15. Dezember 2023
Montage, mon beau souci
Eine Veranstaltung für Regine Prange
»Schnitt, meine schöne Sorge«, mit diesen Worten überschrieb Jean-Luc Godard 1956 einen knappen Artikel, in dem er das ABC der Montage auf die prägnante Formel brachte, wonach der Schnitt der »Herzschlag« des Films sei. Formulierungen wie diese zeugen von einer künstlerischen Programmatik, nach der die Arbeit der Montage – die Zusammenfügung der »Trümmer der Empirie« (Adorno) – zur eigentlichen Formfrage gerät. Bereits anhand der ›papiers collés‹, die Picasso und Braque am Vorabend des Ersten Weltkriegs geschaffen hatten, charakterisiert Peter Bürger das Bestreben der Avantgarde, »die Transposition der Wirklichkeit« nicht mehr durch das »künstlerische Subjekt«, sondern durch ein »Stück Realität« zu leisten, das »ohne wesentliche Veränderungen […], dem Bild eingefügt wird.« Die Bilder »verweisen nicht mehr als Zeichen auf die Wirklichkeit, sie ›sind‹ Wirklichkeit.«
Die Rede vom Wahren jedoch, lässt sich über die Vektoren von Autonomie, Realismus und künstlerischer Formgestaltung kritisch in Spannung versetzen. Ist eine Ästhetik länger konsistent, nach der der Realismus die Wirklichkeit nicht »erzeugt«, sondern vielmehr »bezeugt« oder braucht es vielmehr eine Kritik der Repräsentation, die sich über den Weg der Negation beschreiten lässt (Rebentisch)? Diesen und ähnlichen Fragen möchte die Veranstaltung im Rahmen einer Roundtable-Diskussion nachgehen. Es kommen unterschiedliche Positionen aus den Bereichen der Film- und Kunsttheorie, Ästhetik sowie der künstlerischen und kuratorischen Praxis zu Wort, die den Aspekten der künstlerischen Montage in Moderne und Gegenwart nachspüren.
Programm:
18:00 Uhr
Begrüßung & Einführung
Mechthild Fend & Thomas Helbig (Goethe-Universität Frankfurt am Main)
18:20 Uhr
Filmscreening
Peter Tscherkassky (Wien) – ›Train Again‹ (2021)
18:50 Uhr
Roundtable mit
Oksana Bulgakowa (Johannes Gutenberg Universität Mainz) &
Angela Lammert (Akademie der Künste, Berlin & Humboldt-Universität zu Berlin) &
Felix Lenz (Universität Bamberg) &
Regine Prange (Goethe-Universität Frankfurt am Main) &
Michael F. Zimmermann (Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt)
Moderation: Thomas Helbig
20:00 Uhr
Empfang
Ort: Campus Westend, Casino, Trude-Simonsohn-Saal – CAS 1.811
Norbert-Wollheim-Platz 1, 60323 Frankfurt am Main
Peter Tscherkassky, Train Again, 2021
Realismus/Verfremdung
[Fundstücke des Realen, Found Footage, Wahrheitsästhetik, Empirie, Ironie, Epistemologie, Vertov, Brecht]
„Denn die Kunst mag ihr Material zwar von der Realität empfangen, aber dieses bleibt in der Kunst nicht unverwandelt; es transformiert sich ins Bild.“
Rebentisch: 249
„Die aus außerästhetischen Zusammenhängen in die Kunst gebrachten Elemente sind zwar offenkundig nicht mehr bloß Zeichen für Wirklichkeit, aber sie „sind“ auch nicht einfach Wirklichkeit, wie Peter Bürger in seiner Theorie der Avantgarde konstatiert hat.“
Rebentisch: 253
Material(ismus)/Form(alismus)
[Utopie, Reflexologie, sozialistischer Realismus, Eisenstein]
Autonomie/Negation
[Kritik der Repräsentation, mit Montage kritisch denken]
Wer leidet, der schneidet (Marcel Odenbach)
[Foto-Montage (Heartfield), Kritik, Politik]