Alfred Stieglitz und die Zeitschrift Camera Work
Der US-amerikanische Fotograf Alfred Stieglitz (1864–1946) erlangte nicht nur wegen seiner piktorialistischen Fotografien Anfang des 20. Jahrhunderts große Bekanntheit. Insbesondere seine kuratorische Arbeit mit der Fotografie, für ihn eine moderne Kunstform, beeinflusste viele und führte zu neuen Formen der Präsentation und Ausstellung des Mediums Fotografie.[1] Stieglitz nutzte die von ihm gegründete Photo Secession, seine Zeitschrift Camera Work sowie die Little Galleries/Gallery 291, um seine Ideen und Vorstellungen von Fotografie und Ausstellungsdesign, sowie seine Vision einer fotografischen Ästhetik und deren Potential zu verbreiten.
Die von Stieglitz im Jahr 1902 gegründete Photo Secession verstand sich als Vereinigung ausgewählter Mitglieder (unter ihnen Edward Steichen), deren gemeinsames Ziel es war, Fotografien nicht als bloße Dokumentation, sondern als neue künstlerische Ausdrucksmöglichkeit, zu präsentieren. Junge Künstler:innen, die sich mit Fotografie beschäftigten, wurden gefördert.[2] Ebenfalls im Jahr 1902 entschied sich Stieglitz, seine eigene, unabhängige Zeitschrift zum Thema Fotografie zu publizieren. Die erste Ausgabe erschien im Jahr 1903. Camera Work hatte bis zu ihrer letzten Ausgabe im Jahr 1917 großen Stellenwert in modernen künstlerischen Kreisen.[3] Die Fotografien zahlreicher Künstler:innen, die auch der Photo Secession angehörten, wie zum Beispiel Gertrude Käsebier, James Craig Annan oder Clarence White, wurden in der Camera Work gezeigt.[4]
Text: Franka Schlupp
Redaktion: Thomas Helbig
Anmerkungen
[1] Lucie-Smith, Edward (Hg.): Bildende Kunst im 20. Jahrhundert, Köln 1999.
[2] https://www.metmuseum.org/toah/hd/stgp/hd_stgp.htm (19.12.2023)
[3] https://www.arthistoricum.net/themen/editionen/cw (19.12.2023)
[4] https://archive.artic.edu/stieglitz/camera-work/ (19.12. 2023)
El Lissitzky, der innovative Konstruktivist
Eliezer „El“ Lissitzky (1890–1941) gilt als einer der bedeutendsten Künstler (zugleich Ausstellungsmacher, Architekt, Fotograf, Grafiker und Typograf) der russischen Avantgarde. Als Mitbegründer des Konstruktivismus zeichnen sich seine Werke durch abstrakte Geometrie, architektonische Elemente sowie die starke Nutzung von Fotografie aus.[1] Wegen seiner jüdischen Herkunft an der Kunsthochschule in Sankt Petersburg abgewiesen, studierte Lissitzky von 1909 bis 1914 in Darmstadt Architektur und arbeitete in der Zeit des Ersten Weltkrieges in Russland.[2] In den 20er und 30er Jahren war er zudem in Deutschland und der Schweiz tätig, wirkte an großen Ausstellungsprojekten wie beispielsweise der Großen Berliner Kunstausstellung (1922) mit und gestaltete im Auftrag der UdSSR den sowjetischen Pavillon der PRESSA (1928) sowie die sowjetischen Abteilungen auf der FiFo (1929) und der Internationalen Hygiene-Ausstellungen (1930).[3] Neben seinen konstruktivistischen Idealen wurde Lissitzky stark durch den von Kasimir Malewitsch begründeten Suprematismus beeinflusst, der sich in seinen künstlerischen Projekten, Publikationen und seiner Ausstellungsarchitektur widerspiegelte: Aufwendige Fotomontagen, Großformate und die Verbindung von Fotografie, Typografie mit geometrischen Formen bildeten ein multimediales Gesamtkunstwerk.[4] Dabei propagierte Lissitzky nicht nur mithilfe der innovativen Darstellungsweisen die sowjetische Kultur, sondern forderte durch seine Kunst, die er als ein politisches Kommunikationsmittel verstand, auch eine Aktivierung der Betrachtenden.[5] Lissitzky beeinflusste durch sein vielseitiges Werk maßgeblich den Stil von Bauhaus und De Stijl und bezeugt dadurch seinen großen Einfluss auf die Kunst der Avantgarde.
Text: Leonie Huber
Redaktion: Thomas Helbig
Anmerkungen
[1] Hemken 1990, S. 9f., sowie Moholy 1966, S. 160.
[2] Hemken 1990, S. 9.
[3] te Heesen 2012, S. 125.
[4] Ebd., S. 126f.; Hemken 1990, S. 12–19, S. 117; Moholy 1966, S. 160.
[5] te Heesen 2012, S. 127; Hemken 1990, S. 9–11.
Literatur
Hemken, Kai-Uwe: El Lissitzky. Revolution und Avantgarde (Dumont Taschenbücher; Bd. 248), Köln 1990.
Moholy, Lucia: El Lissitzky, in: The Burlington Magazine, 108/756 (1966), S. 160-161, 163.
te Heesen, Anke: Theorien des Museums zur Einführung, 3. unveränderte Auflage, Hamburg 2012, S. 125–131.
Photographische Gesellschaften
Erstmalig im deutschsprachigen Raum schloss sich am 22. März 1861 in Wien eine fotografische Vereinigung von Berufs- und Amateurfotografen, Verlegern, Industriellen, Juristen, Gewerbetreibern und Kaufleuten zur „Photographische Gesellschaft“ (PhG) zusammen.[1] Die Gründung der PhG fand im Rahmen der Gesellschaftsversammlung in der Akademie der Wissenschaften in Wien statt. Das erste Präsidialamt hielt der österreichische Bibliothekar und Fotograf Anton Georg Martin (1812–1882) inne.[2] Die vorangegangenen Gründungen der britischen „Photographic Society“ (RPS) (1852–1853) und der französischen „La Société française de photograhie“ (SFP) (1855) dienten als Vorbild.[3] Von Beginn an war die PhG trotz konservativer Grundhaltung bestrebt, eine breite und möglichst internationale Mitgliederschaft sowie Persönlichkeiten aus dem künstlerischen und wissenschaftlichen Bereich zu vertreten.[4] In den Gründungsstatuten wurden als vorrangige Ziele die Vertretung der (nationalen) Interessen der Fotografie, die Abhaltung von Vorträgen und Diskussionen, die Gründung eines Journalzirkels und einer vereinseigenen Zeitschrift, die Errichtung einer Bibliothek und Mustersammlung sowie die Organisation, Veranstaltung und Ausrichtung öffentlicher Ausstellungen niedergeschrieben.[5]
Text: Claire Müller
Redaktion: Thomas Helbig
Anmerkungen
[1] Auer 1989, S. 50; Vgl. Pohlmann 1989, S. 509.
[2] Auer 1989, S. 50.
[3] Gröning 2003, S. 84.
[4] Auer 1989, S. 50; Gröning 2003: S. 84
[5] Pohlmann 1989, S. 509f.
Literatur:
Auer, Anna: Die Photographische Gesellschaft in Wien (PHGW), in: Rückblende. 150 Jahre Photographie in Österreich, hrsg. von Photographische Gesellschaft in Wien, Wien 1989, S. 50–56.
Gröning, Maren: Die erste Fotoausstellung im deutschsprachigen Raum 1864, in: Das Auge und der Apparat: die Fotosammlung der Albertina, hrsg. von Monika Faber, Klaus Albrecht Schröder, Wien/München 2003, S. 79–110. [Online abrufbar unter: https://www.yumpu.com/de/document/read/4554915/die-erste-fotoausstellung-im-deutschsprachigen-raum-1864-albertina#google_vignette]
Pohlmann, Ulrich: „Harmonie zwischen Kunst und Industrie“. Zur Geschichte der ersten Photoausstellungen (1839-1868), in: Silber und Salz. Zur Frühzeit der Photographie im deutschen Sprachraum 1839-1860, hrsg. von Bodo von Dewitz, Reinhard Matz, Köln/Heidelberg 1989, S. 496–513.
Fotografie Forum Frankfurt
Das Fotografie Forum Frankfurt (damals „Fotografie Forum International“) wurde im Jahr 1984 als unabhängige Organisation von Manfred Heiting, Karin Steins und Werner Kolligs zur Förderung aller Facetten der Fotografie gegründet. Zu der Zeit fehlte in der Frankfurter-Museumslandschaft eine Institution, die sich spezifisch dem Medium widmete, das sich damals noch um seinen Platz im Kunstkanon bemühen musste.[1] Aus diesem Grund wurde der gemeinnützige Förderkreis Fotografie Forum Frankfurt e. V. und Träger des FFF ins Leben gerufen. Das FFF lässt sich in einem internationalen Netzwerk an Fotografie Foren verorten, die unabhängig voneinander agieren, aber eine ähnliche Struktur aufweisen: Im Vergleich zum La Maison Européenne de la Photographie Paris (*1985), dem C/O Berlin (*2000), dem Fotografiska Stockholm (*2010), oder dem neu gegründeten Foto Arsenal Wien (*2022) zählt das FFF zu den ältesten Foren europaweit.[2]
Mit einem vielschichtigen Programm aus Ausstellungen, Workshops und Vorträgen bieten das FFF „eine Plattform für die visuelle Erforschung und den konstruktiven Dialog“ über die kontinuierliche Weiterentwicklung der Auffassung von Fotografie.[3] Jährlich zeigt das Forum durchschnittlich vier Ausstellungen von zeitgenössischen oder historischen; international etablierten oder neuentdeckten Positionen der fotografischen Kunst, wodurch das Ausstellungsarchiv aktuell 270 Einzel- und Gruppenausstellungen listet.[4] Seit Mitte der 1990er Jahre wird das Ausstellungsprogramm jährlich durch eine Ausstellung von Fotograf:innen aus den jeweiligen Ehrengastländern der Frankfurter Buchmesse bereichert. Zudem zeigt das FFF, als Mitgründer und -organisator der seit 2012 stattfindenden internationalen Fotografie-Triennale RAY im Rhein/Main-Gebiet, traditionell eine der RAY-Hauptausstellungen.[5]
Das FFF wurde im März 1984 mit einer Retrospektive der Frankfurter Fotojournalistin Barbara Klemm eröffnet, als es noch in den Räumlichkeiten des Leinwandhauses beheimatet war (1984–2007). Nach sieben Jahren ohne festen Sitz zog das Forum 2014 in das denkmalgeschützte Kontorhaus in der Braubachstraße 30–32 in der Frankfurter Altstadt. (Abb. 1) Die Ausstellungsräume im ersten Stock des 1927 von dem Architekten Adam Heinrich Aßman entworfenen Wohn- und Geschäftshauses umfassen eine umlaufende Etage von 350 qm, in dessen Mitte sich das Treppenhaus befindet. (Abb. 2) Seit 2019 sind das Archiv, die Fotografie-Bibliothek und die Räumlichkeiten der FFF Akademie im zweiten Stock des Gebäudes untergebracht, als auch die Büros des derzeit neunköpfigen Teams unter der künstlerischen Leitung Professorin Celina Lunsford (seit 1992) und der Geschäftsführerin Sabine Seitz (seit 2005).
Die FFF Akademie veranstaltet seit 1994 ein umfangreiches Programm mit Workshops und Vorträgen namhafter Fotograf:innen,[6] das häufig in Zusammenhang mit den laufenden Ausstellungen steht. Dieses wurde im Jahr 2015 durch ein speziell für Kinder- und Jugendliche konzipiertes Vermittlungs- und Workshopprogramm unter dem Titel FFF Junior erweitert.
Text: Laura Waas
Redaktion: Thomas Helbig
Siehe auch den Textbeitrag zur Ausstellung NHU XUAN HUA. HUG OF A SWAN [Link]
Anmerkungen
[1] Marszalkowski, Tamara: 40 Jahre Fotografie Forum Frankfurt, in: hessenschau, 02.02.24, URL: https://www.hessenschau.de/kultur/40-jahre-fotografie-forum-frankfurt,audio-91132.html (21.02.2024).
[2] Weitere Orte dieses Netzwerks: Haus der Fotografie Hamburg (*2003), Photographische Sammlung SK Stiftung Kultur Köln (*1976), Foam Amsterdam (*2001, stadtfinanziertes MUSEUM), The Photographers Gallery London (*1971), The Finnish Museum of Photography Helsinki (*1969, ältestes Fotografie-Museum Europas), Musée de l’Elysée Lausanne.
[3] Frankfurter Fotografie Forum: Über uns, o. J., URL: https://www.fffrankfurt.org/ueber_uns/ (26.02.2024).
[4] Ebd.
[5] Website der RAY-Fotoprojekte, UR: https://ray-triennale.com/ (21.02.2024).
[6] Frankfurter Fotografie Forum: 40 Jahre FFF. Das Jubiläumsjahr 2024 – ein Blick zurück nach vorn, in: Presseinformation, Frankfurt am Main, 02.01.2024, S. 3.
Literatur- und Quellenverzeichnis
Frankfurter Fotografie Forum: 40 Jahre FFF. Das Jubiläumsjahr 2024 – ein Blick zurück nach vorn, in: Presseinformation, Frankfurt am Main 02.01.2024.
Frankfurter Fotografie Forum: Über uns, o. J., URL: https://www.fffrankfurt.org/ueber_uns/ (26.02.2024).
Marszalkowski, Tamara: 40 Jahre Fotografie Forum Frankfurt, in: hessenschau, 02.02.24, URL: https://www.hessenschau.de/kultur/40-jahre-fotografie-forum-frankfurt,audio-91132.html (21.02.2024).
Website der RAY-Fotoprojekte, URL: https://ray-triennale.com/ (21.02.2024).