Von Martin Schmetz und Philipp Offermann
Für die moderne Universität ist der Studierende an sich vieles: Zentrale Daseinsbegründung, Kostenfaktor, Potenzial, billige Arbeitskraft und seit einigen Jahren in offizieller Sprache auch Kunde. Nun kommt scheinbar eine weitere Facette des Studierenden dazu: das Sicherheitsrisiko.
Versicherheitlichung findet heute in vielen Lebensbereichen statt. Dem Terrorismus wird der Krieg erklärt, ebenso den Drogen oder der Armut. Diese martialische Sprache geht einher mit institutionellen Auswirkungen - wer etwas als ein bedrohliches Problem definiert, reagiert anders als jemand, der es nur als von der normalen Politik zu lösendes Problem betrachtet. Nun haben Studierende es auch in diesen illustren Kreis geschafft - nur nicht aus Sicht des Staates, sondern aus Sicht der Universität und ihrer Abläufe.
Dass sich Studierende für ihre Anliegen einsetzen und demonstrieren, ist wirklich keine neue Entwicklung, ebenso wenig, dass diese Demonstrationen nicht immer friedlich verlaufen. Im Vergleich etwa zu den 1970er Jahren dürfte der Durchschnittstudent von heute eher weniger bereit sein, seine politischen Forderungen auf illegale Art und Weise zu artikulieren. In Frankfurt ist es nun trotzdem so gekommen: Im Rahmen der am 22.4. durchgeführten Räumung des Instituts für Vergleichende Irrelevanz, einem soziokulturellem Zentrum in einem besetzten Gebäude der Universität Frankfurt (nun in privatem Besitz), gab es erhebliche Proteste. Diese verliefen erst friedlich, entluden sich aber später auch in einigen eingeworfenen Scheiben.
Heute nun lädt der AStA der Goethe-Universität zur studentischen Vollversammlung auf den Campus Westend - eigentlich kein ungewöhnlicher Vorgang, im Gegenteil. Doch die Universität reagiert extrem nervös: Alle Mensen, Cafes, ein Beratungszentrum für Studierende - alles bleibt geschlossen, aus Angst, dass Studenten dort randalieren könnten. Für die Universität sind ihre Studierenden scheinbar ein Sicherheitsrisiko geworden.
Und es ist nicht das erste Beispiel - auf dem neuen Campus der Universität Frankfurt sind viele Räume nur noch für Besitzer entsprechender Chipkarten zugängig. Diese Chipkarte liegt für die meisten in Form ihres Studienausweises vor, auf dem dort enthaltenen NFC-Chip sind die Zugangsberechtigungen enthalten. Ergänzt wird das ganze durch Videoüberwachung an den Eingängen der Gebäude. Mit diesem neuen Sicherheitskonzept (zudem auch ein Zaun um den gesamten Campus nebst entsprechendem Sicherheitsdienst gehört) möchte man Diebstahl, Sachbeschädigung und die allseits gefürchteten Sticker verhindern. Außerdem soll die Trennung zwischen Lehre und Verwaltung deutlicher werden: Verwaltungsbüros sind für Studierende nun nicht mehr ohne weiteres offen. Diese prinzipielle Offenheit an der Universität wird so im Namen der Sicherheit eingeschränkt.
Das ist einigermaßen befremdlich, denn diese von gegenseitigem Misstrauen geprägte Politik ist kaum geeignet, um zwischen Vertretern der Studierendenschaft und der Universitätsleitung Lösungen auszuarbeiten. Dabei betonen beide Seiten, dass Ihnen eigentlich am Dialog gelegen ist. Trotzdem resultiert das ganze dann darin, dass sich der Protest auf Studierendenseite auch in Sachbeschädigung äußert und die Universitätsleitung Mannschaftswagen mit Polizisten auffahren lässt und so eine Vollversammlung unter Generalverdacht stellt. Es scheint, als habe sich die Logik der Bedrohung verselbstständigt - selbst wenn der Wille zur Verständigung eigentlich gegeben ist, dominiert letztlich doch der Bedrohungsreflex.
Ich fand das echt traurig das dies an der Goethe-Uni passiert ist. In der Uni wo immer toleranz gepredigt wird,… naja schade drum. Lg. Martin