von Stefan Engert
Drohnen sind nicht-bemannte und lenkbare Flugobjekte unterschiedlicher Größe. Sie werden meistens zum Zwecke der Aufklärung sowie Erkundung eingesetzt. Mit einer Drohne hätten die USA also bspw. die sowjetischen Atomraketen auf Kuba ganz entspannt entdecken können, d.h. ohne das Leben der amerikanischen U2-Piloten, die damals die Fotos machten, zu gefährden. Von daher gesehen scheinen Drohnen ganz nützlich sein – vor allem für die Seite, die die Drohne einsetzt. Die Aufklärungsflüge können aber auch die Privatsphäre sowie die Bürger- und Freiheitsrechte der observierten Individuen verletzen; darüber hinaus die Souveränität der Staaten, in deren Territorium oder Luftraum sie ohne Erlaubnis operieren. Da Drohnen aber fast ausschließlich in Krisengebieten oder „failed/failing states“ eingesetzt werden, also Staaten wie Afghanistan, Irak, Somalia, Pakistan, in denen die o.g. Rechte nicht vollständig (räumlich) garantiert sind, scheint das keinen so recht zu kümmern. Wahrscheinlich wäre das anders, würden z.B. Drohnen anderer Staaten einfach so zum Observieren mal über Frankfurt oder Berlin fliegen.
Aber es gibt noch eine zweite, ethisch deutlich problematischere Verwendungsmöglichkeit von Drohnen; nämlich diejenige als „smart weapon“. Was nett klingt, ist allerdings gar nicht so „smart“: Hier werden Drohnen als Marschflugkörper – also gezielte Bomben eingesetzt – um das anvisierte Ziel, d.h. eine Zielperson, präzise zu eliminieren (oder zu liquidieren). Das nennt man auch „targeted killing“. Getötet von solchen „Killerdrohnen“ wurden bspw. der Talibanführer Mehsud (2009) sowie die al-Qaida Anführer al-Awlaki (2011) und al-Libi (2012) (Quelle). Obwohl US Präsident Obama erst im Januar dieses Jahres erläuterte, dass mittels Drohnen „sehr präzise Angriffe gegen al-Qaida und seine Verbündeten“ möglich seien, fällt mir bei allen drei Meldungen auf, dass immer mehr als nur eine Person („zwei Autos“, „15 Personen“, „das Haus des Schwiegervaters“) durch den Drohnenangriff ums Leben gekommen sind. Einer neuen Studie zufolge töten die hochtechnologischen Waffen, die angeblich doch so „punktgenau“ und „chirurgisch“ zuschlagen können, nicht nur (mutmaßliche) Terroristen, sondern auch mal unbeteiligte Zivilisten – und das, wie es scheint, gar nicht mal so selten.
Aber auch dies scheint wiederum kaum jemanden zu kümmern. Interessant sind dabei die Argumentationsmuster, die immer wieder auftauchen. Zum einen wird das „targeted killing“ von Terroristen mittels Drohnen damit legitimiert, dass Terroristen ihrerseits der Menschenwürde Ihrer Opfer nicht viel Bedeutung zumessen, also könne das alles nicht vice versa gelten. Schon diese Argumentationsweise steht auf wackligem Boden – und das nicht nur in Friedens- oder Waffenstillstandszeiten. Es ist nämlich durchaus fraglich bzw. eine Güterabwägung, ob die effektive Gefahrenabwehr den Geboten des liberalen Reststaats, dem verbrieften Recht auf ein faires Verfahren oder den allgemeinen Menschenrechten vorrangig sein sollte. Man könnte Terroristen ja auch wie z.B. Adolf Eichmann observieren, mittels eine Spezialkommandos verhaften und (illegal) in die USA entführen, um sie dort zumindest vor ein ordentliches Gericht zu stellen – vielleicht wäre das besser, ohne Frage wäre es weniger illegitim, als die gezielte, per Satellit ferngesteuerte Tötung von Menschen. Und dass Drohnen ethisch nicht ganz unbedenklich sind bzw. sogar den Charakter der Kriegsführung nachhaltig verändern können, darauf hat ja schon Christopher Daase in diesem Blog hingewiesen.
Abgesehen von der Legitimitätsdimension scheint es auch mit der langfristigen Effektivität eines mit Drohnen durchgeführten counter-Terrorism sowieso nicht weit her zu sein, da „seit Beginn der Drohneneinsätzen […] die Zahl der freiwilligen Kämpfer gegen die USA [in den islamischen Regionen] exponentiell gestiegen“ ist (Quelle), wie die schon oben erwähnte Studie bestätigt. Noch viel interessanter – in diesem Sinne widersprüchlicher – ist allerdings die zweite Legitimationsstrategie, die bei der gezielten Tötung mittels Drohnen in Anschlag gebracht wird – und das gerade, wenn dabei Zivilisten mitbetroffen sind. An dieser Stelle verweise ich nochmals auf die drei Meldungen oben. Hier ist die zugrunde liegende und zumeist unausgesprochene Argumentation, dass die sogenannten Unbeteiligten so unbeteiligt doch wohl gar nicht sein können: Wer –außer Co-Terroristen – würde sich schon freiwillig in der Nähe eines Top-Terroristen aufhalten? Doch wohl niemand, so vermuten und suggerieren die US Militärs, der nicht ebenfalls was auf dem Kerbholz hat. Und – tatsächlich – das US Militär “in effect counts all military-age males in a strike zone as combatants, according to several administration officials, unless there is explicit intelligence posthumously proving them innocent” (Quelle). De facto heißt das: Jede (männliche) Person im Zielgebiet ist nicht nur verdächtig, sondern automatisch auch (mit)schuldig und „darf“ daher auch (mit)getötet werden – wobei sie post mortem gerne ihre Unschuld beweisen kann. Damit erklären sich auch die vermeintlich niedrigen Kollateralschäden („single digits“) bei den Drohneneinsätzen: Es kommt eben nur auf die Zählweise an. In einem bekannten Schlager von Michael Holm aus dem Jahr 1974 heißt es so treffend „Tränen lügen nicht“; mit Drohnen ist das genauso: Die lügen auch nicht, d.h. sie treffen immer ins Schwarze. Und da geht es den Drohnen so wie Berthold Brecht, der schon in der Moritat von Mackie Messer sehr treffend feststellt: „Denn die einen sind im Dunkeln, und die andern sind im Licht. Und man siehet die im Lichte, die im Dunkeln sieht man nicht“.
Frank Rieger und Felix von Leitner haben Drohnen in ihrem Podcast Alternativlos! thematisiert: http://alternativlos.org/27/
“In Alternativlos Folge 27 reden wir über Kriegsroboter, auch Drohnen genannt, den Stand der Technik, ferngesteuerte Tötungsmaschinen, die Folgen in den Einsatzgebieten und das kommende Wettrüsten um immer mehr Autonomie für die Killerdrohnen.”
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