Workshop und Buchprojekt

Projektverantwortliche: Prof. Dr. Rainer Forst und Prof. Dr. Klaus Günther

Projektbeschreibung

Die interdisziplinären Forschungen des Verbundes „Normative Ordnungen“ verstehen sich als Bausteine zu einer kontinuierlich sich zusammenfügenden Theorie normativer Ordnungen. Dabei sind in der bisherigen Zusammenarbeit wichtige Fundamente gelegt und Eckpfeiler errichtet worden, die das besondere „Frankfurter“ Gepräge des Forschungszusammenhanges kennzeichnen.
Geplant ist nun, in einem gemeinsamen Workshop der beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler – eingeladen werden sollen auch bereits ausgeschiedene ForscherInnen – zum einen eine Zusammenschau des in den zurückliegenden Jahren Geleisteten zu wagen und die genannten Bausteine zusammen zu tragen. Zum anderen soll ein Ausblick auf offene Fragen und Perspektiven vorgenommen werden.
Basierend auf der Annahme, dass sich normative Ordnungen nur stabilisieren können, wenn sie auch gerechtfertigt werden können, wenn ihre Rechtfertigungen bei denjenigen, von denen Normbefolgung erwartet wird, tragen, werden normative Ordnungen als Rechtfertigungsordnungen verstanden. Auch wenn damit eine Priorisierung theoretischer Fragestellungen nahegelegt zu sein scheint, versteht doch der Verbund das Verhältnis von empirischer Forschung und allgemeiner Theorie als ein reziprokes: Theoretische Fragen leiten empirische Forschung an, und empirische Forschung führt zur Neubestimmung theoretischer Annahmen. Ein Ziel des geplanten Workshops ist es, sich über die Möglichkeit und Notwendigkeit derartiger Neubestimmungen auseinanderzusetzen. Die jeweiligen Forschungen dienen dazu, die erarbeiteten Erkenntnisse über eine Theorie normativer Ordnungen auf den Prüfstand zu stellen und im Hinblick auf aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen und Herausforderungen neu zu interpretieren. Lässt sich auch eine diagnostizierte Fragilität normativer Ordnungen, die das neue Forschungsprogramm in den Blick nimmt, mit den zur Verfügung stehenden Methoden und Theoremen angemessen erklären und verstehen? Welche theoretischen Innovationen erfordert diese Thematik?
Über die Frage nach den eine normative Ordnung tragenden Rechtfertigungsnarrativen gelingt es dem Verbund im Unterschied zu anderen Projekten, rekonstruktiv die subjektive Teilnehmerperspektive derer zu erschließen, die sich wertend zu ihrer normativen Ordnung verhalten. Gleichzeitig wird jedoch auch die objektiv-beschreibende Perspektive einer interdisziplinären Untersuchung des Wandels normativer Ordnungen nicht vernachlässigt. Rechtfertigungsordnungen sind in ihrer jeweiligen Wirklichkeit und in ihren Möglichkeiten immer mitbestimmt von historischen Entwicklungen, sozialen, politischen, ökonomischen, religiösen und kulturellen Kontexten, die in hohem Maße variieren und sich in unterschiedlichen Geschwindigkeiten ändern. Die Bestimmung des Verhältnisses von subjektiver Teilnehmer- und objektiver Beobachterperspektive, z.B. entlang der Frage nach der Sedimentierung von Rechtfertigungen normativer Ordnungen und der Ausbildung von Institutionen der Kritik und Erneuerung, wird auch Gegenstand des Workshops sein.
In diesem Sinne sind die Wissenschaftler*innen des Forschungsverbundes dazu eingeladen, Überlegungen zu einer mit interdisziplinär angelegter empirischer Forschung fundierten Theorie normativer Ordnungen beizusteuern.
Im Anschluss an die Diskussion im Workshop soll ein deutsch/englischer Sammelband entstehen.