Aleksandra Detka
Bei den in Guckkästen präsentierten Druckgrafiken handelt es sich zum großen Teil idealisierte, wenn nicht sogar hyperbolische Darstellungen unterschiedlicher Themen. Zu den Motiven gehörten unter anderem: Landschaften, Stadtansichten, bekannte Sehenswürdigkeiten und in manchen Fällen sogar Illustrationen von historischen Ereignissen. Die Versuche, bestimmte Aspekte des Bildes hervorzuheben, führten in manchen Fällen zur Entstehung von sehr kuriosen Blickwinkeln und Perspektiven, die nicht der Wahrnehmung des menschlichen Auges entsprechen. Ob durch nicht-maßstabgerechte Vergrößerungen oder durch eine spezifische Gestaltung der zentralen Objekte, kam es in manchen Fällen zu deutlichen Verschiebungen der Perspektive. Bei manchen Grafiken fällt die unstimmige Perspektive erst bei näherer Betrachtung auf. Gleichzeitig gibt es Guckkastenbilder, bei denen die Aufmerksamkeit des Betrachtenden sofort auf die inkonsistente Geometrie gelenkt wird. Eine solche Grafik befindet sich in der Frankfurter Universitätsbibliothek. Prospect des Königl. Dänischen Schlosses Fridrichs-Berg ist eine im 18. Jahrhundert gestochene Druckgrafik aus dem Verlag von Georg Balthasar Probst (Abb.1).

Teil einer Reihe von Ansichten Kopenhagens, handelt es sich um eine grandiose Darstellung des Schloss Frederiksberg, das sich Frederik IV von Dänemark als Sommerresidenz hatte erreichten lassen, und vor allem des dazugehörigen Gartens. [1] Auf den ersten Blick lässt das farbenfrohe Blatt die Betrachtenden staunen. Bei näherer Betrachtung machen sich schnell Unstimmigkeiten bemerkbar. Denn die gewählte Perspektive sieht sehr unnatürlich aus: es entsteht das Gefühl, dass drei unterschiedliche Blickwinkel zusammengefügt wurden. Das auf einer treppenartig angelegten Anhöhe erbaute Schloss in der oberen Hälfte der Grafik ist in Frontalansicht wiedergegeben. In den beiden Gärten, die durch einen gelben Strich aufgeteilt sind, entsteht eine Schräge, welche einen Fluchtpunkt andeutet. Die Perspektive der symmetrisch gestalteten Gärten, bleibt durch einen fehlenden Fluchtpunkt jedoch unvollständig. Auch der Schattenwurf ist inkonsistent. So gilt für die meisten Figuren und Gegenstände, dass das Licht von links einzufallen scheint, einige Bäume werfen aber keinerlei Schatten und auf dem Gebäude links suggeriert der Schattenwurf, dass das Licht aus einer anderen Richtung kommt. Da das Schloss erhöht liegt, könnte man von einer Fluchtperspektive für das Gesamtbild ausgehen, was hier jedoch nicht der Fall ist. Die Darstellung des großen und symmetrischen Gartens erzeugt leider einen unpassenden Blickwinkel. Was als die Tiefe, beziehungsweise die Länge des prachtvollen Gartens wirken soll, misslingt durch das Fehlen eines Fluchtpunktes in der Mitte des Schlosses. Dadurch entwickelt sich der Garten als eine eigenständige Perspektive und scheint nach vorne zu kippen. Es scheint fast, als würde das Schloss auf dem Garten liegen, anstatt sich auf einer Anhöhe am Ende des Grundstücks zu befinden.
[1] Kapff, Sixt von: Guckkastenbilder. Aus dem Augsburger Verlag von Georg Balthasar Probst, 1732 – 1801, Weißenhorn 2010, S. 150-151, K92. Der Druck ist Teil der Serie Med. Fol. No 73, Probst Nummer 297.