Amerikanische Strategie gegen gewaltbereiten Extremismus veröffentlicht

von Daniel H. Heinke

Das Außenministerium der Vereinigten Staaten von Amerika und die amerikanische staatliche Behörde für Entwicklungszusammenarbeit USAID haben gerade ihre Gemeinsame Strategie gegen gewaltbereiten Extremismus (Joint Strategy on Countering Violent Extremism) vorgestellt. Nachstehend sollen die wesentlichen Inhalte kurz skizziert werden.

Die Vereinigten Staaten haben die Ausbreitung von gewaltbereitem Extremismus (bis hin zum Terrorismus) als erhebliche Herausforderung für die amerikanische nationale Sicherheit identifiziert. Sie machen dabei deutlich, dass diese Thematik nicht nur unter dem Gesichtspunkt einer physischen Bedrohung des Territoriums der Vereinigten Staaten oder von amerikanischen Staatsbürgern oder Einrichtungen im Ausland wahrgenommen wird, sondern global als Bedrohung der internationalen Stabilität und Entwicklung betrachtet wird. Die Gemeinsame Strategie gegen gewaltbereiten Extremismus geht mit diesem Ansatz deutlich über die bestehenden (oder noch zu entwickelnden) nationalen Strategien gegen Extremismus in zahlreichen westlichen Staaten hinaus, die unbeschadet internationaler Kooperation überwiegend national ausgerichtet sind.

Dem klassischen amerikanischen Aufbau entsprechend definiert die Gemeinsame Strategie zunächst das angestrebte Ergebnis der Strategie: Zum einen sollen gewaltbereite extremistische Gruppierungen und Einzelpersonen, die sich gegen amerikanische Bürger, Verbündete oder Interessen richten, nicht mehr in der Lage sein, neue Unterstützer in bestimmten Gemeinschaften zu werben, zum anderen sollen Regierungen, inter- und supranationale Organisationen und Gemeinschaften die gemeinsame Befähigung erworben haben, die (gewaltorientierte) Radikalisierung von Einzelpersonen und Gruppen zu verhindern oder ihr zumindest wirksam zu begegnen.

Hierzu definiert die Gemeinsame Strategie fünf strategische Ziele:

  1. Die Förderung des internationalen politischen Willens, von Partnerschaften und Sachkunde, um die Auslöser und Triebfedern von gewaltbereitem Extremismus besser zu verstehen und hierdurch effektive Gegenmaßnahmen entwickeln zu können.
  2. Die Unterstützung anderer Regierungen effektivere Maßnahmen zu entwickeln, um die Ausbreitung von gewaltbereitem Extremismus zu verhindern oder ihr zumindest wirksam zu begegnen. Dabei wird ausdrücklich auch angesprochen, gegebenenfalls bisher eingesetzte kontraproduktive Maßnahmen aufgeben zu müssen.
  3. Den Einsatz von Entwicklungszusammenarbeit, um bestimmte politische oder soziale oder wirtschaftliche Faktoren zu reduzieren, die bislang in eingrenzbaren Bereichen zu einer verbreiteten Unterstützung von gewaltbereitem Extremismus beitragen oder bestimmte Bevölkerungsteile einem erheblich erhöhten Risiko der Zuwendung zu gewaltbereitem Extremismus aussetzen.
  4. Die Unterstützung und Verstärkung glaubwürdiger lokaler Akteure, die die interne Bewertung von extremistischen Gruppierungen und ihrer Ideologie innerhalb bestimmter demographischer Bereiche beeinflussen können.
  5. Die Stärkung der Fähigkeit von Regierungen und nicht-staatlichen Akteure, individualbezogen auf Personen zu reagieren, um einen möglichen Radikalisierungsprozess zu verhindern, zu unterbrechen oder diese Personen erfolgreich zu de-radikalisieren.

Als Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele werden folgende Handlungsfelder identifiziert:

  1. Die Intensivierung der diplomatischen Anstrengungen gegen gewaltbereiten Extremismus (einschließlich bilateraler [staatlicher] diplomatischer Bemühungen, der Stärkung sowohl multilateraler als auch regionaler Initiativen, personenbezogene Maßnahmen und Öffentlichkeitsarbeit).
  2. Die Entwicklung einer effektiveren strategischen Kommunikation (CVE Strategic Communications).
  3. Die Förderung von Rechtsstaatlichkeit und Entwicklungsprogrammen, um hierdurch bestimmte Triebfedern für gewaltbereiten Extremismus zu adressieren. Teilaspekte dieses Handlungsbereiches sind insbesondere das System der Strafverfolgung (mit den Einzelfeldern Polizei, Strafjustiz und Strafvollstreckung) sowie die Entwicklung und der Aufbau bzw. die Stärkung der Zivilgesellschaft (mit den Einzelfeldern kommunale Strukturen und Widerstandsfähigkeit gegen Extremismus, Bildung und Erziehung, Sozialsysteme, Zivilgesellschaft, Jugendarbeit und Genderaspekte).
  4. Die Unterstützung von Bildung und Forschung.
  5. Die Stärkung der Bedeutung von Maßnahmen gegen gewaltbereiten Extremismus als Teil der amerikanischen Außenpolitik.

Zur Priorisierung der beabsichtigten Maßnahmen beabsichtigt die amerikanische Regierung insbesondere die Faktoren des Ausmaßes der Bedrohung amerikanischer Interessen, das Risiko der Ausbreitung von gewaltbereitem Extremismus, der politische Wille internationaler Partner sowie die Erfolgswahrscheinlichkeit der Maßnahmen heranzuziehen; die konkreten Programme sollen nach noch zu entwickelnden Kriterien evaluiert werden.

Die Gemeinsame Strategie ist unter folgendem Link abrufbar: http://www.state.gov/documents/organization/257913.pdf

Dr. Daniel HeinkeProf. Dr. Daniel H. Heinke ist Mitglied des Instituts für Polizei- und Sicherheitsforschung (IPoS) der HfÖV Bremen und Associate Fellow des International Centre for the Study of Radicalisation and Political Violence (ICSR), King’s College London. Im Hauptberuf leitet er den Planungsstab beim Senator für Inneres, Bremen.

Der Beitrag repräsentiert nicht notwendigerweise den Standpunkt oder die Bewertung der Freien Hansestadt Bremen.

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