Arbeiten der einzelnen Projektgruppen präsentiert werden. Zudem soll ein faltbarer Flyer erstellt werden, auf dem die Projekte vorgestellt werden und welcher über einen QR-Code auf die Website verweist. Hier sind alle Gruppen zusammen auf einer Seite mit Kurzdarstellungen ihrer Projekte präsentiert. Ein Ziel war es, Interessierten mit dem Flyer etwas in die Hand geben zu können. Durch ansprechende und übersichtliche Gestaltung besteht die Hoffnung, dass möglichst viele Personen die Informationen lesen. Der QR-Code auf dem Flyer soll den Aufruf der Website erleichtern. Auf der Website werden die Ergebnisse detailliert aufbereitet dargestellt. Das Zusammenspiel zwischen einem physischen Produkt und einem digitalen Medium soll für mehr Aufmerksamkeit sorgen und gleichzeitig das vertiefende Nachlesen papierlos ermöglichen und somit den angestrebte Wissenstransfer an die Öffentlichkeit erleichtern.

 

Diskussion

Mit Hilfe von Methoden der Stakeholder-Analyse und Methoden des Projektmanagements wurde die Projektumsetzung für alle Gruppen und die Zusammenarbeit mit externen Akteuren vereinfacht. Als hilfreich haben sich die Fokus-Gruppen und die leicht zu erstellenden Interest/Influence-Diagramme erwiesen. Die Kontaktaufnahme zu den Stakeholdern brachte allerdings nicht immer Erfolg. So antworteten die Ortsbeiräte gar nicht und städtische Ämter nur schleppend. Dies ist möglicherweise zum Teil auch auf die während des Projektseminars stattgefundene Kommunalwahl zurückzuführen. Die Wahlergebnisse brachten an vielen Stellen deutliche Verschiebungen von Mehrheiten, so dass die Etablierung neuer politischer Leitungsstrukturen prioritäre Aufgaben waren. Ebenso haben wahrscheinlich die aus der COVID-Pandemie resultierenden Einschränkungen im Arbeitsablauf Einfluss auf die Antwortbereitschaft gehabt. Möglicherweise hätte auch ein wiederholtes Nachfragen mehr Erfolg gezeigt.

Es stellte sich heraus, dass bei der Kontaktführung mit staatlichen Akteuren mit langen Bearbeitungszeiten gerechnet werden sollte. Die persönlichen Kontaktverknüpfungen spielen außerdem eine große Rolle und können die Projektumsetzung unterstützen und fördern. Darüber hinaus sollte die Projektumsetzung möglichst unabhängig von einzelnen Institutionen sein, bzw. sollte davon ausgegangen werden, dass nicht alle Akteure eine Kooperationsbereitschaft zeigen werden. Dies sollte bei der Planung beachtet werden, um mögliche Anpassungen vornehmen zu können oder alternative Wege zu finden. Hierbei sind Geduld, Offenheit und Flexibilität vonnöten. 

Die Kombination von einer digitalen Website mit einem Flyer in handlicher Form ist eine gute Methode um die erarbeiteten Ergebnisse zu präsentieren. Eine Website bietet zahlreiche Möglichkeiten für eine ebenso ausführliche wie kreative Ergebnispräsentation. Es bestehen weniger Grenzen als in einer gedruckten Publikation und die Inhalte sind leichter verfügbar. Der Flyer soll Anreize schaffen und die Empfänger*innen neugierig machen. Kurze Texte sollen die bearbeiteten Projekte umreißen und einen Ausblick auf die Ergebnisse liefern. Auf dem Info-Flyer wird ein QR-Code platziert, um vom Flyer auf die projektspezifische Website zu leiten. 

Auf die Ergebnisse der Anfrage auf der Beteiligungsplattform “Frankfurt fragt mich” bleibt zu warten. Es ist davon auszugehen, dass genug Unterstützer*innen gefunden werden, damit die Idee der Begrünung des Riedbergplatzes in die Frankfurter Stadtverwaltung eingebracht wird. Ob die Ergebnisse der Projektgruppe tatsächlich in den städtischen Steuerungsprozessen Beachtung finden, bleibt ebenfalls abzuwarten.

Fazit

Durch die Arbeit der Steuerungsgruppe konnten die Ergebnisse der anderen Kleingruppen gesammelt und zentral publiziert werden. Einfache Methoden der Stakeholder-Analyse konnten auch bei kleinen Projekten ihre Nützlichkeit zeigen. Die Kontaktaufnahme zu Stakeholdern in der Stadtpolitik wurden durch die COVID-Pandemie und durch übergeordnete Steuerungsprozesse nach der Kommunalwahl eingeschränkt. Dennoch erlauben niedrigschwellige Angebote wie “Frankfurt fragt mich” die Einbringung der Ergebnisse der Kleingruppen in die städtischen Entscheidungsprozesse. Im universitären Kontext ist schon im Verlauf des Semesters gelungen, die Ergebnisse vielversprechend in Steuerungsprozesse einzubringen. 

Falterer F., S. Hafner, M. Miosga & J Schiffner (2020): Das Klima-Handbuch für Kommunen. Den solidarisch-ökologischen Wandel erfolgreich gestalten. München: BayernForum der Friedrich-Ebert-Stiftung.

Reed, M. S., A. Graves, N. Dandy, H. Posthumus, K. Hubacek, J. Morris, C. Prell, H. Quinn, & L. C. Stringer (2009): Who’s in and why? A typology of stakeholder analysis methods for natural resource management. – Journal of Environmental Management 2009, 90, 1933-1949. DOI:
10.1016/j.jenvman.2009.01.001.

Schär, C., P. L. Vidale, D. Lüthi, C. Frei, C. Häberli, M. A. Liniger & C. Appenzeller (2004): The role of increasing temperature variability in European summer heatwaves. – Nature 2002, 427, 332-336.

WBGU (Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen) (Hrsg.) (2016): Der Umzug der Menschheit: Die transformative Kraft der Städte. Berlin: Selbstverlag.

Autor*innen

Viacheslav Chub
Till Frankenbach
Yamuna Henke
Christoph Locker
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