Live von der Münchner Sicherheitskonferenz bloggen hier Christopher Daase, Tobias Bunde, Thomas Mohr und Ingo Henneberg und von der Friedenskonferenz Hans Georg Klee und das SiPoBlog--Team. Weitere Informationen gibt es hier. Die Kommentarfunktion ist natürlich zusätzlich geöffnet für alle.
Die Sicherheitskonferenz beginnt wieder um 9h mit einer Session zu aktuellen Krisen (Mali, Syrien). Bei der Friedenskonferenz ist um 11.30h das Friedensgebet angesetzt.
Der Einblick in die Interaktionen von den zwei Vertretern, die versuchen sich möglichst als Rollenspieler/Vertreter anstatt als normale Menschen/Typen zu präsentieren ist spannend. Wenn es euch möglich ist, würde ich gerne mehr dazu hören, wie die Konferenz als geplantes soziales Unterfangen strukturiert ist, um ihre Bemühungen zu erleichtern oder gar zu erschweren. Bzw. wie ist wirkt die Schau der Politik außerhalb der Konferenz auf ihr Design und ihre Funktionsweise?
Lieber Ben, ich würde gerne etwas antworten, aber was war eigentlich nochmal die Frage? Welche Vertreter meinst du denn?Und wenn du schon dabei bist: den letzten Satz ist wie gemeint? Sorry, aber ich stehe echt auf dem Schlauch…
Jo, mei!
Die Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) ist –nicht anders als in den vergangenen Jahren- fast eine ‚no-news’ und bestenfalls eine ‚no-headlines’-Geschichte. Weder in den Druckausgaben noch auf den Online-Webseiten der großen überregionalen Zeitungen ist sie ohne weiteres zu finden.
Die internationale Presse (z.B. New York Times, The Economist) scheinen sogar sie zu ignorieren –die Suchmaschinen zeigen wenig relevante Ergebnisse!
Die Renner im Spiegel, in der FAZ, oder in Die Zeit sind Google und die französische Regierung, die Hackerattacke auf Twitter, und das Treffen über die Iranproblematik zwischen Westerwelle und Ashton sowie das zwischen Biden und Merkel in Berlin. Die Süddeutsche hat freili Berichte sowie ein Livestream über die MSC, allerdings was auf der ersten Seite die Vorstellung klaut, ist noch einmal die potentielle Plagiatssünderin Annette und vor allem die äußerst erfolgreiche Fastnachts-Verkleidung von Markus (Söder) als Marilyn (Monroe) im fränkischen Veitshöchheim (s. Google-Map: https://maps.google.com/maps?q=Rossmarkt+7,+60311+Frankfurt+am+Main,+Germany)!
Warum diese erstaunlich niedrige mediale Attraktivität der MSC? Man könnte nach der Signifikanz einer Veranstaltung für die Welt fragen, die trotz glänzendem internationalen Casting, eine vorhersehbar politisch korrekte Agenda hat, zu harmonische Panelbesetzungen, und öffentliche Reden und Statements der Teilnehmer über die aktuellen sicherheitspolitischen Fragen, die ans Triviale grenzen.
Kann es sein, dass Politiker, diese medial versierten Tiere, auf den Kontext ihrer Ankündigungen mindestens genauso viel achten als auf den Inhalt? Und in dieser Hinsicht wäre die MSC –trotz möglicher backstage-Absprachen- mit Abstand weniger geeignet als andere, formalere Kontexte, wie z.B. Brüssel oder nationale Hauptstädte, um substanzielle Entscheidungen zu treffen…
Der Schlauch ist glaube ich sprachlich, und ich habe ihn verstopft. Ich wollte wissen, wie auf dem Niveau vom Protokoll und Event Management die Veranstalter mit den vorhandenen politischen Spannungen umgehen. Bzw. Israel darf nicht auf Iran stossen (Barak und Salehi sind egal), also wie wurde damit zeitlich und raeumlich umgegangen. Interessiert mich als gelegentlicher Event-Management Heini/Protocol Droid, aber laesst euch davon nicht ablenken, wenn die Diskussion woanders hingeht.
Eine weitere große Konferenz ist zu Ende gegangen. Solche Veranstaltungen sind aus drei Gründen problematisch. Erstens spiegeln sie vor, die drängendsten Themen der Welt zu behandeln. Keine Frage, Syrien, Mali oder Cyberkriege sind wichtige Themen. Doch das gleiche gilt für die Gewalt im Irak oder in Afghanistan, über die kaum noch jemand spricht. Plötzlich wissen alle, welche größeren Städte es in Mali gibt, welche Waffen Assad einsetzt oder was Hacker tun. Das ist nicht schlecht. Schlecht ist, dass so der Eindruck vermittelt wird, dominante politische Diskurse und Praktiken würden die Welt abbilden. Die Selektivität von Realitätskonstruktionen durch Politiker, Konferenzorganisatoren und die Medien ist leicht zu vertuschen.
Dies führt zum zweiten Problem. Solche Konferenzen suggerieren, dass Sicherheitspolitik vor allem von Spitzenpolitikern gemacht wird. Natürlich sprechen auch Vertreter von Wirtschaft oder NGOs, aber sie bilden die Kulisse für Biden und Co. Der Leser und Zuschauer erfährt nun, wer wem wie die Hand geschüttelt, oder auch nicht geschüttelt, hat; die Bevölkerung wird zum Empfänger von inszeniertem Agenda-Setting. Sicherlich sind Staaten (noch) die Hauptakteure in der Weltpolitik – was auch die Bedeutung der Vertreter internationaler Organisationen in München relativiert. Allerdings engen diffuse transnationale Netzwerke aus staatlichen, halbstaatlichen und nicht-staatlichen Akteuren den Spielraum staatlicher Spitzenvertreter immer mehr ein.
Drittens schließlich suggerieren solche Konferenzen, dass Sicherheitspolitik von Eliten gemacht werden sollte. Entscheidungsträger versagen aber oftmals – Beispiele aus dem persönlichen Umfeld oder aus der Politik kennt jeder, dafür muss man nicht Barbara Tuchmans March of Folly gelesen haben. Die Rufe nach besserer Führung, eine immerwährende Begleiterscheinung in München, Davos und anderswo, sind daher befremdlich (und erinnern an die Antwort auf Obamas „Yes, we can“: „No, you do it!“). Vielen Politikern – von Vertretern der Wirtschaft gar nicht zu sprechen – ist die eigene Karriere mindestens genauso wichtig wie das Wohlergehen der anderen, und beide Ziele bedingen sich nicht unbedingt gegenseitig. Bürger sind von Entscheidungen meist direkter betroffen als die Eliten, die Entscheidungen treffen. Es braucht daher Bürger als Entscheidungsträger, nicht Bürger, deren politische Rolle darin besteht, (wenn man sie überhaupt lässt) alle paar Jahre Leute zu wählen, die besonders gut beim Händeschütteln aussehen.