von Marco Fey
In der diesjährigen Rede zur Lage der Nation hat Präsident Obama erneut einen relativ hohen Anteil seiner begrenzten Redezeit auf Außen- und Sicherheitspolitik verwendet – und damit den sich über seine zwei Amtszeiten abzeichnenden Trend bekräftigt. Exakt ein Viertel seiner knapp 6.500 Worte (für die er dieses Jahr 59 Minuten und 56 Sekunden benötigte) füllten Themen wie IS und Syrien/Irak, der Abzug aus Afghanistan, die Ukraine-Krise und russische Aggression, das Tauwetter in der Karibik, die Verhandlungen rund um das iranische Atomprogramm, Cybersicherheit, Ebola, Guantanamo und die „größte Gefahr für zukünftige Generationen“: Klimawandel.
Verkehrsminister Anthony Foxx musste dieses Jahr die SOTU (State of the Union) an einem sicheren Ort im Fernsehen verfolgen. Als „designated survivor“ wäre er im Fall der Fälle zum 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten vereidigt worden. Er sah einen angriffslustigen Präsidenten, der sich im Vorfeld der Rede zunehmend Kritik der Republikaner ausgesetzt sah, seine Außenpolitik sei vor allem eine der Schwäche. Obama griff den Tenor seiner letztjährigen SOTU auf und erneuerte sein Credo: eine kluge Außenpolitik sei keine, die ohne jeglichen Plan auf Schlagzeilen reagiere und Amerika in Kriege stürze. Erneut betonte er den hohen Stellenwert, den seine Administration diplomatischen Mitteln beimesse:
I believe in a smarter kind of American leadership. We lead best when we combine military power with strong diplomacy; when we leverage our power with coalition building; when we don’t let our fears blind us to the opportunities that this new century presents. That’s exactly what we’re doing right now — and around the globe, it is making a difference.
Kommentatoren sehen in der diesjährigen SOTU den gelungenen Versuch, dem Kongress und der amerikanischen Öffentlichkeit zu zeigen, dass Obama seine verbliebenen zwei Jahre im Amt keineswegs als „lame duck“ zu verbringen gedenke. Er zeigte sich kämpferisch und energetisch wie zu seinen besten Zeiten. Im Bereich der Außenpolitik machte er etwa deutlich, dass er jegliche Versuche des Kongresses, neue Sanktionen gegen Iran zu verhängen, mit einem präsidentiellen Veto verhindern wird – und stellt sich damit auch gegen viele Senatoren und Abgeordnete seiner eigenen Partei:
Auch beim Thema Klimawandel sagte er dem neuen Kongress den Kampf an, allen voran Senator Jim Inhofe (R-OK), ausgesprochener Verneiner des menschengemachten Klimawandels („God’s still up there. The arrogance of people to think that we, human beings, would be able to change what He is doing in the climate is to me outrageous.”) und seit kurzem Vorsitzender des Umweltausschusses. Inhofe schwor, dass er alles in seiner (zugegeben großen) Macht tun werde, um jegliche Klima-Gesetzgebung zu verhindern. Obama widmete dem Thema daher relativ viel Zeit – und spielte zudem die Karte „nationale Sicherheit“ (die er dieses Jahr, anders als zuvor, nur zwei Mal zog):
I’ve heard some folks try to dodge the evidence by saying they’re not scientists; that we don’t have enough information to act. Well, I’m not a scientist, either. But you know what — I know a lot of really good scientists at NASA, and NOAA, and at our major universities. The best scientists in the world are all telling us that our activities are changing the climate, and if we do not act forcefully, we’ll continue to see rising oceans, longer, hotter heat waves, dangerous droughts and floods, and massive disruptions that can trigger greater migration, conflict, and hunger around the globe. The Pentagon says that climate change poses immediate risks to our national security. We should act like it.
That’s why, over the past six years, we’ve done more than ever before to combat climate change, from the way we produce energy, to the way we use it. That’s why we’ve set aside more public lands and waters than any administration in history. And that’s why I will not let this Congress endanger the health of our children by turning back the clock on our efforts. I am determined to make sure American leadership drives international action. In Beijing, we made an historic announcement — the United States will double the pace at which we cut carbon pollution, and China committed, for the first time, to limiting their emissions. And because the world’s two largest economies came together, other nations are now stepping up, and offering hope that, this year, the world will finally reach an agreement to protect the one planet we’ve got.
Schließlich griff er mit Guantanamo ein Thema auf, das sich durch seine gesamte Amtszeit zieht („Now it’s time to finish the job“). Als Amerikaner habe man eine profunde Verpflichtung gegenüber Gerechtigkeit und daher werde er auch weiter dafür kämpfen, das Gefängnis zu schließen, das die Welt verdammt und Terroristen rekrutieren hilft. In dem Zusammenhang fiel noch auf, dass al Qaida zum ersten Mal seit 2001(!)keine Erwähnung in der SOTU fand. Ob ihm dies wohl als weiteres Zeichen der Schwäche ausgelegt werden wird?
Update 22.01.2015: John Bolton, republikanischer Hardliner und von George W. Bush 2005 zum UN-Botschafter berufen, war gestern Abend bei Fox, um zu verkünden: