Wir sind sowas von geliefert: William Binney, ex-NSA, erklärt Snowden Leaks

Die Snowden-Leaks an sich, insbesondere die von ihm an die Öffentlichkeit geleakten Powerpoint-Folien, haben es bereits in sich. Leicht zu verstehen sind sie aber nicht immer, es gibt schlicht zu viele Codenamen. Um so interessanter ist daher diese Mitschrift eines Vortrags von William Binney, einem ehemaligen technischen Direktor bei der NSA, der nach 37 Jahren Dienst ausschied und Whistleblower wurde. In diesem Vortrag erklärt Binney, was es mit der Überwachungsinfrastruktur der NSA auf sich hat, was hinter den ganzen Codenamen steckt und welche Implikationen das ganze hat.

Der Vortrag ist lang (und auf Englisch), aber es lohnt sich, ihn ganz zu lesen. Wenn nur 50% davon stimmen, dann sind wir ziemlich geliefert. Ich möchte hier keine vollständige Zusammenfassung liefern, wohl aber einige Highlights:

  • Die NSA kann so ziemlich sämtliche Kommunikation überwachen, ob Telefon oder Internet. Sie hängt in der Infrastruktur, kann also direkt alles abgreifen. Sie arbeitet dabei sowohl mit großen Firmen und Anbietern zusammen, als auch mit ausländischen Geheimdiensten, sollte sie sonst keinen Zugriff auf physische Infrastruktur erhalten. Dazu zählt auch explizit der BND. Wenn das alles nicht klappt, werden Glasfaserkabel insgeheim angezapft.
  • Die Ausrede der NSA, aus Versehen - und entgegen geltender Gesetze - auch amerikanische Bürger abzuhören, ist genau das: Eine Ausrede. Technisch wäre ein Filter in vielen Fällen vergleichsweise einfach, der wird aber nicht umgesetzt.
  • Verschlüsselung bringt wenig, denn erstens reichen die Metadaten oftmals aus, um belastbare Informationen zu erhalten. Zum zweiten ist es oft auch möglich, die Verschlüsselung zu umgehen oder zu knacken.
  • Die durch den umfassenden Überwachungsapparat erhaltenen Informationen eignen sich oft am besten für die Strafverfolgung. Dies fällt allerdings außerhalb der Befugnisse der NSA (oder etwaiger ausländischer Geheimdienste, mit denen diese Informationen unter Umständen geteilt werden). Die so erhaltenen Informationen können vor Gericht nicht verwendet werden. Daher wird den Strafverfolgungsbehörden ein Hinweis gegeben, wo sie zu suchen haben, um sich selbst die Informationen zu beschaffen. Diese Informationen werden im Zuge von internationaler Rechtshilfe auch mit ausländischen Strafverfolgungsbehörden geteilt.
  • Die NSA sammelt inzwischen so viele Daten, dass erstens auch viele Unschuldige im Netz landen (dank riesiger Daten und ungenauer Filtermechanismen) und zweitens die Analysten überfordert sind, da sie der Informationsflut kaum noch Herr werden.

Alles in Allem ist das ziemlich schockierend, wenn auch vielleicht nicht komplett überraschend. Und die Implikationen, die das für Deutschland hat, dürften noch die ein oder andere Diskussion im Untersuchungsausschuss und der Presse auslösen. Inbesondere die Fragen der internationalen Rechtshilfe und des Zugangs auf deutsche Kommunikationsinfrastruktur mit Hilfe des BNDs erscheinen hier diskussionswürdig. [Zum Vortrag]

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