Leon Rohloff
Film-Poesie. Aragon und das Kino
Textgrundlage: Louis Aragon, Dekor (1918), in: Margrit Tröhler und Jörg Schweinitz (Hg.), Die Zeit des Bildes ist angebrochen! Französische Intellektuelle, Künstler und Filmkritiker über das Kino: eine historische Anthologie 1906–1929, Berlin 2016, S. 172–178. [Siehe auch den Lektürebericht]
„Dieser große Dämon mit weißen Zähnen und nackten Armen spricht auf der Leinwand eine unerhörte Sprache, doch es ist die der Liebe […] das nackte Gefühl triumphiert.”
Aragon 1918, S. 172
Aragon eröffnet seinen Text mit der rätselhaften Metapher des Kinos als Dämon, dessen weiße Zähne und nackte Arme, die ihr Echo in der Rede vom „nackten Gefühl“ finden, ihm das Attribut der Reinheit verleihen. Die Wiederholung dieses Motivs, verknüpft mit dem Zitat des Mallarmé-Gedichtes in der letzten Zeile des Textes, liefert schließlich den Rahmen für Aragons Leitmotiv. Korrespondierend mit dem titelgebenden Dekor, lässt sich die Rede von der Reinheit als Metapher auf die poetische Kraft des Kino interpretieren.
Obgleich das Attribut der Reinheit somit eine vage Erklärung findet, hinterlässt die Rede vom Dämon eine Reihe von Fragen. Dämonen sind Mittelwesen zwischen Menschen und Göttern, was sie kaum als Repräsentanten der Reinheit ausweisen dürfte. Im Zuge der Christianisierung hat sich die Idee ihrer Vermittlerrolle einerseits in der Figur des Engels fortgesetzt, andererseits erhielt der Begriff des Dämons mit seiner Verbindung zur heidnischen Welt eine ‚dämonische’ Konnotation. Aragons Dämon gebraucht jedoch die Sprache der Liebe.
Diese ist jedoch eine non-verbale, die ihren Ausdruck im „Zauber der Filmprojektion” (173) findet. Die Bestimmung des Kinos als eine Sprache der Liebe erhellt nun wiederum die Rolle des Dämons als ein Wesen, das zwischen Leben und Reinheit vermittelt, oder besser: übersetzt. Allmählich dürfte klar geworden sein, um welchen Dämon es sich hier handelt: Es ist Eros. Nach Platon ein Kind von Penia, der Göttin der Armut, und Poros, dem Gott des Reichtums, hat Eros sowohl am Göttlichen als auch am Menschlichen teil und repräsentiert als Zwischenwesen eine Figuration des Begehrens. Er steht für die Liebe zur Schönheit, weil er an ihr teilhat, sie aber nicht besitzt. Dieses Verhältnis markiert die Differenz zwischen der Aussage und dem sie tätigenden Subjekt, d.h. die Differenz zwischen der Sprache der Liebe selbst und dem sprechenden Dämon. Als Subjekt der Aussage ist der Dämon ein Medium. Doch die „moderne Magie” (172) des Kinos folgt einer besonderen Sprache. Hinsichtlich der unmittelbaren Magie, die im Medium wirksam sei, heißt es bei Winfried Menninghaus:
„Ursprünglich auf die archaischen Bereiche okkulter und exklusiver Praxis bezogen, meint der Begriff der „Magie“ dort die Realisationsform einer Kraft, die unmittelbar, d.h. ohne mit den instrumentellen Zweck-Mittel-Relationen technischer Vernunft faßbar zu sein, wirklichkeitsmächtig ist.“
Menninghaus 1980, S. 17
Aragons Charakterisierung des Kinos als ‚Dämon‘ erinnert an Jean Epsteins dialektischer Bestimmung des Kinos als ‚Teufel‘ und als „toolmaker of civilization,“ und „benefactor of humankind“. Jean Epstein, Le Cinéma du diable [1947], in: Jean Epstein, Critical Essays and New Translations, hg. von Sarah Keller und Jason N. Paul, Amsterdam 2012, S. 317–327, hier S. 318. (TH)
Die Rede von der „modernen Magie“ des Kinos und der Verweis auf die Befreiung aus den „Zweck-Mittel-Relationen technischer Vernunft“, wie sie Menninghaus schildert, führt zu Aragons Charakterisierung der Kinder, die so lange auf einen Gegenstand zu starren vermögen, bis „dass er ihr ganzes Gesichtsfeld einnimmt, ein geheimnisvolles Aussehen bekommt und jeden Bezug zu jedwedem Zweck verliert.“ (174f.) Ebenso ließe sich an die einige Jahre später von André Breton angeleiteten spiritistischen Sitzungen der Surrealisten denken, in denen Skizzen und Texte im Trancezustand angefertigt wurden. Auch lässt sich an eine Charakterisierung des surrealistischen Gegenstandes denken, wie sie von Dietrich Mathy vorgenommen wurde:
„gemeint ist jeder aus seinem Verweisungs- oder Sinnzusammenhang gerissene, aus dem üblichen Rahmen herausgelöste, verfremdete oder zweckentfremdete Gegenstand, der zu anderem als ursprünglich bestimmt verwendet wird, oder dessen Verwendungszweck verborgen bleibt. SoIche Gegenstände müssen nicht vorgefunden, sie können auch produziert sein, gleichviel ob bewußt oder bewußtlos, ohne Grund, Sinn und Zweck aus den Strebungen des Unbewußten heraus geschaffen und nur zur Befriedigung ihres Herstellers. Das trifft zu auf Duchamps Readymades ebenso wie auf die papiers collés Braques oder Picassos.“
Mathy 1994, S. 134
Nicht nur hier tritt Aragon für eine genreübergreifende Poetik von Film, Dichtung und Malerei ein, wobei es vornehmlich das Kino zu sein scheint, das seinen Platz in den künstlerischen Avantgarden erst noch behaupten muss. Auch wird durch die Passage verdeutlicht, dass es nicht nur um die „getreue Wiedergabe des Lebens” (177) gehen kann, sondern um eine (poetische) Verwandlung, abseits „poetischen Trödels” oder „verblichener Konventionen”. (174) Das Kino verlangt schließlich „eine kühne und neue Ästhetik und ein modernes Gefühl von Schönheit” fernab vom „Plunder der Theateradaptionen”. (175)
Das Kino als eine Sprache, die sich nicht in der schematischen Anwendung ihres neuen Vokabulars verwirklicht, erst die filmische Rhythmisierung der Bilder führt zur Poesie: Die Sinnfärbung der wechselnden Szenen und Gegenstände bestimmt sich nicht aufgrund ihrer abstrakten Differenz untereinander, sondern aus der Kontinuität ihres Bilderstroms. Was Aragon für den Film entdeckt, ähnelt der Verwandlung eines Gegenstandes, wie sie in den Ready-mades Duchamps beobachtet werden kann.
„Die Flügeltür einer Bar, auf ihren Scheiben die Großbuchstaben unleserlicher und phantastischer Worte, oder die schwindelerregende Fassade mit den tausend Augen eines dreißigstöckigen Hauses oder die hinreißende Auslage von Konservendosen (welch großer Maler hätte dies komponiert?) oder dieser Tresen mit dem Regal voller Flaschen, dessen Anblick allein trunken macht“.
Aragon 1918, S. 172
Nicht nur der Anblick des Regals voller Flaschen macht trunken, so schwindelerregend wie die Fassade, ist hier der schnelle Wechsel der Szenen, ihre collagenartige disjunktive Synthese, deren berauschende Wirkung im französischen Original durch klangliche Wiederholung noch gesteigert ist:
„La porte d’un bar qui bat et sur sa vitre les lettres capitales de mots illisibles et merveilleux, ou la vertigineuse façade aux mille yeux de la maison à trente étages, ou cet étalage enthousiasmant de boîtes de conserve (quel grand peintre a composé ceci?) ou ce comptoir avec l’étagère aux bouteilles qui rend ivre à sa vue.“
„Ich wünschte, die Regisseure wären Poeten und Philosophen und ebenso die Zuschauer, die das Werk beurteilen.“
Aragon 1981, S. 29 und Aragon 1918, S. 176
Mit dieser Aussage gerät Aragon in Widerspruch mit der These zu Beginn des Textes, wonach die Sprache des Kinos unmittelbar verständlich wäre („Menschen aller Länder verstehen sie“). Dass das Kino allverständlich sei, impliziert einen demokratischen und egalitären Anspruch des Kinos, der sich nicht zuletzt gegen die traditionelle Kunst, inklusive das Theater richtet. Umso verwunderlicher ist Aragons Einspruch, wonach Regisseure und Zuschauer erst zu Poeten und Philosophen werden müssten, um die Sprache des Kinos vollends wertschätzen zu können. Aragon rekurriert hier plötzlich auf die Voraussetzung einer gebildeten Zuschauerschaft, was dem egalitären Anspruch des Textes widerspricht.
Über Chaplins The Vagabond heißt es: „Um beispielsweise Charlot Musicien wirklich schätzen zu können, halte ich es für unerlässlich, die Gemälde der „Blauen Periode“ von Picasso zu kennen und zu lieben, auf denen schmalhüftige Harlekine zusehen, wie sich elegant aufgerichtete Frauen kämmen.“ In The Vagabond trifft Chaplin auf eine von Sinti und Roma entführte junge Frau, die er, ein armer Straßenmusikant, befreit, mit der er flieht und um deren Liebe er fortan bemüht ist. Sicher sind Picassos Harlekine eine nette Assoziation, die sich bei Chaplins Film einstellen mag, doch dass es „unerlässlich“ sei, sie zu kennen, entbehrt jeder Stichhaltigkeit.
Ein weiteres mal tritt hier ein immanenter Widerspruch zutage, der sich auch am Beispiel der Surrealisten weiter beobachten lässt, wie Henri Meschonnic schreibt:
„Die Geschichte des Schriftstellers und Dichters im 19. Jahrhundert in Europa legt die imaginierte Beziehung zwischen der poetischen und der politischen Revolution offen. […] Entgegen der erklärten Absicht, dass alle Menschen Gedichte schreiben sollten, machten die Surrealisten aus Gedichten einen Luxus, so wie sie diesen Luxus im Handel mit Manuskripten und Originalausgaben aktualisierten. Von ihrer Metaphysik der Sprache über ihr Sammlerverhalten bis hin zu ihrer Beziehung zu Malern, die in kostbaren Büchern gipfelte, und ihrer Rhetorik der Verachtung setzten die Surrealisten das Privileg des Dichters und des Philosophen fort und verwirklichten es. Sie machten aus der Beziehung zur politischen Revolution einen poetischen Mythos.“
Meschonnic 1982, S. 42, (Übers.: L.R.)
Eine ganz ähnliche Bewegung scheint sich auch bei Aragon zu vollziehen und das hinsichtlich zweier Punkte: Zum Einen aufgrund der bereits skizzierten Kluft zwischen ästhetischem und politischem Anspruch, zum Anderen aufgrund der Privilegierung des Dichters und Philosophen. Begründen lässt sich dieser Widerspruch in der Aufgabe der ästhetischen Vervollkommnung des Kinos, die erst noch erreicht werden müsse. Aragon reklamiert eine Schule des Sehens, aus der heraus die Sprache des Kinos erst geboren wird:
„Auf diese Weise muss man vor dem Hintergrund einer jeweiligen Ästhetik erst tausend unvollkommene Filme gesehen haben, bevor man danach trachten kann, aus ihnen die Schönheit, die Elemente der Synthese für eine bessere Regie zu filtern. Das Kino als einzige Schule des Kinos, denken Sie darüber nach!“
Aragon 1918, S. 176
Einen Anklang findet diese Lesart auch zum Ende des Textes, wenn Aragon schreibt: „Wann werden wir vor der nackten Leinwand, allein unter dem Licht der Projektionslampe, endlich dieses Gefühl schauriger Jungfräulichkeit empfinden? – „Das Weiß, die Sorge unserer Segel“ (176). Dieser letzte Vers entstammt Mallarmés Gedicht Salut, das dieser an den Beginn seiner Poésies, seinem einzigen zu Lebzeiten veröffentlichten Gedichtband, gestellt hat. Das Gedicht liest sich in Länge so:
Rien, cette écume, vierge vers
À ne désigner que la coupe;
Telle loin se noie une troupe
De sirènes mainte à l’envers.Nous naviguons, ô mes divers
Amis, moi déjà sur la poupe
Vous l’avant fastueux qui coupe
Le flot de foudres et d’hivers;Une ivresse belle m’engage
Sans craindre même son tangage
De porter debout ce salutSolitude, récif, étoile
Mallarmé 1992, S. 3
À n’importe ce qui valut
Le blanc souci de notre toile.
Was Mallarmé beschreibt, ist der Aufbruch in eine unbekannte See: am Steuer – trotz Taumel – aufrecht stehend, einen Gruß ausrichtend: – „wem auch immer er gilt“ (à n’importe ce qui valut), d.h. wer auch immer ihn zu schätzen weiß. Was schätzen? Die Geburt des jungfräulichen Verses (vierge vers) – aus Nichts (rien), und Schaum (cette écume)? Der jungfräulich-reine Vers, und hier liegt offenkundig die Parallele zu Aragons Text, ist derjenige, der, in und aus sich selbst heraus, eine poetische Kraft entfaltet. Konkret lässt sich das bei Mallarmés Salut daran erkennen, dass das Gedicht ursprünglich als Toast vor einer Versammlung von Dichtern und Malern gesprochen wurde und der Schaum, jenseits aller erotisch-mythologischen Konnotationen (die schaumgeborene Venus) sowie seiner graphisch-klanglichen Eingebundenheit in das Gedicht, erst einmal den Champagnerschaum in Mallarmés Kelch (coupe) bezeichnet. Der letzte von Aragon zitierte Vers hebt schließlich den Aspekt des Reinen (blanc) wieder hervor, wobei nicht unerwähnt bleiben sollte, dass „toile“ sowohl Segel als auch Tuch oder Leinwand bedeuten kann.
In seiner Video-Skizze Scénario du film Passion nimmt auch Jean-Luc Godard auf Mallarmé (Le Livre) Bezug. Vgl. Aragon: „Wann werden wir vor der nackten Leinwand, allein unter dem Licht der Projektionslampe, endlich dieses Gefühl schauriger Jungfräulichkeit empfinden? und Mallarmé „Das Weiß, die Sorge unserer Segel“.
Bei Godard heißt es: „Die riesige weiße Fläche, die weiße Seite, Mallarmés bekannte weiße Seite. Wie eine zu grelle Sonne am Strand. […] Eine Bewegung finden, und der Ort dieser Bewegung war in dem Weißen. Weiß ist die Reinheit…“ Jean-Luc Godard, Scénario du film Passion, aus d. Franz. von Frieda Grafe, in: Joachim Paech, Passion oder die Einbildungen des Jean-Luc Godard, Frankfurt/M. 1989, S. 77–80, hier S. 77. (TH)
Die jungfräuliche Reinheit, die sich in Mallarmés Dichtung entfaltet, ist also das uneingelöste Potenzial, das Aragon im Kino des Jahres 1918 ausmacht. Es verbleibt die Kluft, die sich zwischen dem einsam-elitären Dichterschiff Mallarmés – auf weiter See – und dem egalitären Anspruch Aragons auftut, die „jungfräuliche Reinheit” des Kinos den Menschen aller Länder verständlich machen zu wollen. Weiter bleibt zu fragen, ob Aragon auf ästhetischer Ebene nicht genau jenen „Kampf des Menschen mit der Außenwelt” ausficht, den auch Chaplin führt, indem er gegen die „Mechanik und ihrer Gesetze, die dem Helden so zusetzen” aufzubegehren versucht.
Aragons poetologisch gefasstes Konzept der ‚Reinheit‘ lässt nicht nur an das von Paul Valéry reklamierte „Cinéma pur“ denken, sondern auch an André Bazins Plädoyer Für ein unreines Kino (Pour un cinéma impur, 1952). Ihm ist es an einer Rehabilitierung der Literaturverfilmung gelegen: „doch es stimmt, daß die Kunst sich in der Geschichte zu Autonomie und Spezifizierung hin entwickelt. Die Idee einer reinen Kunst (reinen Dichtung, reinen Malerei und so weiter) ist nicht leer; sie bezieht sich auf eine ästhetische Realität, die so schwer zu bestimmen wie zu bestreiten ist. Eine gewisse Vermischung der Künste jedenfalls ist noch möglich. […] Die Originalität eines Films wie L’Espoir (Hoffnung) von Malraux zeige uns, was das Kino wäre, wenn es sich von Romanen inspirieren ließe, die vom Kino »beeinflußt« sind.“ André Bazin, Für ein unreines Kino. Plädoyer für die Literaturverfilmung [1952], in: ders., Was ist Film?, hg. v. Robert Fischer, Berlin 2015, S. 110−138, hier S. 117 u. 121. (TH)
Literatur:
Aragon, Louis, Dekor, in: Margrit Tröhler und Jörg Schweinitz (Hg.), Die Zeit des Bildes ist angebrochen! Französische Intellektuelle, Künstler und Filmkritiker über das Kino: eine historische Anthologie 1906–1929, Berlin 2016, S. 172–178.
Aragon, Louis, Du décor, in: Écrits sur l‘art moderne, hg. von Jean Ristat, Paris 1981, S. 29-32.
Mallarmé, Stéphane, Poésies, Paris 1992.
Mathy, Dietrich, Europäischer Surrealismus oder die konvulsivische Schönheit, in: Die literarische Moderne in Europa. Formationen der literarischen Avantgarde, hrsg. von Piechotta u.a., Opladen 1994.
Menninghaus, Winfried, Walter Benjamins Theorie der Sprachmagie, Frankfurt a.M. 1980.
Meschonnic, Henri, Critique du rythme, Paris 1982.
Bearbeitung und Ergänzung: Thomas Helbig
Sophie Herrlein
Une femme coquette: Die Inszenierung des Augenblicks im Kino Jean-Luc Godards
Textgrundlage: Jean-Luc Godard, Was ist das Kino? (1952), in: ders., Godard/Kritiker. Ausgewählte Kritiken und Aufsätze über Film (1950–1970), übers. u. bearb. v. Frieda Grafe, München 1971, S. 28f. [Siehe auch den Lektürebericht]
„Wenn Inszenieren ein Blick ist, dann ist Schneiden ein Herzschlag. […] Nehmen wir einmal an, Sie sähen auf der Straße ein Mädchen, das Ihnen gefällt. Sie zögern, ihr nachzugehen. Eine Viertelsekunde. Wie dieses Zögern wiedergeben? Auf die Frage: »Wie spreche ich sie an?«, antwortet die Inszenierung. Um die andere Frage zu verdeutlichen: »Werde ich sie lieben?«, kann man nicht umhin, der Viertelsekunde Wichtigkeit beizumessen, während der beide auftauchen. Es mag also sein, daß es nicht mehr der Inszenierung im engeren Sinn zukommt, mit ebensogroßer Genauigkeit wie Evidenz die Dauer einer Idee auszudrücken, sondern daß diese Aufgabe dem Schnitt zukommt. […] Anschlüsse machen, die dem Blick folgen, das ist fast schon die Definition der Montage, ihr schönster Ehrgeiz und zugleich ihre Unterwerfung unter die Inszenierung. So läßt man in der Tat die Seele hinter dem Geist hervortreten, die Leidenschaft hinter der Intrige, so gibt man dem Herzen den Vorrang vor der Intelligenz und zerstört dabei den Begriff des Raum zugunsten dessen der Zeit.”
Godard 1956, S. 38
In seinem Kurzfilm Une femme coquette aus dem Jahr 1955 adaptiert Godard die Kurzgeschichte Le signe von Guy de Maupassant aus dem Jahr 1886. Darin erzählt ein extradiegetischer Erzähler von dem Zusammentreffen zweier Freundinnen, der verheirateten Baronin de Grangerie sowie der geschiedenen Marquise de Rennedon. Erstere weckt in der Rahmenhandlung die Marquise aus ihrem Schlaf, um ihr in qualvoller Bedrückung und unter Tränen ein Ereignis des vorigen Tages zu schildern. Am Mittag des Vortages beobachtete die Baronin eine Dame, die von einem Fenster aus, mit reizenden Blicken und Gebärden spielend, mit Passanten auf der Straße kokettierte. Obschon die Baronin sich über das lüsterne Schauspiel dieser Dame fassungslos zeigte und Ekel empfand, als sie erkannte, dass einige der Herren daraufhin ihre Wohnung betraten, entwickelte die Baronin ein unstillbares Bedürfnis, es der Dame gleich zu tun. Als sie derart stark von der Erregung ergriffen wurde, dass sie nicht mehr widerstehen konnte, lächelte sie unwillkürlich einen Mann auf der Straße an, der im nächsten Augenblick vor ihrer Tür stand. Als sie nun, da ihr stilles Verlangen plötzlich Realität zu werden drohte, Reue befiel, stand der Mann bereits in ihrer Wohnung und drängte sie zum Beischlaf. Aus Angst, ihr Ehemann könnte bald heimkehren und würde die beiden in flagranti entdecken, gab sie sich schließlich dem Fremden hin. Die Geschichte endet damit, dass die beiden Frauen beschließen, eine polizeiliche Verfügung gegen den unbekannten Herrn zu erwirken.
Une femme coquette ist Godards erster Film, der nur wenige Jahre nach dem hier behandelten Artikel (Was ist das Kino?, 1952) entstanden ist. Dass Godard für seinen Film auf eine literarische Vorlage zurückgreift, erscheint umso interessanter, als sich über den Verweis auf Maupassant auch der Vergleich zu Renoirs Verfilmung von Flauberts Madame Bovary (1856) anbietet, die Godard in seinem Artikel erwähnt. In Renoirs filmischer Adaption von Madame Bovary versucht der Regisseur die Apathie Emmas zu vermitteln, indem er die in der literarischen Vorlage detailliert beschriebenen Gefühlsregungen Emmas, in gelangweilte Blicke, Sprechpausen und lange Einstellungen übersetzt. Wie Flaubert zielt auch Renoir auf die poetische und psychologische Ausstaffierung der Lebensrealität Bovarys, für die die Flucht aus der bedrückenden Langeweile ihres Alltags und ihrer seelischen Einsamkeit aussichtslos erscheint.
Godard leitet seinen Film über die Lektüre eines Briefes ein, der an die Freundin der Protagonistin adressiert ist. Somit steht das Medium der Schrift am Anfang des Films und erscheint wie die literarische Vorlage als dessen Voraussetzung. Die Stimme der Protagonistin Agnès (Maria Lysandre) liest aus dem Brief, während der Film zeigt, was im Brief geschildert wird. Ein Karussell stummer Gebärden, dem die Lektüre des Briefes und eine musikalische Untermalung beigegeben ist. Auch Renoirs Film wird beständig vom Gestus des Schreibens begleitet. Briefe überbringen dort geheime Botschaften, die über Anfang und Ende einer Liebschaft entscheiden. Auch in der von Godard genannten Szene spielt ein Brief eine zentrale Rolle. Vor dem geplanten Zusammentreffen in der Kathedrale hat Emma einen Brief verfasst, in dem Sie Léon endgültig eine Abfuhr zu erteilen beabsichtigt (“Es muss zu Ende sein, bevor es beginnt, und wir dürfen uns um unser beider Wohl nicht wiedersehen.”). Doch der Brief bleibt im Kuvert. Léon verweigert die Lektüre und die Dinge entwickeln sich anders…
Der Nouvelle Vague-Charakter von Godards Filmdebüt lässt sich exemplarisch an dem Einbezug der stark befahrenen und stark frequentierten Straße beobachten. Die (Hand-)Kamera beobachtet die Protagonistin von der anderen Straßenseite, folgt ihr beim hastigen Queren der Straße, umkreist sie und rückt ihr nahe bis zur Nahaufnahme. Langsam steigert sich die Intensität des Films und erreicht ihren Höhepunkt, als Agnès sich schließlich überwindet, dem Fremden, mehr oder weniger zufällig ausgewählten Mann, ein Lächeln zu schenken. Die durch Hadern und Selbstzweifel aufgebaute Spannung vor dem entscheidenden Moment ihrer Überwindung wird mit der raschen Antwort des Mannes, der sofort aufspringt und sie verfolgt, nur noch gesteigert. Der “kostbare Moment”, den man mit den Worten Godards mit der “Viertelsekunde” identifizieren könnte, in der die “Seele hinter dem Geist” hervortrete, besteht in dem kurzen Augenblick, da Agnès (halbversteckt) ihr Lächeln ‘aussendet’, ohne die Reaktion des Mannes voraussehen zu können.
Im Unterschied zur literarischen Vorlage versucht Godard in Une femme coquette über einen einzigen kostbaren Moment hinaus, den gesamten Film als Aneinanderreihungen solch ‘kostbarer Momente’ zu entwickeln. Maupassants Schilderung der Baronesse de Grangerie gestaltet sich sachlicher im Vergleich zu Godards Agnès. Der Betrachter spürt ihre Aufregung und Anspannung inmitten des regen Verkehrsgewimmels des “quartiers de la gare, si remuant, si vivant”. Das stetige Auf- und Abgehen von Agnès bezeugt einmal mehr ihre Unsicherheit, ihren Zweifel, ihre Euphorie der wachsenden Spannungskurve quasi entgegenfiebernd. Als sie dem Herrn – und zu dessen eigenem Erstaunen – unverhofft zulächelt, entfesselt sie dessen Neugier. Von einem Eifer des Gewinns getrieben, nimmt er die Verfolgung auf. Die derart ‘Terrorisierte’, wie sie sich retrospektiv betitelt, eilt nach Hause. Der Verfolger bietet ihr fünfzig francs und erhofft dadurch, sich ihrer Einwilligung versichern zu können. Vom Fortgang dieser Szene erfährt der Betrachter ab diesem Moment lediglich durch den Bericht des Briefes, der den Rahmen der Kurzgeschichte bildet. Die merkwürdig anmutende Bemerkung, sie hätte, um den Mann schnell wieder loszuwerden, nichts anderes tun können, als sich ihm letztlich hinzugeben, ist für den weiteren Verlauf des Films eher nebensächlich. Godards Une femme coquette überbietet Maupassants Le signe mit einer Lebhaftigkeit der Figur von Agnès, die die literarische Vorlage kaum zu entwickeln vermag. Godard zeigt eine energiegeladene, neugierige junge Frau, die sich jenseits des ehelichen Alltags nach einer Herausforderung und Abenteuer sehnt. Dabei geht es Agnès weniger um den Herrn an sich, als um einen Grenzübertritt, das Gefängnis gesellschaftlicher Rollenbilder (kurzzeitig) verlassend. Agnès fordert sich heraus, ohne die Konsequenzen ihres Tuns wirklich abschätzen zu können. Ihre Verspieltheit, hier das unsichere und ambivalent codierte (Versteck-)Spiel ihrer Gebärden, zeugt von einer beinahe kindlichen Naivität. Die ‘Viertelsekunde des Zögerns’ von der Godard oben spricht, wird hier auf die Länge eines ganzen (Kurz-)Films ausgedehnt. Inszenierung und Schnitt, das heißt das Zusammenspiel von Kamerabewegung und Anschlüssen, die den ‘Signalen’ der Blicke folgen, sind hier das Substrat des ‘kostbaren Moments’ filmischer Dauer.
Literatur:
Guy de Maupassant, Le signe, in: ders., Le Horla (1887), ## 2012, S. ##.
Jean-Luc Godard, Was ist das Kino? (1952), in: ders., Godard/ Kritiker. Ausgewählte Kritiken und Aufsätze über Film (1950–1970), übers. u. bearb. v. Frieda Grafe, München 1971, S. 28f.
Jean-Luc Godard, Schnitt, meine schöne Sorge (1956), in: ders., Godard/Kritiker. Ausgewählte Kritiken und Aufsätze über Film (1950–1970), übers. u. bearb. v. Frieda Grafe, München 1971, S. 38–40.
Bearbeitung und Ergänzung: Thomas Helbig
Ruth Lindner
Double Vision: Zwei Szenen aus Entr’acte (1924) und The Lodger (1927) und die Filmtheorie Rudolf Arnheims
Alfred Hitchcock bezeichnet 1962 in dem Interview “Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht?” mit dem Filmkritiker François Truffaut den Film The Lodger[1] aus dem Jahre 1927 als den „ersten echte[n] Hitchcockfilm“[2]. Hitchcock hatte bereits zuvor an mehreren Filmproduktionen als Regieassistent mitgewirkt und bei dem Film The Pleasure Garden (1925) und The Mountain Eagle (1926) Regie geführt[3], doch in The Lodger wandte Hitchcock zum ersten Mal seinen „eigenen Stil“[4] an und erklärt, er habe sich zum ersten Mal bemüht, seine „Ideen in einer rein visuellen Form darzustellen“[5].
Die Umsetzung dessen soll in folgendem Essay genauer betrachtet werden und anhand von Rudolf Arnheims Thesen zur künstlerischen Einsetzung von Kameraeinstellungen und Tricks besprochen werden. Der Fokus bei dieser Untersuchung soll auf einem von Hitchcock genutzten Effekt liegen: die Verwendung eines gläsernen Bodens. Der titelgebende Untermieter, der in dem Film verdächtigt wird, ein Serienmörder zu sein, geht im Zimmer auf und ab, während die Familie im Stockwerk darunter misstrauisch seinen Schritten lauscht. Da es sich bei The Lodger um einen Stummfilm ohne Lauteffekte handelt, wurden die Schritte durch einen schwingenden Deckenleuchter visualisiert, der mit einer von unten gefilmten, über einen Glasboden laufenden Person überblendet wird.[6]
Der Kunstpsychologe Rudolf Arnheim bespricht in seinem Werk Film als Kunst (1932) einen ähnlichen Effekt: In dem dadaistischen Kurzfilm Entr’acte[7] von René Clair (1924) ist eine tanzende Ballerina von unten durch eine Glasscheibe hindurch gefilmt worden[8]. Arnheim kommentiert dazu:
Allzuoft bemerkt man in Filmen Einstellungen, die nur formales, kein inhaltliches Interesse haben. Der Regisseur hat irgendeinen raffinierten Blickpunkt gefunden, und den verwendet er nun, auch wenn er nichts bedeutet. In einem Spielfilm muß jede Einstellung dem Sinn der Handlung dienen.[9]
Rudolf Arnheim
Dies soll der Ausgangspunkt des Essays sein, von dem heraus die Frage gestellt wird, ob Arnheim die The Lodger-Einstellung goutieren würde, d.h. ob die genannte Einstellung lediglich ein rein formales Interesse verfolgt oder ob sie zudem die Handlung weiterführe und somit zum Kunstgenuss nach Arnheim beiträgt.
Dazu muss zunächst detaillierter auf Arnheims These eingegangen werden, bevor diese in Bezug zu Hitchcocks und Truffauts Kommentare und Einordnung gesetzt werden kann.
Filmkunst nach Arnheim
Rudolf Arnheim schreibt Film als Kunst in einem Kontext, in dem er um die Anerkennung des Mediums Film ringt und für die Legitimierung der Filmkunst in Gleichberechtigung zu den anerkannten Künsten (nach Hegel sind dies Architektur, Skulptur, Malerei, Musik, Tanz und lyrische Dichtkunst) argumentiert.[10] Zu diesem Zweck definiert Arnheim seinen Kunstbegriff den er auf zwei grundlegend menschliche Triebe zurückzuführt: den Darstellungstrieb (d.h. die verarbeitende Abbildung bzw. intellektuelle Wiederholung und Reproduktion von Erfahrungen, Erlebnissen etc.) und den Ornamentiertrieb (d.h. ein ästhetisches Bedürfnis, z.B. nach Symmetrie). Kunstgenuß entsteht nach Arnheim, wenn beide Triebe befriedigt werden.[11] Kunstgenuß bedeutet also die Freude darüber, (a) „daß es gelungen ist, etwas vom Charakter einer Wirklichkeit in einem ganz andern [sic!] Material aufzufangen“[12] und (b) über die Anordnung dieses Materials in angenehmen und schönen Mustern bzw. Ornamenten[13]. Um diese Freude zu gewährleisten, muss das Medium, d.h. „die verwendeten Mittel“[14], sichtbar bleiben, damit die Bewältigung der Aufgabe (Einfangen der Wirklichkeit in diesem Medium in ästhetischer Weise) transparent und für die Rezipient:innen verständlich und nachvollziehbar bleibt. Arnheim formuliert: „Im Werk selbst muß sich das Gegeneinanderspiel von Gegenstand und Darstellungsmaterial zeigen.“[15] Er wendet sich in seinem Kunstbegriff also davon ab, das Ideal der Kunst in der möglichst genauen Naturnachahmung zu suchen. Im Gegenteil: die Naturillusion würde nach Arnheim lediglich den Darstellungstrieb bedienen und damit noch keine Filmkunst sein. Er appelliert an Filmproduzierende die Unterscheidung zwischen „Welt-“ bzw. „Wirklichkeitsbild“ und „Filmbild“ zu begreifen und in der Konsequenz umzusetzen: der Film kann, eingeschränkt durch technische Bedingungen, die Wirklichkeit nicht getreu wiedergeben, und liefert andere Eindrücke als das menschliche Auge. Arnheim versteht dies als „Fähigkeit, die Wirklichkeit zu formen und zu deuten“[16], d.h. als künstlerisches Potenzial des Films.
Arnheim zeichnet nach, dass der Film in seinen Anfängen zunächst den Darstellungstrieb bediente. Die Faszination der „Masse“[17] richtete sich inhaltlich auf die naturgetreue Abbildung der sich bewegenden Dinge. Die Filmkunst entwickelte sich, als „die besonderen Materialbedingungen der Kameratechnik“[18] im Film herausgearbeitet und zu „künstlerischen Effekten“[19] weiterentwickelt wurden. Arnheim spricht hier von einem „doppelte[n] Effekt“[20], der eine notwendige Bedingung für die Filmkunst ist. Eine künstlerische Kameraeinstellung vermag beides, sie befriedigt den Darstellungs- und den Ornamentiertrieb („sie soll nicht nur charakterisieren sondern zugleich formal befriedigen“[21]).
Dazu kommt bei außergewöhnlichen Einstellungen noch ein weiterer, dritter Punkt hinzu, der künstlerische Filmbilder auszeichnet: das Herausführen der Betrachtenden „aus dem Bereich der gewöhnlichen menschlichen Auffassung heraus“.[22]
Arnheim/Hitchcock
Arnheim attestiert der Ballerina-Einstellung aus dem Film Entr’acte ein rein formales Vergnügen „ohne irgendwelchen Sinn“[23], diese Einstellung ist nach Arnheim also rein ornamental, ohne einen gewissen Wert auf der Darstellungsebene. Auch Hitchcock und Truffaut sprechen über solch ornamentale Einstellungen. Sie zitieren Szenen aus Filmen vermeintlicher Hitchcock-Nachahmer:innen, die sich mit Arnheims Beschreibung des raffinierten Blickpunktes ohne Bedeutung für die Handlung decken: die Positionierung der Kamera im Inneren eines sich öffnenden Kühlschrankes oder hinter den Flammen eines Kamins. Truffaut und Hitchcock beteuern, dass Hitchcock solche „überflüssigen Tricks“[24] vermeiden würde. Dennoch widerspricht Hitchcock nicht, als Truffaut ihm unterstellt, die Glasbodenszene in The Lodger „nur zum Spaß“[25] gemacht zu haben – also mit Arnheim gesprochen lediglich ein ornamentales Interesse verfolgt zu haben. An dieser Stelle ist es sinnvoll, die Szene genauer zu betrachten und dahingehend zu prüfen, ob die Einstellung tatsächlich rein ornamental zu verstehen ist, oder doch diegetisch, d.h. mit Arnheim als sinnstiftende Darstellungsebene in den Film eingebettet ist.
Suspense als Erzählmittel
Nachdem in den ersten fünfzehn Minuten des Films die Ausgangssituation einer verunsicherten Stadt in Sorge vor einem frauenmordenden Serienkiller (genannt „The Avenger“/ „der Rächer“) gezeichnet wird, wird der Mieter als mysteriöse Figur eingeführt, dessen zurückhaltendes, aber auch unruhiges Verhalten im Kontext der Exposition zuerst den Betrachtenden – und dann auch der gezeigten Familie – etwas Suspektes vermittelt.
Das Unbehagen, das die Familie empfindet, wird erst in der Glasboden-Einstellung visualisiert und für die Betrachtenden erfahrbar gemacht. Die ungewohnte, außeralltägliche Perspektive, die einen Menschen laufend von unten zeigt, erzeugt eine Beklommenheit, die den Fremden als Anderen und offensichtlich Suspekten charakterisiert. Es findet also statt, was Arnheim fordert: die Charakterisierung des gezeigten Gegenstandes (hier: des Mieters) durch das Zusammenspiel von Ornament und Darstellung.
Die Glasboden-Szene etabliert gewissermaßen die Frage, um die sich – wie Hitchcock es formuliert – die Suspense dreht: „Ist er der ‚Rächer‘ oder ist er es nicht?“[26]
Suspense ist der Begriff für ein Mittel der dramatischen Spannungserzeugung (Tension), der üblicherweise von den Begriffen Surprise (Spannungserzeugung über ein plötzliches, überraschendes Ereignis) und Mystery (Spannungserzeugung über die Konstruktion einer zu erklärenden Situation und die Erwartung der Auflösung dieser) unterschieden wird. In der Erzähltechnik der Suspense erhalten die Betrachtenden einen Wissensvorsprung gegenüber den handelnden Personen (oder meinen ihn zu erhalten). Spannung wird darüber erzeugt, dass ein bevorstehendes Ereignis erahnt und vorhergesehen werden kann. Das archetypische Beispiel für Suspense ist die tickende Zeitbombe unter dem Tisch, von welchem die Betrachtenden wissen, nicht aber die am Tisch sitzenden Figuren. Alfred Hitchcock gilt als ‚Master of Suspense‘.[27]
Zurück zur Szene: Die Familie im unteren Stockwerk hört den Mieter, kurz nachdem dieser darum gebeten hat, sämtliche Frauen-Porträts in seinem Zimmer abzuhängen[28], unruhig hin- und herlaufen, wobei seine Schritte auch den Deckenleuchter zum Schwingen bringen. Diese Szene ist für den Aufbau der Suspense bedeutsam, da die Betrachtenden durch das Kombinieren der in der Exposition gezeigten Indizien, des Bildabhängens und des unruhigen Verhaltens die Möglichkeit, dass es sich bei dem Mieter um den Mörder handelt, nahegelegt bekommen. Alle diese Faktoren sind auch den Figuren im Film bekannt. Der Moment des Wissensvorsprungs, welcher hier die Suspense ausmacht, liegt ausschließlich in den Schlussfolgerungen der visuellen Inszenierung begründet, welche die Einstellung unterschwellig in Gang setzt. Somit ist für die Betrachtenden die Gefahr für die blonde Protagonistin bereits zu erahnen, noch bevor die Eltern und ihr Verlobter in Sorge geraten können.
Das Einsetzen des Glasbodens regt also ein Reflexionsmoment an, das laut dem Medienwissenschaftler Hans Jürgen Wulff die Suspense bedingt: die Betrachtenden wissen, dass sie mehr wissen oder erahnen als die Protagonistinnen, müssen aber – um die Handlung zu verstehen – auch die Realität, die die Protagonistinnen für sich annehmen, erkennen. Wulff bezeichnet das als eine Interpretation des Geschehens mit „doppeltem Blick“ – „bezogen auf das, was er [der Zuschauer] selbst weiß, aber auch bezogen auf ein Konstrukt einer Person der Erzählung und deren Kenntnis der Handlung“[29]. Das Schauen mit dem doppelten Blick wird mit dieser Einstellung gewissermaßen erzwungen: die Betrachtenden sehen sowohl den schwingenden Leuchter als auch die Figur, die oben entlangläuft und wissen, dass die Familie lediglich den Leuchter sehen kann. Gleichzeitig wird impliziert, dass die Betrachtenden stets mehr sehen werden als die Figuren im Film. Durch den doppelten Blick erhalten die Betrachtenden den oben beschriebenen medialen Wissensvorsprung: sie wissen, dass es sich um einen Film handelt und können die gegebenen Hinweise schneller zu einer Filmhandlung zusammensetzen. Die Möglichkeit, dass es sich bei dem Untermieter um den Mörder handelt, wird zuerst für die Betrachtenden naheliegend, Spannung entsteht. Hier liegt das Versprechen der Suspense: die Betrachtenden werden im Laufe des Filmes mehr Einblicke in das Geschehen erhalten als sonst irgendeine Figur.
Hitchcock selbst besteht nicht auf der Relevanz dieser Einstellung für den Film. Er erläutert, dass er aus technischen Gründen auf den Glasboden zurückgriff: da die Schritte des Mieters im Stummfilm nicht zu hören sind, wurden diese für die Betrachtenden durch a) den schwingenden Leuchter und b) die laufende Person visualisiert. 1962 sagt Hitchcock: „Natürlich wären heute einige dieser Effekte überflüssig und durch Lauteffekte, das Geräusch von Schritten, zu ersetzen.“[30] Was Hitchcock hier als rein technische Entscheidung abtut, ließe sich auch als Mittel der Erzeugung der Suspense deuten. Die Medienwissenschaftlerin Christina Stiegler argumentiert,
„dass Hitchcock in seinen Filmen – anstelle dem Publikum ein Vorwissen zu vermitteln, über das der/die Protagonist(en) keine Kenntnis besitzt/besitzen – überwiegend einen Wissensgleichstand zwischen Zuschauer und Hauptfigur hergestellt hat.“[31]
Christina Stiegler
Die Familie hört die Schritte, während den Betrachtenden dieser akustische Reiz verwehrt bleibt, stattdessen erhalten diese – gewissermaßen als Ausgleich – einen visuellen Einblick, den die Familie nicht hat. Beiden Parteien fehlt ein Sinneseindruck, den die jeweils andere Partei besitzt, gewährleistet wird damit, dass die Betrachtenden nie auf einem niedrigeren Wissensstand sind, als die Familie – sondern, wie im Vorausgehenden erläutert, durch ihr Wissen um das Medium potentiell mehr wissen als die Figuren des Films.
Trotz Hitchcocks nachträglicher Abwertung der Einstellung lässt sich – wie oben gezeigt – feststellen, dass sie nach Arnheim auf der Darstellungsebene einen Sinn hat: sie visualisiert, was nicht gehört werden kann. Zudem lässt sich argumentieren, dass die Einstellung relevant für die Suspense (vgl. Wulff und Stiegler) ist und damit der Handlung des Filmes auf Ebene der Form- und Filmästhetik dient, die das Erleben der Betrachtenden wesentlich beeinflusst.
Zusätzlich fügt sich diese Szene subtil in den weiteren Verlauf des Films ein: In einer späteren Einstellung[32] erkennt der Inspektor einen Fußabdruck, den der Mieter hinterlassen hat und fügt die Indizien, die die Identifikation des Mieters mit dem Mörder implizieren, zusammen – in Überblendungen werden die Szenen Revue passiert, die den Mieter verdächtig erscheinen lassen: das Umdrehen und Abhängen der Frauenporträts, sein Interesse an der blondgelockten Protagonistin, der Leuchter. Dass der Fußabdruck die kombinatorische Denkarbeit des Inspektors auslöst und ihn zu der Verknüpfung des Mieters mit dem Mörder führt, greift das Seherlebnis der Betrachtenden aus der Glasboden-Szene auf: das merkwürdige Auftreten des Mieters manifestiert sich im Abdruck seines Auftritts und wird ihm fast zum Verhängnis. Das Muster der mit dem Leuchter überblendeten Schuhunterseite wird ornamental wiederholt und stellt gleichzeitig die Entwicklung der Handlung dar.
Zu der von Arnheim aufgeworfenen Problematik, dass die Filmkunst von der Balance zwischen Darstellungs- und Ornamentiertrieb abhänge, ließe sich festhalten, dass Hitchcocks Einstellung aus The Lodger a) eine technische Begrenzung des Stummfilms überbrückt, b) sie den Mieter als Anderen charakterisiert, also über die Positionierung der Kamera Inhalte kommuniziert, c) sie einer Erzähltechnik zum Spannungsaufbau innerhalb der Handlung dient und d) die Einstellung der Schuhe von unten im weiteren Verlauf der Handlung wieder aufgegriffen wird, als der Fußabdruck des Mieters eine diegetische Relevanz erhält.
Ausblick: Die unsichtbare Kamera
Einen weiteren Punkt gilt es im Hinblick auf den Ornamentier- und Darstellungstrieb in The Lodger zu beachten. Auf Truffauts Kommentar, später würde Hitchcock niemanden mehr durch einen Glasboden filmen, antwortet Hitchcock, dass sich sein Stil geändert habe und er sich später mit dem schaukelnden Leuchter begnügt hätte.[33] Truffaut gibt den Hinweis, wie dieser Kommentar zu lesen ist: er habe „den Eindruck, daß [Hitchcocks] Kameraarbeit immer unsichtbarer wird“[34]. Der Topos der unsichtbaren Kamera ist charakteristisch für die durch Hollywood geprägte Ära der 1930er bis 1960er Jahre.[35] Die Kameraarbeit soll „allein der Präsenz des Bildes […] dienen“.[36] Eine unsichtbare Kameraarbeit ist jedoch genau das, wovor Arnheim warnte: Filmproduzierende, die das – nach Arnheim falsche – Kunstideal der Naturnachahmung vor Augen haben, ließen sich dazu verleiten, sich allein mit einer bloßen Abbildung zu begnügen. Diese würde aber nie Kunstfreuen schaffen.[37] Arnheim besteht darauf:
Für den Filmkünstler kommt, damit er Kunst schaffen kann, viel darauf an, daß er die Charaktereigenschaften seines Materials bewußt unterstreiche, und das nun wiederum so, daß dadurch der Charakter des dargestellten Objekts nicht zerstört sondern im Gegenteil verstärkt, konzentriert, gedeutet wird.[38]
Rudolf Arnheim
Im Film nur einen „Geschichtenerzähler“ [39] zu sehen, und ein rein inhaltliches Interesse an einem Film zu haben – das ist laut Arnheim ein „unbewußter Feind“[40] der Filmkunst. Arnheim betont:
„Und so kommt es für den Künstler nicht darauf an, die Künstlichkeit seiner Mittel zu vertuschen, […], sondern zu einem guten Kunstwerk gehört im Gegenteil, daß die Charaktereigenschaften der verwendeten Mittel sauber und deutlich zur Anschauung kommen.“[41]
Rudolf Arnheim
Der Unterschied zwischen Filmbild und Wirklichkeit müsse immer beachtet und reflektiert werden. Genau das passiert in der Glasboden-Einstellung aus The Lodger: die Überblendung arbeitet mit den technischen Möglichkeiten der Postproduktion, das darauffolgende Zeigen der laufenden Person von unten verweist dagegen auf die Kameraposition und das Filmset. Denn durch das Zeigen einer Ansicht, die nicht alltäglich ist, realisieren die Betrachtenden, dass hier die Kamera bzw. der Film ‚sieht‘. Das implizite Wissen, dass ein Film (und nicht die Wirklichkeit) geschaut wird, wird durch diese erzwungene Reflexion explizit gemacht. Zudem ermöglicht sie die Betrachtenden „aus dem Bereich der gewöhnlichen menschlichen Auffassung“[42] heraus zu führen, was laut Arnheim den künstlerischen Charakter des Filmbildes markiert.
Genderswitch und der Bruch mit bürgerlichen Erwartungen – Darstellungstrieb nach Arnheim in René Clairs Entr’acte
Der Medienwissenschaftler und Kunstpsychologe Rudolf Arnheim bespricht in dem Werk Film als Kunst (1932) Möglichkeiten des künstlerischen Films – im Kontext und in Abhebung von der Erfindung des Tonfilms und der Nutzung dessen im Rahmen der Unterhaltungsindustrie. Hierzu diskutiert er unter anderem die „Kunstmittel“ des Filmes an Positiv- und Negativbeispielen der Filmgeschichte.
Eine Einstellung aus René Clairs Kurzfilm Entr’acte (1924) bespricht Arnheim folgendermaßen:
In dem Film „Entreacte“ [sic!] von René Clair findet sich die Aufnahme einer Balletteuse, die auf einer Glasscheibe tanzt und von unten her, durch diese Scheibe hindurch, photographiert ist. Man sieht, bei den Sprüngen, die die Tänzerin ausführt, das Gazeröckchen sich wie einen Blütenkelch öffnen und wieder schließen, und im Zentrum dieses Kelchs die seltsame Mimik der Beine. Das Vergnügen an einer so merkwürdigen Aufnahme ist zunächst rein formal und ohne irgendwelchen Sinn: es entsteht allein durch die bildmäßige Überraschung. Enthielte sie nun auch noch Sinn, ihr Wert wäre umso größer. Es könnte etwa mit einer solchen Kameraeinstellung der erotische Beigeschmack dieser Tanzvorführung charakterisiert werden oder sonst etwas.
Arnheim 1974, S. 60 – 61
Arnheim führt seinen Kunstbegriff auf zwei grundlegende menschliche Triebe zurück, auf die Kunstproduktion basiere: den Darstellungstrieb (d.h. die intellektuelle Wiederholung und Reproduktion von Erfahrungen, Erlebnissen etc.) und den Ornamentiertrieb (d.h. ein ästhetisches Bedürfnis, z.B. nach Symmetrie). Die gelungene Kombination beider Triebbefriedigungen führen nach Arnheim zum Kunstgenuss. Für den Film bedeutet das, dass sogenannte Filmkunst entsteht, wenn Kameraeinstellungen einen „doppelte[n] Effekt“ besitzen, also den Darstellungs- und den Ornamentiertrieb gleichermaßen bedienen (Arnheim 1974, S. 51–61).
Arnheim wirft nun Clair vor, mit der Ballett-Einstellung lediglich ein formales, das ornamentale Interesse zu verfolgen und nichts auf der Darstellungsebene zu „charakterisieren“. Im folgenden Essay wird die These vertreten, dass René Clairs Kurzfilm und insbesondere die von Arnheim kritisierte Einstellung durchaus darstellenden Wert haben.
Der ca. 20-minütige Kurzfilm wurde am 27.11.1924 als Zwischenspiel der Ballettinszenierung Relâche von Francis Picabias am Pariser Théâtre des Champs-Élysées präsentiert. Clair hatte die Absicht einen Film im Sinne der avantgardistischen Forderung nach dem Cinéma Pur zu schaffen und stattete den Film mit mehreren Kameratricks aus, unter anderem Zeitlupe, Zeitraffer, Splitscreen und Überblendungen (Higgins 2006, S. 104). Dieser sogenannte „reine Film“ sollte in der Bewegung der 1920er und 30er in Paris das Gegenstück zu erzählerischen und abbildenden Filmen sein und konzentrierte sich auf die basalen Elemente des Films wie Form, Bewegung, visuelle Komposition und Rhythmus (Horak 2022).
Der Anspruch des Cinema Pur scheint zunächst Arnheims Argumentation zu bestätigen: hier ist die Absage an das Erzählende Programm. Doch der bedeutende Teil der Agenda ist der Bruch mit den bürgerlichen Erwartungen und die Verspottung narrativer Elemente des Films und Kausalität als bourgeoise Konventionen („[…] many films attacked the holiest values of the middle class […]; Horak 1980, S. 4).
[C]inéma pur incorporated a healthy anarchism, a revolt against the supposed rationality of traditional notions of art. The premediated dysfunctionality of cinematic codes, used to create an anti-idealistic and anarchistic disordering of visual perception, was calculated to shock audiences onto accepting new ways of seeing.
Horak 1980, S. 5.
Doch um Erwartungen brechen zu können, müssen zunächst Anhaltpunkte geschaffen werden, die bestimmte Erzähl-Muster erwarten lassen, um diese dann überraschend aufzuheben. Dies kann als Andeutung von narrativ-darstellerischen Elementen verstanden werden, die wiederum Arnheims Postulat des rein ornamentalen im Falle von Entr‘acte widersprechen.
Wie geschieht das in der Ballett-Szene in Entr’acte? Im Folgenden werden die Ausführungen der Anglistin Leslie Hankins hinzugezogen.
Hankins entdeckt im surrealistischen Kino Frankreichs den Anspruch – insbesondere durch die Verwendung von Humor und Tabubruch – die bürgerlichen Erwartungen an Geschlecht und Sexualität zu erschüttern. Im Gegensatz zu Arnheim versteht sie die Ballett-Einstellung als klar erotisch konnotiert:
This peculiar spectacle plays with high art expectations of the ballerina as aesthetic spectacle; it replaces the artistic sensuality of the ballet with quasi-pornographic close-up shots focusing rather crudely on the crotch of the ballerina moving up and down (or, from the point of view of the spectator, moving towards or away from the spectator).
Hankins 2005
Das Zeigen des fetischisierten Blicks unter den Rock (einer Frau*) steht im Kontext einer erotischen Fantasie und ist mit dem explizierten Zeigen der Unterwäsche laut Hankins eine Einladung:
think about sex, genitalia, stockings and garters; orient yourself to this body according to your desires.
Hankins 2005
Die Einstellung der tanzenden Figur von unten (ab 06:28‘) wechselt in einen Kameraschwenk (07:40‘), der die Beine bis zur Hüfte hinauffährt, dort angelangen erfolgt ein Schnitt zu einer Wasseroberfläche. Es folgen Nahaufnahmen der Hände und der Füße, während den Betrachtenden Aufnahmen bzw. Einstellungen von Kopf und Rumpf verwehrt bleiben. Hankins versteht diese Auslassung oder Verweigerung einer Annäherung an die Figur als Teil eines bewussten Kalküls. Der Wunsch nach Auflösung, die Erwartung des Zeigens der als weiblich geglaubten Ganzfigur entsteht. Ein Kameraschwenk (08:00‘) offenbart schließlich das Gesicht der tanzenden Figur: es überrascht ein männlich konnotiertes Gesicht mit Brille und langem Bart. Danach folgt ein Schnitt auf die tanzenden Füße und ein vertikaler diesmal ununterbrochen Schwenk nach oben, der nun die erwartete weiblich gelesene Tänzerin zeigt.
Anders als Arnheim es postuliert, verbirgt sich hinter der als ornamental beschriebenen Einstellung ein gezieltes Spiel mit den erotischen und geschlechtsspezifischen Erwartungen der Betrachtenden. Der Bruch mit den Annahmen der Betrachtenden provoziert die Etablierung eines kulturkritischen Narrativs. (1) Die Ausstattung der Figur mit weiblich kodierten Kleidungsstücken formt die Erwartung, einer weiblichen Tänzerin zuzusehen, (2) die fetischisierte Perspektive eröffnet einen erotischen Möglichkeitsraum, von dem erwartet wird, dass er auch erfüllt wird. (3) Das Versteckspiel der surrealistischen Montage lädt die Betrachtenden ein, den per Schnitt vorenthaltenden Raum imaginär zu füllen und erzeugt darüber Spannung. Entr‘acte kann damit als Reflexion filmischer Stereotypen und Motive der Geschlechterkonstruktionen sowie des Voyeurismus gelesen werden.
Bearbeitung und Ergänzung: Thomas Helbig
Literatur
Arnheim, Rudolf: Film als Kunst, München 1974.
Hankins, Leslie: Switching Sex and Redirecting Desire. The Surrealist Film, Entr’acte, and Woolf’s Orlando, In: Virginia Woolf Miscellany, Frühling-Sommer 2005, S. 25-26.
Higgins, Steven: Still Moving. The Film and Media Collections of the Museum of Modern Art, New York 2006.
Horak, Jan-Christopher und James zu Hünigen: cinéma pur, In: Das Lexikon der Filmbegriffe, zuletzt geändert am 29.03.2022, URL: https://filmlexikon.uni-kiel.de/doku.php/c:cinemapur-495, zuletzt eingesehen am 10.02.2023.
Horak, Jan-Christopher: Discovering Pure Cinema. Avant-garde film in the ‘20s, In: Afterimage, Sommer 1980.
Kaczmarek, Ludger: 7e art, In: Das Lexikon der Filmbegriffe, zuletzt geändert am 23.11.2021, URL: https://filmlexikon.uni-kiel.de/doku.php/0:7eart-3742, zuletzt eingesehen am 13.01.2023.
Prümm, Karl: Zur Analyse der Kameraarbeit. Zwischen Technik und Ästhetik, In: Hagener, Malte und Volker Pantenburg (Hrsg.): Handbuch Filmanalyse, Wiesbaden 2020, S. 7–16.
Stiegler, Christina: Die Bombe unter dem Tisch. Suspense bei Alfred Hitchcock – oder: Wie viel weiß das Publikum wirklich? Konstanz 2011.
Truffaut, François: Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht? München 2003.
Wulff, Hans Jürgen: Suspense, In: Das Lexikon der Filmbegriffe, zuletzt geändert am 23.03.2022, URL: https://filmlexikon.uni-kiel.de/doku.php/s:suspense-355, zuletzt eingesehen am 07.01.2023.
Justus Vogel
„Das Verschiedene im Ähnlichen“. Eine Betrachtung der Montagetechnik in Harun Farockis Interface / Schnittstelle (1995)
Die Installation Schnittstelle / Interface: Farockis Montagepraxis
„Heute kann ich kaum ein Wort schreiben, wenn nicht zugleich ein Bild auf dem Schirm zu sehen ist.“ Mit diesen Worten beginnt Harun Farocki seinen Film Schnittstelle/Interface (1995).[*] In diesem begleiten die Zuschauer:innen den Regisseur in einer Re-Lektüre seiner früheren Arbeiten, die im Zuge eines auto-reflexiven Gestus einen tieferen Einblick in die Arbeitsweise des Filmemachers gewähren soll. Bereits der einleitende Satz enthält die theoretische Essenz der gesamten Installation. Die Bilder auf dem Schirm haben Einfluss darauf, was auf dem Papier geschrieben werden kann. Diese wechselseitige Beziehung bildet das grundlegende Theorem von Farockis Montagepraxis, auf die im Folgenden näher eingegangen werden soll. Die Szene, aus der das oben angeführte Zitat entnommen wurde, zeigt einen Split-Screen, auf dem nicht nur ein abgefilmter Bildschirm zu sehen ist, sondern auch eine Aufnahme von Farockis Hand, die gerade etwas notiert.
In Schnittstelle/Interface demonstriert Farocki eine Montagepraxis, die durch zwei Monitore und eine gleichzeitige Projektion zweier Bilder eine parallele Gegenüberstellung mehrerer Bildinhalte ermöglicht. Farocki betitelt diese Technik mit dem Namen ‚weiche Montage‘ (‚soft montage‘) oder ‚horizontale Montage‘. Gegenüber der herkömmlichen, sequenziellen Montage, in der ein Bild auf das nächste folgt, entfernt sich die weiche Montage von dem Zwang der linearen Filmzeit und verneint somit die inhärente Hierarchie, die sich im Nacheinander der Bilder realisiert. Diese beschreibt Farocki als eine Korrektur des zweiten Bildes, als sagte man: „Nicht dieses Bild, sondern dieses.“[1] Die „Weichheit“ von Farockis Split-Screen-Montage drückt sich dagegen in der Nebeneinanderstellung zweier Bilder aus, die eine gleichzeitige Erfahrung ermöglicht. Statt einer Korrektur des ersten Bildes durch das zweite versteht Farocki diese Montagetechnik als einen bilateralen Kommentar beider Bilder untereinander.
„Die Montage“, schreibt Farocki in einer Produktionsnotiz zu Vergleich über ein Drittes (2007), sei „eine Figur des ausdrücklichen Vergleichs“, welcher sich lediglich in zwei Schnittprinzipien aufteilen lasse: „Gegensatz und Ähnlichkeit.“[2] Im Gegensatz zur sequenziellen Montage, welche die Ähnlichkeit im Unterschiedlichen aufzeigt, verweist die horizontale Montage eher auf die Verschiedenheiten im Ähnlichen.[3] Das Potenzial der parallelen Projektion wird deutlich wenn man die Montagepraxis aus Schnittstelle/Interface mit der herkömmlichen Schnitttechnik Farockis anhand des früheren Filmbeispiels Arbeiter verlassen die Fabrik (1995) vergleicht.
Dort präsentiert Farocki eine aneinandergereihte Montage aus Filmsequenzen, ausgehend von La Sortie de l’Usine Lumière à Lyon (Brüder Lumière1895), über Clash By Night (Fritz Lang, 1952) bis hin zu Metropolis (Fritz Lang, 1925/26).[4] Über die formalen Verwandtschaften des Sujet hinaus evaluiert Farocki die Rolle der Fabrik in der Geschichte der modernen Gesellschaft und die stetige Reproduktion dieses ersten Filmmotivs über die Geschichte des Films hinweg. In Schnittstelle/Interface, in der Farocki mit dem Vergleich von Schnittplatz und Fabrik eine zusätzliche Interpretationsebene eröffnet, werden die zuvor sequenziell montierten Szenen aus Arbeiter verlassen die Fabrik (1995) auf zwei Bildschirmen gleichzeitig abgespielt. Dies erlaubt die Assoziationen, die von den Filmzitaten hervorgerufen werden, unmittelbarer aufeinander zu beziehen.[5] Die weiche Montage ist nicht länger ein abgeschlossener Prozess in dem Schnitt und Deutung vom Autor vorgegeben sind. Vielmehr äußert sich Farockis Methode in einer essayistischen Annäherung von Bild 1 und Bild 2, zwischen denen eine selbst auszudeutende Leerstelle entsteht.[6] Farockis Absicht ist es, das abgeschlossene und auktoriale Resultat der klassischen Montagepraxis zugunsten einer dialogischen Annäherung ‚aufzuweichen‘.[7] In der Leerstelle zwischen den Bildern muss sich die Betrachter*innen selbst bewusstwerden, nach welchen Kriterien die verschiedenen Szenen verglichen und interpretiert werden können.[8]
Dem Bild als solchem kommt somit ein Modellcharakter zu, insofern es kein Mittel zur Abbildung der Realität ist, sondern nur auf diese verweisen soll. Die weiche Montage befasst sich mit der Produktion von Vorstellungen und Erkenntnissen jenseits des Dargestellten und funktioniert somit den Schnittplatz zu einem Labor für experimentell visuelle Modellbildungen um.[9] Der epistemische Wert dieser Montagepraxis findet sich darum nicht in einer bereits vorgegebenen Erkenntnis, sondern in der Thematisierung und Problematisierung des Vergleichs an sich.[10]
Die Medialität des Bewegtbildes (Farocki, Godard, Lee)
In Schnittstelle / Interface entwickelt Farocki ein Konzept der medialen Selbstreflexion, das sowohl als Analyse eines Film im Film, wie auch als Selbstportrait funktioniert.[11] Der Filmautor präsentiert sich am Schnittplatz, wie er (sein eigenes) Filmmaterial sichtet und kommentiert, wodurch die Betrachter*innen dazu veranlasst werden, das Gleiche zu tun. Konkret geschieht dies etwa durch den Akt des Mitsprechens des Kommentars aus Nicht löschbares Feuer (1969), Farockis filmischen Solidaritätsprojekt, das sich mit dem Gebrauch von Napalm während des Vietnam-Kriegs auseinandersetzt. Die Dopplung des Kommentars, der Bilder und der Blicke – Farocki distanziert sich in seiner erneuten Sichtung aktiv von seinem aktivistischen Standpunkt des Jahres 1969, wenn er das Wort „Ich“ durch „der Autor“ ersetzt – dient als Verweis auf die Modalität der Postproduktion.
Die erneute Sichtung seines Films, 26 Jahre nach dessen Fertigstellung, dient als selbstkritische Evaluation, sowohl auf politischer Ebene, als auch in Bezug auf Farockis Arbeitsweise. Die Wiederholung des früheren Dialogs schafft eine analytische Distanz, die einen Perspektivwechsel erlaubt. Die Frage kommt auf, ob ein Kommentar von 1969 ein viertel Jahrhundert später noch Bestand haben kann.[12] Zuerst handelt es sich um einen Kommentar der Bilder, später um eine kritische Kommentierung des früheren Kommentars.[13] Farocki demonstriert hier eine Praxis der Montage, bei der man laut Godard „immer zweimal sehen [muss]“.[14] Ähnlich der konkreten Gegenüberstellung zweier Bilder in der weichen Montage konfrontiert Farocki seine Gegenwart mit seiner Vergangenheit.
Ähnlich reflektiert Jean-Luc Godard in seinem Film JLG/JLG – autoportrait de décembre (1995), seine eigene Ciné-Biografie. Übereinstimmend mit Farockis Echolalie begleitet eine selbstreferentielle Audiospur die Mise en scéne von Godards filmischen Autoportrait. Die überlappende Präsenz des Künstlers in auditiver und visueller Form verleitet die Zuschauer*innen dazu, die autobiografischen Aussagen Godards als Tatsachen aufzufassen.[15] Zugleich behauptet Godard jedoch, dass die empfundene Objektivität der abgebildeten Realität seiner Filme täuschen kann, da die Entscheidung, welches Bild montiert werden soll, immer aus einer alleinigen Handlung des Künstlers gewonnen wird.[16] Er beschreibt die Industrie des Bewegtbilds als eine illusionistische Projektion, eine „Traum Maschine“ die von der Ideologie des Schaffenden kontrolliert und dominiert ist.[17] Die künstlerische Tradition des Kinos benötigt demnach eine Rückkehr zu einem Ort, der unvoreingenommene Entscheidungen ermöglicht. Diese Position wird in JLG/JLG durch den Einbezug einer blinden Cutterin vorgeführt, die den Filmschnitt ausschließlich über ihren Tastsinn durchführt.[18] Diese grundlegende Reflexion über den visuellen Charakter des filmischen Arbeitsprozesses verweist auf eine Problematisierung der Gleichsetzung von „Sehen“ und „Erkennen“, während zugleich die Kriterien hinterfragt werden, auf deren Grundlage die Arbeit am Schnittplatz durchgeführt wird.[19]
Godard kontrastiert die intuitive, nahezu zufällige Zusammenstellung des Filmmaterials des blinden Schneidens mit den akribischen Abwägungen seines eigenen Montageprozesses. In dieser Gegenüberstellung der Sinne, in der Divergenz eines Urteils über den Schnitt, hinsichtlich von Sehen und Tasten, offenbart sich für Godard der Unterschied zwischen „Finden“ und „Er-finden“.[20] Der Regisseur stellt sich selbst und seinen Zuschauerinnen die Aufgabe, einen Konsens in den montierten Bildern entstehen zu lassen, anstatt eine prädeterminierte Bedeutung zu erfinden, welche der Montage anschließend aufgezwungen wird.
Die Notwendigkeit der physischen Präparation des Filmstreifens in der Arbeit am Schneidetisch limitiert die Vielfältigkeit der Montage auf eine Weise, die in der relativen Gleichzeitigkeit des Videoschnitts nicht vorhanden ist. Letzterer erlaubt die simultane Sichtung und Bearbeitung einer Sequenz. Gleichzeitig wandelt sich die Haptik des Arbeitsprozesses. In Schnittstelle/Interface legt Farocki einen Finger auf das Filmband, um somit die Schnitt- oder Klebestelle zu erfühlen. Ander beim Videoschnittplatz: Durch den Gebrauch eines Steuerpults, welches mit einem Abspielgerät, einem Instrument zur Aufzeichnung und zwei Kontrollmonitoren verbunden ist, negiert der Videoschnitt die Notwendigkeit dieser Art von „Fingerspitzengefühl“. Der physische Schnitt beim analogen Filmschnitt weicht dem elektronischen Kopiervorgang; Farocki spricht hier von einem rein ideellen Schnitt.[21]
In diesem Sinne besonders aufschlussreich, lässt sich Kevin B. Lees Videoessay Schnittstelle 2.0 (2012) als eine Fortführung der von Farocki reflektierten Medialität des Filmschnitts interpretieren. Lee, der selbst durch eine Vielzahl von Video-Essays an Bekanntheit gewann, überführt in Schnittstelle 2.0 den medialen Vergleich Farockis auf seine eigene Arbeit mit einem digitalen Schnittprogramm. In einer Doppelprojektion stellt er seinen Schneideplatz mit Tastatur und einem singulären Computerbildschirm dem Kontrollpult und den dualen Monitoren Farockis gegenüber. Das Konzept der weichen Montage bestätigend, die mit Farocki stets auf das „Verschiedene im Ähnlichen“[22] verweist, demonstriert Lee die Divergenz, die trotz der grundsätzlichen Übereinstimmung beider Arbeitsprozesse festzustellen ist: Farockis Arbeitsplatz besteht aus zwei Monitoren, die jeweils ein Bild zeigen; Lees singulärer Bildschirm zeigt die Oberfläche des Schnittprogramms, die ihrerseits die simultane Sichtung zweier Einstellungen erlaubt.[23] Zusätzlich enthält die Anordnung des Schnittprogramms (analog zum Filmstreifen) eine Zeitleiste, die es dem Monteur erlaubt, die zwei herausgegriffenen Einstellungen auf ihre Kompatibilität mit den übrigen Einstellungen (davor und danach) zu prüfen.
Lee merkt in seiner Betrachtung von Schnittstelle/Interface an: „But although [the timeline] shows how the images fit together, it does not tell, if the images fit together.”[24] Mit dieser Bemerkung stellt Lee fest, dass er trotz des technischen Fortschritts, welcher die Visualisierung seines Montageprozesses vereinfacht, Farocki keinen Schritt voraus ist. Dessen Frage, ob sich ein bestimmtes Bild dem anderen „anbieten würde“, bleibt den jeweiligen Kriterien überantwortet, die hierfür herangezogen werden.
Bearbeitung und Ergänzung: Thomas Helbig
Anmerkungen
[*] Schnittstelle/Interface (D/F 1995, 25 Min.) Siehe auch den Lektürebericht zum Audiokommentar von Schnittstelle/Interface sowie dem Text Quereinfluss/Weiche Montage (2002) sowie: https://www.harunfarocki.de/de/installationen/1995.html
[1] Zulauf, Tim / Farocki, Harun: Rituale und ihre Öffentlichkeit. Auszug aus einem Interview mit Harun Farocki, in: Schenker, Christoph/Hiltbrunner, Michael (Hgg.): Kunst und Öffentlichkeit: Kritische Praxis der Kunst im Stadtraum Zürich Bd. 2 (2007), S. 104.
[2] Sieber, Aurel: Das Vergleichen vergleichen. Harun Farockis essayistische Filmpraxis, in: Figurationen: Gender, Literatur, Kultur 1/20 (2020), S. 85-105, hier S. 96.
[3] Ebd., S. 96f.
[4] Blümlinger, Christina: Incisive Divides and Revolving Images. On the Installation Schnittstelle, in: Elsaesser, Thomas (Hg.): Harun Farocki. Working on the Sight-Lines, s.l. 2004, S. 62f.
[5] Ebd.
[6] Czekaj, Sonja: Harun Farockis ästhetische Opposition, in: Augen-Blick. Marburger Hefte zur Medienwissenschaft, 42 (2008), S. 75.
[7] Ebd., S. 76.
[8] Sieber, Aurel: Das Vergleichen vergleichen. Harun Farockis essayistische Filmpraxis, S. 98.
[9] Czekaj, Sonja: Harun Farockis ästhetische Opposition, in: Augen-Blick. Marburger Hefte zur Medienwissenschaft, 42 (2008), S. 76.
[10] Sieber, Aurel: Das Vergleichen vergleichen. Harun Farockis essayistische Filmpraxis, S. 99.
[11] Scherer, Christina: Bilder kommentieren Bilder. Die Analyse von Film im Film. Schnittstellen zwischen Harun Farocki und Jean-Luc Godard, in: Augen-Blick. Marburger Hefte zur Medienwissenschaft, 34 (2003), S. 74.
[12] Ebd., S. 81f.
[13] Ebd.
[14] Godard, Jean-Luc: Einführung in eine wahre Geschichte des Kinos (Intoduction à une véritable histoire du cinema), Frankfurt a.M. 1992, S. 16.
[15] Alter, Nora M.: Mourning, Sound, and Vision. Jean-Luc Godard’s JLG/JLG, in: Camera Obscura 44 15/2 (2000), S. 79.
[16] Blümlinger, Christina: Incisive Divides and Revolving Images, S. 63 f.
[17] Alter, Nora M.: Mourning, Sound, and Vision. Jean-Luc Godard’s JLG/JLG, S. 79.
[18] Scherer, Christina: Bilder kommentieren Bilder, S. 82.
[19] Ebd., S. 83.
[20] Ebd., S. 79.
[21] Farocki, Harun: Schnittstelle / Interface (Berlin, Deutschland) 1995, 03:35 – 04:20.
[22] Sieber, Aurel: Das Vergleichen vergleichen. Harun Farockis essayistische Filmpraxis, S. 96.
[23] Kevin B. Lee, Interface 2.0 (2012), URL: https://vimeo.com/199578794, Min.: 01:15.
[24] Ebd., Min.: 01:41.
Literatur
Alter, Nora M.: Mourning, Sound, and Vision. Jean-Luc Godard’s JLG/JLG, in: Camera Obscura 44 15/2 (2000), S. 74-103.
Blümlinger, Christa: Incisive Divides and Revolving Images. On the Installation Schnittstelle, in: Elsaesser, Thomas (Hg.): Harun Farocki. Working on the Sight-Lines, s.l. 2004., S. 61-66.
Czekaj, Sonja: Harun Farockis ästhetische Opposition, in: Augen-Blick. Marburger Hefte zur Medienwissenschaft. 40 Jahre Erinnerung an 68 – Tyrannei der Jahreszahl? 42 (2008), S. 66-80.
Godard, Jean-Luc: Einführung in eine wahre Geschichte des Kinos (Intoduction à une véritable histoire du cinema), Frankfurt a.M. 1992, S. 16.
Harun Farocki: Quereinfluss / Weiche Montage, in: ZeitSprünge. Wie Filme Geschichte(n) erzählen (2004), S. 57-61.
Scherer, Christina: Bilder kommentieren Bilder: Die Analyse von Film im Film, in: Augen- Blick. Marburger Hefte zur Medienwissenschaft. Godard und die Folgen 34 (2003), S. 73-85.
Sieber, Aurel: Das Vergleichen vergleichen. Harun Farockis essayistische Filmpraxis, in: Figurationen: Gender, Literatur, Kultur 1/20 (2020), S. 85-105.
Zulauf, Tim / Farocki, Harun: Rituale und ihre Öffentlichkeit. Auszug aus einem Interview mit Harun Farocki, in: Schenker, Christoph/Hiltbrunner, Michael (Hgg.): Kunst und Öffentlichkeit: Kritische Praxis der Kunst im Stadtraum Zürich Bd. 2 (2007), S. 104.