Eine Theaterkarte für das Kino oder für Zuhause
Peter Gelb, der Intendant der Metropolitan Opera in New York City, war der erste, der sich im 21. Jahrhundert entschloss, die Opern-Premieren live auf die Kinoleinwand zu übertragen, um die „Hochkultur und ein breiteres Publikum zusammenzuführen“. Die Variante des bezahlten Streamings scheint generell im englischsprachigen Raum gut angenommen zu werden und der Erwerb einer Karte für die Vorstellung – auch wenn wir uns in Deutschland die Met-Premiere angucken – eine Selbstverständlichkeit zu sein.
Auch im Vereinigten Königreich sorgen Plattformen wie National Theatre Live oder Digital Theatre für eine hochwertige und weltweite Übertragung englischer Produktionen in den Kinos. Die Initiative scheint auch viele kritische Geister zu überzeugen:
„Let’s stop pretending that theatre can’t be captured on screen. (…) we are now in an era when the gap between film and theatre, thanks to sophisticated technology, is constantly narrowing. (…) while I remain an evangelist for live theatre, I think it’s time we stopped pretending that it offers an unreproducible event. A theatre performance can now be disseminated worldwide with astonishing fidelity. This represents (…) a revolution which knocks on the head the old argument that theatre is an elitist medium aimed at the privileged few.“ Michael Billington, Theaterkritiker von The Guardian
Hat das Format Einwirkung auf die Zuschauer_innenzahlen in den Theaterhäusern? Bisher nicht. Im Gegenteil: Laut einer Studie aus dem Vereinigten Königreich wuchsen dank dieses Streaming-Konzepts die regionalen Theaterbesuche in Gebieten, die in einem Drei-Kilometer-Umkreis ein Kino mit Streamings aus dem National Theatre Live haben, um 5%. Dazu sei aber gesagt, dass den Erfolg dieser Produktionen teilweise an die Besetzung berühmter Schauspieler_innen aus Film und Fernsehen liegt. Die Ästhetik der Bühnenbilder tendiert zum Realismus und der Mittschnitt der Übertragung ist filmisch aufgelöst.
Aber geht das Ganze auch für Zuhause? Ja! Von Digital Theatre gibt es auch eine Mediathek – digitaltheatre.com –, der ähnlich wie Amazon Prime oder Netflix funktioniert, und in der man Produktionen von über 25 Theaterhäuser des Landes für weniger als 5€ ausleihen oder kaufen und auf unterschiedlichen Geräten abspielen kann.
In Deutschland gibt es Ähnliches bisher nur im Konzertbereich. Mit Digital Concert Hall bauen die Berliner Philharmoniker seit 2008 eine umfangreiche Mediathek auf, in der man sowohl Live-Übertragungen in HD als auch historische Konzertaufführungen abrufen bzw. kaufen kann.