von Andrea Jonjic und Martin Schmetz
Ali Arbia von Zoon Politikon hat vor kurzem zusammen mit Beiträgen in der ZiB zur deutschen IB-Bloglandschaft einen kleinen Blogkarneval ausgerufen, in Kooperation mit dem Bretterblog und dem IR Blog. Als IB-BloggerInnen können wir es uns natürlich nicht nehmen, auf die Beiträge zu antworten. Liest man die bisherigen Artikel, so fällt auf: Von den drei immer wieder genannten Zielen des akademischen Bloggens - als Werkzeug in der Lehre, zur Vernetzung von Forschern und zur Außenwirkung der Disziplin - kommt vor allem letzteres zu kurz.
Wir wollen hier nicht lange über die zwei anderen Punkte diskutieren. Blogs als Lehrwerkzeug haben fraglos Potenzial, aber ähnlich wie Mathis Lohaus im IR Blog sehen wir darin nicht die große Zukunft der IB Blogs. Die wissenschaftliche Vernetzung ist da schon deutlich interessanter – wenn, ja wenn deutsche IB Blogs sich mal mehr vernetzen würden und, vor allem, mehr anpöbeln könnten. Momentan ist es aber klar so, dass man sich im Zweifelsfall doch lieber auf die großen amerikanischen Blogs bezieht anstatt eine Debatte in Deutschland aufzubauen. Hinzu kommt, dass das Publikum sich bei akademischeren Beiträgen aus mehreren Gründen von selbst beschränkt: Die Sprache rutscht gerne ins akademische ab, zudem ähnelt die Struktur gerne kleineren wissenschaftlichen Artikeln. Ein weiterer Faktor ist die Länge: Wer kennt es nicht, wenn das Interesse an einem Artikel in Anbetracht einer winzig kleinen Scrollleiste auf der rechten Seite des Bildschirms schlagartig nachlässt? Wenigstens Statistiken unseres Blogs legen nahe, dass Artikel deutlich jenseits der 1500 Wörter extrem hohe Absprungraten haben. Gesellschaftswissenschaftler müssen sich in Blogs disziplinuntypisch kurz fassen.
Ein Blog kann sehr interessant sein, um Ideen zu entwickeln oder schnell auf andere zu reagieren. Allerdings sehen wir hier den Trend, wenn es um die tatsächliche akademische Forschung geht, eher hin zu komplexeren Foren, in denen ganze Entwürfe ausgetauscht werden (academia.edu usw. oder simpel per E-Mail) oder, wenn es nur um kurze Ideen, Literaturempfehlungen und kollektives Brainstorming geht, auf Twitter, das einen viel schnelleren Austausch erlaubt. Unfertige Ideen mit einer (potenziell) breiten Öffentlichkeit zu teilen, scheint für WissenschaftlerInnen eine noch nicht so attraktive Möglichkeit zu sein. Und sind die Ideen dann schon fertig genug, sind Blogs schon wieder zu unattraktiv für eine Veröffentlichung.
Was bleibt also als wirklich vielversprechende Funktion wissenschaftlicher Blogs? Wir denken, die Außenwirkung für ein breiteres Publikum. Wer sich die inhaltlichen Beiträge sowohl in den großen amerikanischen wie auch deutschen IB Blogs ansieht, dem fällt wohl unweigerlich die Nähe zu einem anderen Format auf: Policy Papieren. Die Länge der Posts ist beschränkt und die Sprache sollte ebenfalls verständlich sein. Im Gegensatz zu Policy Papieren und wissenschaftlichen Artikeln sind Blogs aber viel leichter zugänglich und können so potenziell mehr LeserInnen erreichen. Gerade in diesem Kontext können PolitikwissenschaftlerInnen brillieren: Sie bringen größere Expertise für die Analyse eines aktuellen Problems mit und können eine tiefergreifende, besser begründete Analyse bieten als es die Massenmedien meist offerieren können. Links erlauben die argumentative Absicherung und genauere Verortung im wissenschaftlichen Diskurs: Wer mehr wissen will, kann darüber zu den wissenschaftlichen Artikeln gelangen, die dann zwar in größerem Detail, aber eben mehr oder minder verständlicher Sprache weiteres erläutern.
Aber Blogs sind, speziell für PolitikwissenschaftlerInnen, gerade in diesem ambivalenten Raum zwischen wissenschaftlicher Veröffentlichung und Zeitungsartikel sinnvoll: Idealerweise gut argumentiert und interessant genug, um die Aufmerksamkeit für das wissenschaftliche Publikum zu halten und Denkanstöße zu geben, aber verständlich, unterhaltsam und informativ für Fachfremde. In den USA haben ja nicht umsonst einige dieser Blogs gerade deshalb den Sprung in die Massenmedien geschafft (neben dem erwähnten Juan Cole gilt das beispielsweise auch für The Monkey Cage). Das bereichert nicht nur den breiteren gesellschaftlichen Politikdiskurs, es hat auch großes positives Potenzial für die Außenwirkung der Disziplin. Wir sollten uns dem ruhig bewusst werden. Wer weiß: Was früher dem Professor sein FAZ-Kommentar war, könnte in Zukunft ein Post auf einem bekannten IB Blog werden. Oder wenigstens eine Liste der 10 größten Außenpolitik-Fails auf Buzzfeed. In jedem Fall sagen wir aber: Daumen hoch fürs wissenschaftliche Bloggen.
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