Panels und Hölderlin-Vortrag

Panel I: Donnerstag, 10 – 12 Uhr, im 1.411 – Theaterraum im IG-Farben-Haus

Counter Politics (Verena Mund)

Eine Theke ist etwas anderes als ein Tisch. An ihr versammeln sich alle, nicht bloß die Familie, der Verein oder die Regierung. Zudem produziert die Theke eine spezielle Sitzordnung wie auch ungewöhnliche Körperhaltungen dem übrigen Raum gegenüber. Damit kann man arbeiten. Zuerst einmal müsste man aber überhaupt einen Platz an der Theke haben. Wenn man aus „allen“ ausgeschlossen ist: Wie sehen Strategien aus, einen Platz an der Theke einzunehmen?

Körper haben, Körper sein, Körper fühlen, Körper vergessen, Körper bezweifeln. Von Körpern, Denken und Wissenschaften (Leonie Otto)

Panel II: Donnerstag, 16 – bis 18 Uhr, im 1.411 – Theaterraum im IG-Farben-Haus

Spuren aus dem autonomen Tutorium „Interesse am Körper“ (Nicole Berns, Eva Döhne, Saija Kontio, Isabelle Pietsch, Anabel Priemer)

Die konfliktgeladene Geschichte Europas, die Unterdrückung des Körpers im Bereich der Sexualität und der Sprache, die Auswirkungen der Kulturindustrie auf körperliche und (über)menschliche Selbstoptimierungsprozesse und den ungezügelten Körper als Gefahr der Zivilisation möchten wir ausgehend von der Kritischen Theorie mit theoretischen Texten und künstlerischen Positionen diskutieren und weiterdenken. Ansätze aus den Bereichen von Queer-, Gender- und Diversity Theory, Postcolonial Studies, Phänomenologie, Humanismus, Psychoanalyse, Dekonstruktion und Postmoderne sollen gemeinsam erarbeitet werden.

und: Gespräch über die Ausstellungen.

Hölderlin-Vortrag: Donnerstag, 18 – 20 Uhr, im 1.411 – Theaterraum im IG-Farben-Haus

Kraftwerk der Freiheit, Kraftwerk der Schönheit: Migrantische Körper in der Oper und Rapmusik der Gegenwart

Wer sich selbst verstehen, zeigen und wertschätzen will, der braucht ein Gegenüber zur Spiegelung. Ein Gegenüber, dessen Fremdheit sich liebevoll in den Blick nehmen lässt, dessen Opposition aber bitte immer in Referenz auf einen so bestätigten kulturellen Referenzrahmen in Erscheinung treten und so in Zaum gehalten werden soll. Das Paradebeispiel der Gegenwart hierfür ist der (männliche) migrantische Körper: Durch die Konsumgüter der Popkultur und besonders der Musik – von Kanye West bis Haftbefehl wird er für seine non-konforme Rohheit, für seine oppositionelle Kraft gegenüber einer westlichen Kultur der verstandesmäßigen Mäßigung und Selbstbeschränkung gefeiert.

Überraschenderweise wiederholt sich in dieser gegenwärtigen Praxis eine Spielart der Opernästhetik des 19. Jahrhunderts, die die eigene Kultur durch die Inszenierung ihres Lieblingssujets, des exotischen Fremden, überhöhen, reinigen und erneuern will. Dem Anderen als Fremden eine Bühne zu geben, dies zeigen die Beispiele beider Epochen, bedeutet in der Regel seine Romantisierung, ein gut gemeinter und darin nicht weniger gewaltsamer Akt.

Wie könnte eine Bühnenpraxis aussehen, die solche Entgegensetzungen in Prozessen der Verkörperung produktiv unterwandert und andere Körperpolitiken möglich macht? Mit einem Fokus auf die figuralen Körper (Deleuze) in der Musik, wird der Vortrag Modelle vorstellen, die sich der Inszenierung dieser so beliebten kulturellen Entgegensetzung intelligent widersetzen. Dabei lautet der aus wissenschaftlicher und dramaturgischer Praxis abgeleitete Vorschlag, die eigenen Prämissen in der Arbeit am Körper in den Blick zu nehmen samt deren blinder Flecken, Begehren und Inszenierungsweisen. Alexander Kluges Phantasma von der Oper des 19. Jahrhunderts als gesellschaftlichem Kraftwerk kann dabei Hilfestellung sein.

Jeanne Bindernagel, ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Deutschen Hygiene Museum und am Institut für Theaterwissenschaft der Universität Leipzig. In ihrer Dissertation zum Thema „Von der Bühne zum Text. Theatrale Konstellationen zwischen Sigmund Freud und Gilles Deleuze im Schreiben von Hysterie und Körper“ (2015) arbeitete sie zur Ästhetikgeschichte der Psychoanalyse. Sie forscht u.a. zur deutsch-französischen Film- und Theatergeschichte der Nachkriegszeit und als Produktionsdramaturgin an der Oper Halle. Publikationen (u.a.): „Mediale Rekonstruktionen. Zu historischem Ereignis und künstlerischem Reenactment in den Arbeiten von Thomas Harlan und Robert Kuśmirowski“ (gem. mit M. Braun), in: Reenacting History: Theater & Geschichte (2014); Die Praxis der/des Echo: Zum Theater des Widerhalls (Mit-Hg. 2015).

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