Filme

Georges Franju, Le grand Méliès, F 1952, S/W, 31 Min.

Michael Baute: „LE GRAND MÉLIÈS ist ein kleiner nostalgischer Film, eine melancholische Hommage. Die Anfangssequenz zeigt die Witwe von Georges Méliès, Madame Georges Méliès, erst von außen, dann von innen an einem Fenster eines freistehenden Hauses aus dem ersten Stock hinaus blickend auf einen Park, wo es regnet und herbstlich neblig ist. Ein Kind war auf einem Steg über einen Bach dort draußen gehuscht; eine Erscheinung. Ein Blick auf die vorbeigehuschte Jugend, getragen von schwermütiger Musik, und im Gegenschuss dreht Madame Georges Méliès sich um zum Klavier, an dem, ihr und der Kamera den Rücken zugekehrt, ein Mann einen kleinen Walzer spielt. Der Mann am Klavier, das sei Georges Méliès… aber…, nur fast…, sagt der Off-Kommentar: Es ist der echte Sohn, der den toten Vater für diesen Film und den Gegenschussblick der echten Witwe darstellt. Georges Franju, der die Cinématheque Française mitgründete und tolle Filme in vielen Genres machte, hat diesen Film 1952 inszeniert. »Orly Herbst 1937« sagt der Eingangstitel. Ein Jahr vor Méliès‘ Tod.

Die Art, in der die folgenden Epsioden zur Kunst- und Künstlererzählung verklammert werden, ist bisweilen den Verfahren der Filme von Méliès entlehnt. Wenn zwei Jungs 1928 in der Bahnhofsstation von Montparnasse vom vergessenen Méliés verzaubert, die Treppenstufen durch Filmtrick rückwärts herauflaufen. Wenn am Ende des Schwenks fort vom klavierspielenden Sohn das Interieur der Wohnung der Witwe gezeigt wird – Kissen, Stühle, Objekte, überladene Möbel des 19. Jahrhunderts –… allesamt verschwinden sie nach Überblendungen und übrig bleiben kaum mehr die Umrisse der Wandbilder, die sich als verblichene Spur abzeichnen auf den Tapeten.“ [Link]

Eric Rohmer, Aller au Cinéma: Louis Lumière, F 1968, S/W, 65 Min.

Ein Dialog zwischen Henri Langlois und Jean Renoir, begleitet von Filmausschnitten der Gebrüder Lumière.

Index der Filme: Rom, Hochzeitszug anlässlich der Hochzeit des Prinzen von Neapel / Boules-Wettbewerb / Eine Partie Boules / Bad im Meer / Dusche nach dem Bad / Sackhüpfen / London: Männer tanzen auf der Straße / London: Straßentänzerin / Mexico: spanische Nacht auf der Straße / Das kleine Mädchen mit der Katze / L’Arroseur arrosé / Liverpool, Church Street / Turin, Die Herzogin von Aoste besucht die Ausstellung 1899 / Le Pont-Neuf / Champs-Elysées / Die Zugeinfahrt / Teich bei den Tuilerien / Rücker von einem Bootsausfug auf dem Meer / Mailand, Domplatz / Abreise mit dem Wagen / Tischler / Ackerbau / Verlassen eines Schiffes / Einzug einer Hochzeitsgesellschaft in die Kirche / New York, Broadway und Wall Street / Der große Preis von Paris (1899) / Dresden: August-Brücke / London: Westminster-Palast / Moskau: Twerskaja-Straße / „Begossene“ Kartenspieler / Der falsche Kumpel / Kampf zwischen Frauen / Kindermädchen und Soldat / Venedig: Panorama des Canale Grande, von einem Schiff aus gesehen / Panorama de l’arrivée à Aix-les-Bains pris du train / Tunnelfahrt / Liverpool: Panoramaaufnahme aus einer elektrischen Eisenbahn / Behälter mit Goldfischen / Hufschmied / Entladung eines Schiffes / Venedig: Tauben auf dem Marktplatz / Transport eines kleinen Tunnels mithilfe eines Gespannes von 60 Pferden / Gespann zum Lastentransport.

Index: Oskar Schröder

Vgl. Michael Baute, »Aller au cinéma – Louis Lumière«. Zu Rohmers Lumièrefilm, [→Link]

Werner Nekes, Media Magica I: Was geschah wirklich zwischen den Bildern?, BRD 1985, Farbe, 35mm, 80 Min.

Anamorphotische Verzerrungen, 6:30: Zylinder-Anamorphose, 7:00: Schattentheater, 9:40: Scherenschnitt, 10:20: Laterna Magica, 14:00: Loch-Grafik, 20:80: Litophanie, 22:00: Mystery Painting, Magic Copy Paper, 24:50: Scotophorus (Phosphor-Bilder), 27:80: Grafoskop (Vergrößerungsgerät für Fotografien), 28:10: Stanhopes (Mikrofotografien), 28:00: Guckkästen, 29:00: Polyorama Panoptique, 33:20: Rollenpanorama, 34:00: Diaprojektor, 35:30: Perspektivtheater, 38:00: Peep-Egg, 41:00: Pop-Up-Bücher, 43:90: Reliefprägung; 42:10: Lochkarte, 43:00: Hohlspiegel, 43:30: Stereoskop, 43:40…

Index: Oskar Schröder

Werner Nekes, Media Magica II: Durchsehekunst, D 1996/2004, Farbe, 35mm, 53 Min.

Camera Obscura, Ochsenauge, Sonnenmikroskop, Camera Lucida, Lorrain-Spiegel Prisma, Guckkasten, Laterna Magica, Sokraskop, Längen- und Kegelanamorphose, Perspektiv-Ei, Lithophanien, Schattenspiel, Zauberspiegel, Silhouettierstuhl, Bewegliche Bilderbücher; Personen/Erfinder, Pioniere: Porta, Giambattista; Kepler, Johannes; Zahn, Johannis

Index: Lilly Lüders

Werner Nekes, Media Magica III: Belebte Bilder, D 1996/2004, Farbe, 35mm, 53 Min.

Laterna Magica, Cinematograph, Laterna Magica mit bewegten Bildern, Nebelbilderlaterne, Laterna Magica mit Wassetank, Ellbogen-Polariskop, Nicol Prisma mit polarisiertem Licht, Klapp- und Drehmechanismen in Büchern, Papieranimation, Objektanimation, Sandautomat, Äquilibrist, Federwerkanimation, Phenakistiskop, Wundertrommel, Belebtes Papierbild, Bilderbuch & Postkarte, Sandanimation, Kaleidoskopeffekte mittels Drehscheibe, Hebelanimation, Guckkasten (mit Spiegelanimation/ mit Beleuchtung), Camera Obscura, Panorama (in Büchern/ zum Kurbeln/ elektrisch); Personen/Erfinder, Pioniere: Pieter van Musschenbroek, Lothar Meggendorfer

Index: Claire Meyer

Werner Nekes, Media Magica IV: Vieltausendschau, D 1996/2004, Farbe, 35mm, 53 Min.

0:00: Kaleidoskop, 1:44: Aufklappbilder: medizinische Abhandlungen,  5:55: Hochzeitskalender, 6:40: Harlekinaden, 12:00: Maskenbilder, 12:56: Auflegebilder 14:55: Metamorphosentheater, 17:45: Wechselbilder, 21:05: Ausschneidebilder, 23:21: Bilderdomino, 25:02: Drehbild, 26:39: Leporello, 27:18: Transparentbilder, 29:56: Poliorama, 31:51: Megalitoskop, 32:49: Verwandlungsbilder, 35:04: Lochbildmontage, 37:14: Vexierbilderbuch, 38:34: Horizontalmontagen mit Jalousieeffekt in einem Ziehbild, 42:39: Fore-edge-painting, 46:36: Myriorama

Index: Tiana Herz

Werner Nekes, Media Magica V: Bild-Raum, D 1996/2004, Farbe, 35mm, 53 Min.

Vexierbilder (Wendeköpfe, Jalousiebild, Klapp-Vexierbilderbuch, bewegliche Vexiertafel (ca. 1810), Reklame-Vexierkarten (USA, 1890), Drehvexierköpfe, Englische Klapp-Vexierbilder (ca. 1860), Erotik-Klappkarten, Vexierobjekte auf Porzellan, Vexierpostkarten), Rebus, Bilderrätsel, Bilderreim, Perspektivtheater (Martin Engelbrecht, Augsburg, Deutschland, 1720), Optisches Prisma / Obelisk (ca. 1740, verschiedene europäische Länder), Tiefenrelief (Frankreich, ca. 1900), Falt-Diorama (ca. 1800), Pop-Up Bücher (ab 1818), Stereoskop (Brewster), Entdeckung der Lichtempfindlichkeit von Silbersalzen (Johann Heinrich Schulze), Laterna Magica (Leonard Euler), Farbfotografie, Autochrome (Gebrüder Lumière)

Index: Kobe Linder

Werner Nekes, Media Magica VI: Wundertrommel, D 1996/200f, Farbe, 35mm, 53 Min.

0:00: Wunderscheibe, Lebensrad; Zaubertrommel, Tätigkeitsseher (Praxinoskop), Veränderungsseher, Lichtschreibung des Augenblicks, Bewegungsschreiber, Lebensseher, 00:35: Taumatrop, Phenakistiskop, Zoetrop, Praxinoskop, Fotografie; Mutoskop; Kinematograph, Bioskop, 1:28: Nachbildwirkung (Persistenz des Sehens), stroboskopischer Effekt, 03:46: Kaleidoskopischer Farbkreis (Farbverschmelzungsphänomen), 4:40: Persistenzscheibe, 5:38: Bildtafeln zum Nachbildeffekt, 7:30: Wunderscheibe/ Thaumatrop, 8:53: Zahnradscheiben & Wunderscheibe (Phenakistiskop/ Kreisdrehseher/ optische Zauberscheiben/ Phantaskop), 12:36: Wundertrommel (Zoetrop), 17:39: Laterna Magica, 18:20: Choreutoskop, 18:45: Projektionsphenakistiskop/ Lebensrad, 20:14: Malteserkreuz/ Flügelblende, 20:35: Praxinoskop (Émile Reynaud), 22:06: Kinematofor, 23:34: Mechanik des Gesichtsausdrucks (Duchenne de Boulogne), 26:10: Zoopraxiskop, Momentfotografie (Bewegung Pferd), 27:40: fotografisches Gewehr, 27:55: Chronofotografie, 28:16: Tachyskop, 29:26: Kinematograf (Gebrüder Lumière), 31:33: Kinora mit Filmbeispielen (Gebrüder Lumière), 33:06: Reihenbilder und lebende Fotografien, 34:00: Spielzeugkinematograf, 36:02: Abblätterfilme (Trickfilme), 36:10: Mutoskop, Veränderungsseher (Herman Casler), Kinetoskop (Thomas Alva Edison), 37:40: Kinora (zahlreiche Filmbeispiele, Sportfilme, Lehrfilme), 46:10: Muschel-Mutoskop (Exotic Dance), 47:09: Projektoren für das Kinderzimmer, 47:19: NIC, ein Zwei- Phasen-Papierfilmprojektor mit Schallplatte, 48:47: 35mm-Tropenkamera (Ernemann), 49:30: Hinter den Kulissen des Kinematographen (Filmszenen für Liebigs Fleisch-Extrakt), 50:10: frühe Filmprojektoren, Prinzip der Flügelblende

Index: Kim Pietrzak

Martina Müller, Cinématographe Lumière – Kino vor 100 Jahren, (WDR, 7 Sendungen) D 1995

Stefan Pethke: „Die einzelnen Teile von CINÉMATOGRAPHE LUMIÈRE sind jeweils um die 10 Minuten lang und wurden zwischen dem 20. März und dem 3. April 1995 erstmals ausgestrahlt, im Dritten Programm des WDR (der sich seinerzeit Westdeutsches Fernsehen nannte). Zusammen genommen versammeln sie knapp 70 Lumière-»Ansichten«, viele von ihnen annähernd in Originallänge (ca. 50 Sekunden). Diese Ansichten finden sich flankiert von zahlreichen Bildquellen des zu Ende gehenden 19. Jahrhunderts, von Gemälden und Stichen, von Plakaten und Zeitungstiteln, von Buchillustrationen und natürlich immer wieder von Photographien. Damit sind sie eingebettet in den größeren Zusammenhang einer zeitgenössischen Bildproduktion, der auch die frühe Kinematographie als eine Hervorbringung des neuen Zeitalters markiert. Sie wird Merkmal einer elektrifizierten Massenkultur, der die ihr vorangegangenen sozio-ökonomischen Entwicklungen und technischen Erfindungen die Bahn ebneten.“ Stefan Pethke, »Cinématographe Lumière – Kino vor 100 Jahren«. Kino-Geburtstag im Fernsehen, [→Link]

Vgl. auch Hartmut Bitomsky, Das Goldene Zeitalter der Kinematographie (drei Teile, 1976) und  Kultur-Revue (vier Teile, 1979)

Wim Wenders, Die Gebrüder Skladanowsky, D 1996, 80 Min

„Der Film wurde hauptsächlich auf einer alten Handkurbel-Kamera aus den 1920er Jahren gedreht, als Stummfilm in bester Slapstick-Manier.“

https://wimwendersstiftung.de/film/die-gebrueder-skladanowsky/

Alain Bergala, Le cinéma, une histoire de plans, [ATTELAGE D’UN CAMION, LA PETITE FILLE ET SON CHAT, LE FAUX CUL-DE-JATTE] (F 1998)

Stefanie Schlüter: „Mit seiner Auswahl verzichtet Bergala auf die wohl bekanntesten Lumière-Filme, etwa L’ARRIVÉE D’UN TRAIN À LA CIOTAT (1895) oder SORTIE D’USINE (1895), auf die sowohl in Filmvermittelnden Filmen wie in Avantgardefilmen besonders häufig rekurriert wird. Gleichwohl bildet Bergalas Auswahl im verkleinerten Maßstab einen repräsentativen Querschnitt durch den Kosmos der Brüder Lumière mit ihren typischen Sujets und ihren kinematographischen Gestaltungsmöglichkeiten ab. ATTELAGE D’UN CAMION und LE FAUX CUL-DE-JATTE zeigen eines der beliebtesten Sujets aus Lumière-Filmen: Straßenaufnahmen. LE FAUX CUL-DE-JATTE bringt noch einen weiteren Aspekt vieler Lumière-Produktionen ins Spiel: die Inszenierung. LA PETITE FILLE ET SON CHAT gehört wiederum den Lumière-typischen Aufnahmen des privaten Lebens an.“ Stefanie Schlüter, Die Brüder Lumière, der Kinematograph und die Einstellung, [→Link]