Wahlen ohne Wandel?
von Kai Striebinger
Gegenüber dem Land mit der größten Volkswirtschaft in Afrika – Nigeria – bekommt Togo nur wenig internationale Aufmerksamkeit. Die Präsidentschaftswahlen am kommenden Samstag können jedoch auch überregionale Konsequenzen haben. Entweder wird der von Nigeria bestärkte Weg demokratischen Wandels fortgesetzt oder aber es kommt zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit möglicherweise überregionalen Konsequenzen.
In Togo sind die nationalen Wahlinstitutionen nicht so gefestigt wie in Nigeria. Während der dortige Kommissionsleiter Jega großes Ansehen genießt und die Wahl allgemeinen Beurteilungen zufolge ohne größere Manipulationen abgelaufen ist, bestreiten in Togo die Oppositionsparteien die Genauigkeit des Wahlregisters. Auch ein zweiwöchiger von der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft sanktionierter Aufschub und eine Prüfung durch die Organisation der Frankophonie haben diese Bedenken nicht zerstreuen können. Die Oppositionsparteien haben durchaus Anlass skeptisch zu sein. Bei früheren Wahlen in den Jahren 2005 und 2010 gab es zum Teil massive Fälschungen zugunsten des jetzigen Amtsinhabers, Faure Gnassingbé. Es ist unklar, warum es bei diesem Durchgang anders sein sollte.
Ein weiterer Faktor, der zu einer heiklen Lage in Togo beiträgt, ist das Militär, das unter Umständen bei einem vermeintlichen Wahlsieg des Amtsinhabers Proteste niederschlagen würde. Seit der Unabhängigkeit ist das togoische Militär ein politisches Instrument der Regierung. Seit der durchs Militär ermöglichten Machtübergabe von Gnassingbé Eyadéma an seinen Sohn Faure Gnassingbé und anschließender gewalttätiger Wahlmanipulation im Jahr 2005 hat sich daran grundlegend nicht viel geändert. Die Rekrutierung der Soldat_innen wird nur langsam auf eine breitere ethnische Basis gestellt; die Führungsstrukturen bleiben in regierungsnahen Händen; die Ausbildung der Polizist_innen ist weiterhin in militärische Strukturen integriert. Wenn es Spitz auf Knopf kommt, dann würden die Sicherheitsorgane wahrscheinlich auf Seiten der Regierung kämpfen.
Die Chancen für einen Machtwechsel hängen jedoch auch von den Oppositionsparteien ab. Im Jahr 2005, aber auch in den letzten Wahlen, hat es die Opposition nicht vermocht, eine gemeinsame Strategie zu verfolgen. 2015 scheint es kaum anders zu sein. Das Collectif Sauvons le Togo und die Arc-en-Ciel-Koalition haben sich zur Gruppierung Combat pour l’Alternance Politique (CAP 2015) vereinigt und auf einen gemeinsamen Präsidentschatskandidaten, Jean-Pierre Fabre, geeinigt. Dennoch gibt es andere Kandidaten, die eher Wähler_innen aus dem Oppositionslager ansprechen als gemeinsam gegen den Amtsinhaber zu argumentieren. Das kann dazu führen, dass es keinen zweiten Wahlgang geben wird da kein Oppositionskandidat die nötige Anzahl Stimmen auf sich vereinigen kann.
Doch selbst wenn es zu einem Regierungswechsel kommen sollte ist unklar inwiefern sich substantielle Politiken ändern werden. Ein umfangreiches Programm mit konkreten Maßnahmen hat CAP 2015 bisher nicht vorgelegt. Der politische Diskurs ist davon dominiert, wer und wie unter welchen Umständen die Macht erlangt.
Die Machtversessenheit der Familie Gnassingbés, die Togo seit der Unabhängigkeit regiert und die Zerstrittenheit der Opposition schlagen sich in geringer Zufriedenheit der Bevölkerung mit dem politischen System insgesamt nieder. Sollte es zu einer Machtkonsolidierung von Faure Gnassingbé kommen, werden Rufe in der Zivilgesellschaft für einen echten Wandel – den Wahlen anscheinend nicht bringen können – lauter werden. Die „Groupe de Réfléxion et d'Actionpour le Dialogue, la Démocratie et le Développement“ (GRAD Togo) hat, zum Beispiel, einen Vorschlag erarbeitet wie ein gesellschaftlicher Konsens über die institutionellen Grundlagen des politischen System entstehen könnte. Es sollte eine verfassungsgebende Nationalversammlung einberufen werden, die aus überparteilichen Vertreter_innen aller gesellschaftlichen Gruppen besteht und eine neue Verfassung erarbeitet. Ein so legitimiertes Grundgesetz, so die Hoffnung, würde einen Bruch mit den alten Strukturen erzeugen und einen Aufbruch zur Lösung der politischen, ökonomischen und sozialen Herausforderungen ermöglichen. Die Chancen, dass das momentane System einen Wahlausgang produziert, der von allen als legitim angesehen wird, erscheinen hingegen eher gering.
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