von Philipp Offermann
Mit diesem Slogan ließe sich heute keine Politik mehr machen, würde ich denken. Zu Zeiten des Kosovo-Krieges war diese Forderung von Wiglaf Droste in der taz wenigstens noch einen Aufreger wert. Internationale politische Verwerfungen gab es bis heute eher nicht, und auch die NATO hat sich nicht zu einer Intervention hinreißen lassen. In Deutschland stritt das Feuilleton über die Grenzen des satirischen Geschmacks, und damit war wohl auch alles erreicht, was es zu erreichen galt.
Heute haben wir YouTube, wo sich private Interventionsforderungen einem Millionenpublikum unterbreiten lassen. In der englischsprachigen Blogosphäre wird besonders das Kony-Video schon seit seinem Erscheinen energisch debattiert (etwa bei unseren Freunden Duck of Minerva, David Campbell, Kings Of War). Wie Gabi Schlag in ihrem Beitrag ausführt, stehen solche multimedialen Appelle schnell unter einem Vereinfachungs- und Dramatisierungsverdacht - und das nicht zu Unrecht. Die nordugandische Stadt Gulu leidet auf vielfältige Weise unter den jahrelangen Auseinandersetzungen - ein Kriegsgebiet, wie es das Kony 2012-Video mehr als suggeriert, ist es nicht mehr. Auch das Stand Up For Peace-Video dreht emotional das große Rad, während sich George Clooney wenigstens auch schriftlich äußert, um seinen Film zu flankieren.
Ich habe an dieses Vorgehen, diesen Trend, vor allem viele Fragen. Privatpersonen schalten Interventions-Werbeclips in YouTube und berufen sich anschließend auf die Schwarmintelligenz. Können 100 Millionen views lügen, die für den Frieden aufstehen wollen, während sie vor dem Computer sitzen? Das könnte sich zum außenpolitischen Programm der Piratenpartei entwickeln. Und dann könnte auch endlich jemand in Belgien einmarschieren: "NATO, übernehmen Sie!" hieß das 1999 in der taz. Damals war es wenigstens noch als Satire zu erkennen...