Glossar

Action Still – Blow-up – Fanzines – Femme fatale – Foto-Film – Frame – Freeze Frame – Ikone – Kader – Kadervergrößerung – Kinestasis – Metabild – Photogramm – Produktionsfoto (production still) – Publicity still – Retusche – Screenshot – Standbild (Film-Still) – Star – Typage (Eisenstein) – Type (Cavell) – Typofoto

Action Still

Action Stills bezeichnen Momentaufnahmen eines Filmes, die direkt vom Bildkader abfotografiert oder kopiert werden. Im Gegensatz zu film-stills sind hier also nicht nachträglich am Set entstandene Aufnahmen von nachgestellten Szenen gemeint, sondern Bilder, die aus dem Filmmaterial selbst hergestellt wurden. Wie film-stills werden sie zur Werbung und Bekanntmachung verwendet. Teilweise wird hier kaum eine Unterscheidung zwischen den beiden Gattungen gemacht.

Darüber hinaus werden sie zur Analyse von Einstellungsfolgen im Rahmen kunst- und filmwissenschaftlicher Texte herangezogen. Im Zuge des zunehmenden Einsatzes von digitalen Werkzeugen für die Filmanalyse wird hierfür zumeist auf Screenshots zurückgegriffen.

Quellen: Wullf, Hans Jürgen, „Action still”, in: Lexikon der Filmbegriffe; vgl. auch die gleichnamige Ausstellung, die 1966 im Museum of Modern Art, New York, präsentiert wurde. URL: https://www.moma.org/calendar/exhibitions/2583?#installation-images 

Text: Mariel Schwindt

Blow-up

Der Begriff blow-up bezieht sich auch auf den fotografischen Prozess der Vergrößerung. Michelangelo Antonionis Film Blow-Up (1966) demonstriert das Verfahren. Der Protagonist des Films vergrößert eine seiner Fotografien bis zu dem Punkt, an dem nur noch abstrakte Muster zu erkennen sind. Wenn das vergrößerte Bild die Grenze seiner Auflösung erreicht, kann er nicht mehr sicher sein, was er fotografiert hat.

In der Filmtechnik bezeichnet der Begriff den Wechsel des Filmformats. So wurden 16mm-Filme für die Vorführung oft auf 35mm-Material übertragen. Der vergrößerte Film hat ein deutlich körnigeres Aussehen, was eine ganz eigenständige Bildästhetik zur Folge haben kann. Die Verkleinerung des Trägerformats wird als blow-down (reduction print) bezeichnet.

Quellen: zu Hüningen, James, „blow-up“, in: Lexikon der Filmbegriffe.

Text: Hanwen Zhang

Fanzines

„All diese Fans … richten ihr Leben buchstäblich nach ihnen (den Fan-Magazinen). Sie imitieren nicht nur Frisur und Kleidung, Kochen und Verhalten ihrer Lieblinge; die meisten von ihnen gründen auch ihr ganzes Denken auf den Aussagen der Stars, wie sie ihnen von rührseligen Schreibern übermittelt werden …”.[1]

Fanzines oder Zines sind autonom publizierte Kommunikationsmedien, in den meisten Fällen Printmedien in kleinen Auflagen von einigen hundert bis tausend Exemplaren, die innerhalb einer Szene zirkulieren und szene-spezifische Themen aufgreifen. Formal und inhaltlich bedienen sich Zinester (Zinemacher:innen) der Technik der Bricolage. [2]

Der Begriff Fanzines wurde in den 1940er Jahren geprägt und leitet sich von den, in der amerikanischen Science Fiction Szene seit 1930 publizierten fan-magazines (fan-zines) ab. In den ersten Sci-Fi Fanzines, wie zum Beispiel The Comet oder The Time Traveller, tauschten Fans Neuigkeiten aus, verfassten selbst Geschichten, schrieben über das Fan-sein und vernetzten sich untereinander. Von den Zines der Beat Generation, über Fluxus und die Situationistische Internationale, wurden Zines in den 60er Jahren zunehmend zur Ausbildung einer politischen und medialen Gegenöffentlichkeit genutzt. Spätestens mit den Punk Zines der 70er Jahre waren sie fester Bestandteil eines gegenkulturellen Narrativs.

Das Kino wurde bereits früh von der Kultur der Fan-Magazine erfasst. Allein die Zahl amerikanischer Zeitschriften war immens: Photoplay, Motion Picture, Screenland, Shadowland, Movie Digest, Movie Mirror, Motion Picture Classic, Silver Screen, Movie Classic, New Movie

[1] Zit. n. Annemarie Hürlimann, Madame Bovarys Sprösslinge. Hollywoods Fan-Magazine, in: dies. und Alois Martin Müller (Hg.), Film Stills. Emotions Made in Hollywood, Ausst.Kat. (Museum für Gestaltung Zürich), Stuttgart 1993, S. 39-42, hier S. 41.

[2] Schmidt, Christian, Wie Zeitschriften, nur anders! Fanzines als Medien der Bricolage, in: JuBri-Forschungsverbund Techniken jugendlicher Bricolage (Hg.), Szenen, Artefakte und Inszenierungen, Wiesbaden 2018, S. 33-60.

Text: Elena Körner

Femme fatale

Der Begriff Femme fatale (frz.: Femme „Frau“ + fatal, –e „unheilvoll“, „verhängnisvoll“) beschreibt eine weibliche, attraktiv, charmant und verführerisch codierte Filmfigur (vgl.: Vamp), die meist über einen (teils kaschierten) Intellekt verfügt und die sexuelle Initiative ergreift- Sie versteht es, mit den Mitteln der Verführung und Manipulation, Männer an sich zu binden, um dadurch ihren Einfluss und ihre Unabhängigkeit zu stärken – oft mit ‚fatalem‘ Ausgang für die ihr ‚erlegenen‘ Männer. Die Figur besitzt ein erotisiertes, verführerisches Auftreten und strahlt zugleich Rätselhaftigkeit, Unberechenbarkeit und Einsamkeit aus. Damit setzt sie sich über die geltenden Normen des Weiblichen hinweg.

Das Motiv der ‚dämonischen Verführerin‘ ist auch in der Literatur bekannt und wurde bereits von frühen Filmbeispielen aufgegriffen: Theda Bara in: The Devil’s Daughter (F. Powell, 1915), Greta Garbo in: The Temptress (F. Niblo/ M. Stiller, 1926); Louise Brooks in: Die Büchse der Pandora (G. W. Pabst, 1929), Margaret Livingston in: Sunrise (F.W. Murnau, 1927). Insbesondere im Genre des Film noir erfuhr die Figur der Femme fatale eine verstärkte Rezeption. Vgl. Rita Hayworth in: Gilda (K. Vidor, 1946).

Literatur: Henk van Os (Hg.), Femmes fatales, 1860–1910, Ausst.Kat (Groninger Museum u.a.), Groningen 2003. Ludger Kaczmarek, „femme fatale“, in: Lexikon der Filmbegriffe; vgl. Julia Frick, Narration und Ästhetik des Film Noir unter besonderer Berücksichtigung der Inszenierung von Sex und Gender (1940–1960), Wien 2012.

Text: Lucia Sussner

Foto-Film

Eine filmische und experimentelle Annäherung an ein Thema, die mit theoretischem Anspruch aus oftmals betont subjektiver Perspektive argumentiert. Sie verfügt in vielerlei Hinsicht über einen dokumentarischen Charakter, verpflichtet sich jedoch keinem entschiedenen Verzicht auf Fiktionalität.

Der Foto-Film unterscheidet sich dadurch von anderen Formaten des filmischen Essays, dass er ausschließlich oder hauptsächlich auf Grundlage von Fotografien entsteht. Die Arten der Fotografie können von analogem Material bis hin zu etwa digitalen Screenshots reichen. Als solche experimentelle Schwellenform zwischen Film und Fotografie, die vorsätzlich die „Kontinuität der filmischen Bewegung“[1] durchbricht, untersucht er die Beziehung zwischen Sprache, Bild und Ton. Hámoz, Pratschke und Tode verstehen ihn in ihrem umfassenden Band als eine Reflexion „über die Beschaffenheit des Kinematografischen.“[2]

Werkbeispiele: Chris Marker, La Jetée (1962)

[1]  Praetorius, Charlotte, Found Foto-Film. Aneignungen analoger Fotografie im zeitgenössischen Essay- und Dokumentarfilm, Marburg 2022, S. 9.

[2] Gusztáv Hámoz, Katja Pratschke und Thomas Tode (Hg.), Viva Fotofilm: bewegt/unbewegt, Marburg 2010, S. 9.

Text: Pauline Scholz

Fotogramm

s. Photogramme

Frame

Das menschliche Auge nimmt Filme und Videos als kontinuierliche Bewegung wahr. Tatsächlich bestehen (analoge) Filme sie aus einer Reihe von Film-Frames (Einzelbild, Phasenbild oder Kader), die einzeln auf einem Filmstreifen belichtet wurden.

Die Frame-Rate (FPS) gibt an, wie viele Bilder pro Sekunde angezeigt werden. Standardmäßig nutzen Kinofilme oder auch Smartphones eine Framerate von 24 Frames pro Sekunde. Der Standard im Fernsehen verwendet 30 fps (NTSC) bzw. 25 fps (PAL und SECAM).


Quellen: zu Hüningen, James: „Frame”, in: Lexikon der Filmbegriffe.

Text: Kim Verheijden 

Freeze Frame

Dt. Standkopierung; Stehbild, Stoppbild; frz.: arrêt-sur-image; gelegentlich ins Dt. übersetzt als eingefrorenes Bild.

Der Begriff Freeze Frame bezeichnet eine Unterbrechung des Filmflusses, bei dem eine Bewegungsaufnahme angehalten wird und in eine stillstehende Fotografie übergeht. Das Bild wird sozusagen ‚eingefroren‘. Dahinter steckt die Technik der Standkopierung, im Deutschen auch Stehkader-Verfahren und im Englischen step-printing genannt, bei der ein einzelnes Bild im Kopierwerk mehrmals auf den Filmstreifen kopiert wird.

Freeze Frames werden zu unterschiedlichen Zwecken eingesetzt. Etwa um die Wichtigkeit eines filmischen Moments zu unterstreichen und ihm größeren Ausdruck zu verleihen. Das (plötzlich) angehaltene Bild betont den Gegensatz zur filmischen Bewegung und kann darüber hinaus deutlich machen, dass es einen (versteckten) Beobachter gibt, der das Geschehen mit einer Kamera verfolgt, was oftmals durch das Verschlussgeräusch eines Fotoapparats unterstrichen wird. Freeze Frames können auch zur Visualisierung von Erinnerungen oder früheren (traumatischen) Ereignissen eingesetzt werden.

Beispiele: Menschen am Sonntag (Siodmak/Ulmer, 1929); Les quatre cents coups (François Truffaut, 1959)

Literatur: Hanke, Christine, [unsichtbar, verborgen, geheim]. Zur Reflexivität filmischer Bilder in Michael Hanekes CACHÉ, in: Stefanie Diekmann und Winfried Gerling (Hg.), Freeze Frames. Zum Verhältnis von Fotografie und Film, Bielefeld 2010, S. 130-145; Schaudig, Michael und Max Schleser: „step-printing“, in: Lexikon der Filmbegriffe; Wulff, Hans Jürgen: „Freeze Frame“, in: Lexikon der Filmbegriffe; Wulff, Hans Jürgen: „Standbild“, in: Lexikon der Filmbegriffe.

Text: Shanay Ferrara

Ikone

Abgeleitet aus dem Altgriechischen εἰκών (Bild), bezeichnet die Ikone in der Kunstgeschichte ein Kult- oder Heiligenbild, dessen Bildsprache sich an festgelegten Vorgaben orientiert (Ikonographie) und dadurch für die Allgemeinheit lesbar wird.[1] Dadurch sind Ikonen in der Lage, bestimmte (zumeist religiöse) Inhalte visuell zu vermitteln.[2]

Abseits dieser Definition wird der Begriff der Ikone auch für Bilder und Persönlichkeiten gebraucht, die sich durch massenmediale Verbreitung in das kollektive Bildgedächtnis eingeprägt haben. In einigen Fällen bleibt auch hier ein geradezu religiöser Verehrungskult bestehen, dessen säkulare Verwendung weiterhin danach drängt, sich mit dem Bild und/oder einer Person zu identifizieren, bis hin zu dem Versuch, dieser nachzueifern. Der hohe Bekanntheitsgrad solcher massenmedialer Ikonen kann über lange Zeit hinweg bestehen bleiben. Im Zeitalter von Social Media wird dieser Effekt durch das massenhafte Reproduzieren und Teilen solcher Bilder noch zusätzlich verstärkt.

Ein Beispiel für eine klassische (Film-)Ikone ist Marilyn Monroe. Berühmt geworden ist die von Sam Shaw angefertigte Standfotografie aus The Seven Year Itch (Billy Wilder, 1955), die Monroe über einem Luftschacht der New Yorker U-Bahn zeigt.[3] Ihr Kleid wird dabei von einem Luftstoß aufgewirbelt – eine Szene, die so im Film gar nicht vorkommt.

Text: Marino Salomon

[1] Martian, Nicoleta/ Martian, Sorin, Die Sprache der Ikone. Didaktische und biblische Perspektive, in: Neue Didaktik (2009) 1, S.46-53.

[2] Luge-Winter, Janine, Die Ikone und das Undarstellbare. Ikonentheorien im bildtheoretischen Raum, Bielefeld 2022, S.10.

[3] https://kor-uni-frankfurt-de.proxy.ub.uni-frankfurt.de/#/entities/390913 (10.01.2022).

Kader

Kader (frz.: cadre = Bild, Bildrahmen, auch Bildkader) ist die Bezeichnung für das Einzelbild auf dem Filmstreifen. Es stellt somit die kleinste optische Einheit dar. Ein Filmstreifen besteht somit aus Aufeinanderfolge einzelner Kader (engl. frames).

Der Begriff Bildkader wird oft mit dem Begriff Kadrage verwechselt, welches zum einen das Seitenverhältnis des auf der Leinwand sichtbaren Bildausschnitts, und ästhetisch betrachtet, die Platzierung von Gegenständen und Personen im filmischen Raum bezeichnet.

Quellen: zu Hüningen, James: „Bildkader”, in: Lexikon der Filmbegriffe; https://www.kinofenster.de/lehrmaterial/glossar/cadrage/

Text: Emine Seyma Mengi

Kadervergrößerung

Der Begriff Kadervergrößerung (engl.: frame enlargement) leitet sich vom filmischen Begriff Kader (frz. cadre = Rahmen, Viereck) ab. Die Vergrößerung eines oder mehrerer Kader dient beispielsweise dem Zwecke der Bewerbung (publicity still), Illustration oder Analyse filmischer Arbeiten zur Verwendung in Publikationen. Im französischen Sprachgebrauch wird hierbei zumeist vom photogramm gesprochen. Grundsätzlich ist bei Kadervergrößerungen die Auflösungsqualität des Ausgangsmaterials entscheidend, da nicht nur der Bildinhalt, sondern auch die materielle Beschaffenheit des Bildträgers vergrößert wird. Dies äußert sich dann beispielsweise in der Körnung oder Unschärfe der angefertigten Kadervergrößerung.

Quellen: Kawin, Bruce, Video Frame Enlargements, in: Film Quarterly, 61 (2008), S. 52-57.

Text: Kristina Ernst 

Kinestasis

Der Begriff Kinestasis leitet sich aus dem Griech. kine (Bewegung) und stasis (Stillstand, Bewegungslosigkeit) ab. Damit wird der Einsatz von nicht bewegten Bildern im Film bezeichnet, die dennoch die Illusion von Zeit und Bewegung erzeugen können. Dafür können Fotografien, Zeichnungen, Collagen und auch Serien sogenannter freeze frames verwendet werden. Das gezeigte Objekt wird dem normalen Zeitfluss entnommen und dadurch hervorgehoben. Vor allem in Dokumentar- und Experimentalfilmen lässt sich das Phänomen der Kinestasis beobachten. Eine verbreitete Methode besteht darin, mit der Kamera auf unbewegte Fotografien zuzufahren, um darüber den Effekt einer filmischen Bewegung zu erzielen (vgl. Thomas Heise, Heimat ist ein Raum aus Zeit, 2019).  Einen Film komplett aus stillstehenden Bildern zu erstellen ist jedoch eher selten. Eines der markantesten Beispiel hierfür ist La Jetée (1962) von Chris Marker.

Literatur: Wulff, Hans Jürgen: „Kinestasis“, in: Lexikon der Filmbegriffe.

Text: Gabriela Gietl

Metabild

Der übergeordneten Begriff des film stills lässt sich je nach Funktion in unterschiedliche Unterbegriffe unterteilen.[1] Für film stills werden ausgewählte Filmsequenzen eigens für die Fotokamera reinszeniert, der Wechsel von Filmkamera zur Fotokamera erzeugt optische und ästhetische Veränderungen. Der Prozess der dadurch entstandenen, neuen Rezeption ermöglicht eine inframediale Bezugnahme zwischen Fotografie und Film, die mit dem Begriff Metabild charakterisiert werden könnte. Metabilder erfüllen oft eine eigenständige Funktion, die sich von der Filmvorlage sowie deren Narration lösen und Charakteristika des Films aus einer abstrahierten Perspektive beleuchten kann. Filmhistorisch besteht ein Zusammenhang zwischen der Entstehung von Metabildern und dem Aufkommen eines medien- und selbstreflexiven Bewusstseins, wie im Falle der Filme von Alfred Hitchcock, Michelangelo Antonioni, Ingmar Bergman und Agnès Varda.[2]

[1] Vgl. hierzu die instruktive Differenzierung in Werbebilder, Kunstbilder, Zwischenbilder, Metabilder, Schlüsselbilder und Autorenbilder in: Walter Moser, Film-Stills. Fotografien zwischen Werbung, Kunst und Kino in dem gleichnamigen Ausstellungskatalog der Wiener Albertina, S. 10-30.

[2] Vergleiche hierzu auch die Verwendung des Begriffs im Umfeld kunsthistorischer und bildwissenschaftlicher Theoriebildungen: Victor I. Stoichita, Das selbstbewusste Bild. Vom Ursprung der Metamalerei, München 1998 sowie W. J. T. Mitchell, Bildtheorie, hg. v. Gustav Frank, Frankfurt/M. 2008, S. 172–233.

Text: Anna Bode

Photogramm

Das Photogramm bezeichnet im französischen Sprachgebrauch die Kadervergrößerung aus einem Filmstreifen. Hiervon abweichend meint der Begriff im Umfeld der Fotografiegeschichte ein technisches Verfahren zum Ablichten von Gegenständen, Figuren und Formen, das Verfahrensweisen aufgreift, die vor der Erfindung der Fotografie zum Einsatz kamen. Vgl. die Verwandtschaft zwischen den Cyanotypien Anna Atkins und den Naturselbstdruckverfahren, die seit dem 16. Jahrhundert für wissenschaftliche Zwecke in Gebrauch waren. Fotogramme fanden bereits früh innerhalb der „darstellenden Wissenschaft“ (vgl. Thomas Wedgwood und William Henry Fox Talbot) Verwendung. 

Fotogramme können ohne Kamera entstehen. Benötigt wird lediglich ein lichtempfindliches Papier, ein Gegenstand, der abgebildet werden soll und eine Lichtquelle. Durch die Belichtung findet ein chemischer Prozess statt, bei dem nur der Bereich des Papiers, auf dem der Gegenstand liegt, unbelichtet bleibt, während jene Stellen des Papiers, die dem Licht ausgesetzt worden, sich verfärben. Durchscheinende Gegenstände (z.B. Pflanzenblätter oder Glas) bilden sich in verschiedenen Tonwertabstufungen ab. Es entsteht  ein Bild, das dem „Negativ“ in der Fotografie entspricht.

In den 1920er Jahren wurden unterschiedliche Begriffe für die Technik verwendet. Hierzu zählen die sogenannten „Schadographien“, die von dem Maler Christian Schad geschaffen wurden sowie die „Rayographien“ Man Rays. Durch László Moholy-Nagy wurde die, bis heute gültige, Bezeichnung „Fotogramm“ festgelegt.

Literatur: Laszlo Moholy-Nagy, Malerei Fotografie Film, Faksimile-Nachdruck nach der Ausgabe von 1927, hg. von Hans M. Wingler, Berlin 2000 (= Neue Bauhausbücher, Bd. 8). Siehe ebd. den Eintrag: „Fotogramm“, S. 30; Steidl, Katharina, Am Rande der Fotografie. Eine Medialitätsgeschichte des Fotogramms im 19. Jahrhundert, Berlin 2018; Floris M. Neusüss, Das Fotogramm in der Kunst des 20. Jahrhunderts. Die andere Seite der Bilder. Fotografie ohne Kamera, Köln 1990; zu Hünningen, James, „Photogramm“, in: Lexikon der Filmbegriffe.

Text: Max Rölke

Produktionsfoto (production still)

Zu Produktionsfotos oder auch production stills genannt, gehören Arbeitsfotografien, die am Drehort oder vielmehr in einem Filmatelier bei der Produktion eines Filmes zu Stande kommen, sogenannte Set-Aufnahmen. In Abgrenzung zu film stills, die zentrale Szenen des Films für die Kamera nachstellen, wird in Produktionsfotos die Arbeit am Set gezeigt. Absprachen zwischen den Beteiligten, inszenierte Produktions-Szenen in der Aufnahmepause, in der die Licht- und Kameratechnik zu sehen ist, gelangen auf diese Weise ins Bild. Die Zuständigkeit für die production stills lag wie im Falle der film stills in der Hand des „unit photographer“ (dt. Standphotograph).

Produktionsfotos finden etliche Verwendungen. Sie werden für Werbezwecke (vgl. publicity stills), wie auch zur Dokumentation der Dreharbeiten eines Filmes genutzt und überdies werden sie auch als Aushangfotos eingesetzt, um einen optischen Eindruck des Films und dessen Herstellung zu vermitteln.


Literatur: Walter Moser (Hg.), Film-Stills. Fotografien zwischen Werbung, Kunst und Kino, Wien 2016; Lexikon der Filmbegriffe (Jan-Christopher Horak)

Text: Flavia Latino

Publicity still

Publicity stills sind Fotografien, die während des Filmdrehs (am Set) angefertigt werden. Sie werden zum Zwecke der Werbung und Reklame eingesetzt. Wie Film stills und production stills werden sie von einem Standfotografen angefertigt. Sie finden Verwendung als Filmplakat, in Kinoschaukästen, in Film- und Fanzeitschriften (Fanzines) oder auf den Webseiten von Streaming-Anbietern. Die Grenzen zur Star- und Glamourfotografie sind häufig fließend. Einige der Fotografen erweiterten das überwiegend kommerziell orientierte Genre der publicity stills in Richtung einer eigenständigen Kunstform. Berühmt sind beispielsweise die Aufnahmen von Clarence Sinclair Bull, der lange Zeit für MGM arbeitete.

Quellen: Horak, Jan-Christopher: „publicity stills”, in: Lexikon der Filmbegriffe; Terence Pepper und John Kobal (Hg.), Clarence Sinclair Bull, Star-Photograph bei MGM, München 1989.

Text: Zoé Hock

Retusche

Die Retusche (frz.: retouche: „Nachbesserung”, wörtlich: „noch einmal berühren”) ist ein Verfahren in der Foto- und Filmindustrie, bei dem vorhandene Bilder oder Filme durch die Anwendung manueller oder digitaler Techniken verbessert oder verändert werden. Traditionell wurde die Retusche seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit Bleistift, Pinsel und Farbe, Schabemesser oder Spritzapparat durchgeführt. Neben ihrer Verwendung im Sinne der Bildkorrektur, entwickelte sich die Retusche, vor allem im Bereich der Werbefotografie, zu einem Mittel, um Einzelheiten hervorzuheben, unerwünschte Bildteile zu entfernen und/oder die jeweils erwünschte Wirkung zu verstärken. Mit dem Einsatz digitaler Techniken der Bildbearbeitung sowie künstlicher neuronaler Netzwerke nehmen die Möglichkeiten der Bild- und Videomanipulation aktuell weiter zu (vgl. Deep Fake).

Insbesondere im Bereich der Star- und Glamourfotografie avancierte die Retusche zu einem unverzichtbaren Arbeitsschritt: „erst Nachbearbeitungen am Negativ verwandelten die meisten Stars in überirdische Wesen. MGM beschäftigte allein fast zwei dutzend Retuscheure, die Körper- und Gesichtskonturen modellierten und der Haut mit Airbrush-Techniken eine porenlose Alabasterqualität verliehen.”[1]

[1]  Anita-Maria Goda, Hollywood Miracle. Greta Garbo, Andy Warhol und die Magie von Starbildern, in: Uwe Fleckner und Iris Wenderholm (Hg.), Magische Bilder. Techniken der Verzauberung in der Kunst vom Mittelalter bis zur Gegenwart, Berlin und Boston 2017, S. 259-281, hier S. 268.

Quellen: zu Hünigen, James: „Retusche“, in: Lexikon der Filmbegriffe; Pfeifer, Wolfgang u.a., „Retusche“, in: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen (1993); Schöttle, Hugo, „Retusche“, in: Lexikon der Fotografie. Foto-Technik, Foto-Kunst, Foto-Design, Köln 1997, S.
237f.; Freund, Gisèle, Photographie und Gesellschaft, Reinbek bei Hamburg 1993, S. 76f.; Keultjes, Dagmar, Praktiken und Diskursivierung der fotografischen Retusche von 1839-1900, Dissertation, Universität zu Köln, Köln 2018.

Text: Sebastian Lohmüller/ Ines Santos Figueiredo

Screenshot

Ein Screenshot (engl. „Bildschirmfoto“, früher auch: Bildschirmabzug) bezeichnet in der elektronischen Datenverarbeitung das Abspeichern eines Bildschirminhaltes. Während es in einem Buch einfach ist, Inhalte mittels eines Stifts festzuhalten oder durch Unterstreichungen hervorzuheben, bedarf es bei der ‚Lektüre‘ filmischer Bewegtbilder einer gesonderten Technik. Im Gegensatz zu Film-Stills oder Publicity-Stills können Screenshots Augenblicke eines Films erfassen, die dann wie ein Zitat aus dem filmischen ‚Text‘ behandelt werden können. Damit stellen Screenshots ein unverzichtbares Mittel für die Analyse von Bewegtbildern dar (sowie deren Publikation). Mussten die Bildschirminhalte früher mit einer Kamera abfotografiert werden, ist nunmehr eine einfache Tastenkombination nötig, um digitale Screenshots anzufertigen.

Literatur: Raymond Bellour, Analyse in Flammen (Ist die Filmanalyse am Ende?), in: Ehmann, et al. 2006, S. 33–37; ders. Der unauffindbare Text, in: Ehmann, et al. 2006, S. 23–32; Meyer, Heinz-Hermann, „Screenshot“, in: Lexikon der Filmbegriffe.

Binotto, Johannes, Practices of Viewing: Screenshot. https://vimeo.com/589010075 (letzter Zugriff 01.02.2023).

Text: Julia Kessel

Standbild (Film-Still) 

Fotografien, welche während einer Filmproduktion, jedoch außerhalb des eigentlichen Drehs, am Set angefertigt werden und zu Werbe- bzw. Marketingzwecken verwendet werden. Diese unter Einsatz von Licht- und Kompositionsgestaltung (re-)inszenierten Aufnahmen bilden Schlüsselszenen der Filmhandlung nach. Ziel der Aufnahmen ist es, einen einzigartigen Wiedererkennungsmoment zu generieren, der eine filmische Sequenz in das Format einer einzelnen, unbewegten Fotografie verdichtet. Angefertigt werden diese Aufnahmen von Standfotografen welche im alten Hollywood auch als Unit Photographer bezeichnet wurden.

Überschneidungen zu production stills, publicity stills und Glamour-Fotografien sind offensichtlich, da sie ähnliche Ziele verfolgen sowie auf ähnliche Produktionsvoraussetzungen zurückgehen. Abzugrenzen hiervon sind action stills sowie Screenshots die als Reproduktionen bzw. Kadervergrößerungen direkt aus dem Filmmaterial oder dessen Wiedergabe am Bildschirm gewonnen werden.

Text: Sebastian Höflich

Star

Mit dem Aufkommen der sogenannten Patentkriege von 1909 bis 1917, die zwischen den alten und neuen Film-Produktionsfirmen der USA entfachten, wurde das öffentliche Interesse für Filmstars aktiv für den kommerziellen Erfolg eines Filmes instrumentalisiert. Zu diesem Zweck wurden diese im sog. ‚Starsystem‘ aus ihrer Anonymität enthoben und ins Zentrum der Film-Vermarktung gerückt. Stärker als auf die reale Personen hinter der Rolle konzentrierte sich das Interesse des Publikums auf die seitens der Produktionsfirmen lancierten Star-Images, die sich in Typen wie bspw. den Vamp oder die Femme fatale kategorisieren lassen. Diese verkörpern nicht nur die Wünsche und Ängste einer Gesellschaft, sondern spiegeln auch deren soziokulturellen Normen und Prägungen wider. Konflikte entstanden, indem das On-Screen-Image durch das Übernehmen immer gleicher Rollenbilder dazu verleitete, dass die Stars sich auch Off-Screen daran anzupassen hatten. Skandale und aufsehenerregende Presseschlachten (vgl. Hollywood/Babylon) waren vorprogrammiert. Zur Reproduktion und Distribution des Image außerhalb der Leinwand dienten dabei primär Star- und Glamourfotografien, die in Form von Filmplakaten, Film Stills, Fan-Magazinen oder als Starpostkarten mit großen Sammelwert in Umlauf gebracht wurden. Kleidung, Make-up, Pose, Mimik und Gestik, Beleuchtung und technische Retuschen formten ihr Abbild dabei entsprechend ihrer Rollenbilder.

Literatur: Enno Patalas, Sozial-Geschichte der Stars, Hamburg 1963, S. 11–15 u. S. 131ff.; Werner Faulstich u. Helmut Korte (Hg.), Der Star. Geschichte – Rezeption – Bedeutung, München 1997; Stephen Lowry, Stars und Images. Theoretische Perspektiven auf Filmstars, in: Montage AV. Zeitschrift für Theorie und Geschichte audiovisueller Kommunikation 6, 2/1997 (Themenheft Stars), S. 10–35; André Mieles, Geschichte der Kino-Reklame: Von 1900 bis heute, Deutsches Filminstitut Filmmuseum (DFF-)Filmblog, vom 03.03.2022; Claus Tieber: „Star“, in: Lexikon der Filmbegriffe; Hans Jürgen Wulff: „Filmstar“, in: Lexikon der Filmbegriffe;; Hans Jürgen Wulff: „Image“, in: Lexikon der Filmbegriffe; Tobias Hochscherf: „Stardom“, in: Lexikon der Filmbegriffe; Hans Jürgen Wulff: „Starlet“, in: Lexikon der Filmbegriffe; Vinzenz Hediger, Claus Tieber und Patrick Vonderau: „Starsystem“, in: Lexikon der Filmbegriffe.

Text: Anna Friedrich

Typage (Eisenstein)

Typage (auch: character typing) ist ein Konzept Sergej M. Eisensteins, welches sich auf die Auswahl der Schauspieler bezieht. Gemäß Eisensteins Prinzip der Typage sollen bestimmte Charakterzüge einer Gruppe von Menschen, wie moralische Qualitäten oder Klassenidentitäten (z.B. wohlhabender Bürger, hagerer Proletarier, etc.), innerhalb einer einzelnen Person dargestellt werden.

Hierfür soll ein Regisseur jede Figur im Drehbuch studieren, um danach festzulegen, welche körperlichen und geistigen Merkmale im „Typ“ der Figur angelegt sein sollen. Zur Repräsentation der verschiedenen Klassen und Gruppen sollten professionelle Schauspieler gemieden und möglichst charakteristische Laiendarsteller eingesetzt werden. Auf diese Weise versucht Eisenstein, die Masse als realistischen Handlungsträger in die Filmproduktion mit einzubringen. Ab dem Jahre 1935 löst sich Eisenstein jedoch mehr und mehr von diesem Prinzip und spricht nunmehr von der „Wiederentdeckung des Sujets und des Schauspielers“.

Quellen: Wulff, Hans Jürgen, „Typage“, in: Lexikon der Filmbegriffe; Eisenstein, Sergej M., Zur filmischen Gestaltung des Typischen, in: ders., Schriften. 3. Oktober. Mit den Notaten zur Verfilmung von Marx‘ ‚Kapital‘, hg. v. Hans-Joachim Schlegel, München 1975, S. 273-280.

Text: Lisa Eisenlohr

Type (Cavell)

„›Bogart‹ means ›the figure created in a given set of films.‹ […]  if those films did not exist, Bogart would not exist […] Finally, we must note the sense in which the creation of a (screen) performer is also the creation of a character – not the kind of character an author creates, but the kind that certain real people are: a type.“[1]

Unter dem Type versteht Stanley Cavell das Phänomen einer charakteristischen Leinwandpräsenz, die sich aus der Summe der übernommenen Filmrollen ergibt. Der Type bezeichnet einerseits Eigenschaften einer Rolle, auf die der Film zurückgreifen kann. Andererseits können Filme durch Neukombination und Inversion neue Types kreieren. Cavell zeigt dies u.a. am Beispiel des Schurken. Die Ikonographie des Schurken kann sich über die Zeiten ändern. Beispielsweise wurden Schurken früher anders dargestellt, als heute. Nichtdestotrotz bleiben bestimmte Charaktereigenschaften erhalten.

[1] Stanley Cavell, The World Viewed. Reflections on the Ontology of Film, New York 1971, S. 28 u. 29.

Text: Nicole Jäger

Typofoto

Was ist Typofoto?

Typografie ist in Druck gestaltete Mitteilung.

Fotografie ist visuelle Darstellung des optisch Faßbaren.

Das Typofoto ist die visuell exaktest dargestellte Mitteilung.

(László Moholy-Nagy)

Typographie bezeichnet die Buchdruckerkunst, also eine gedruckte Mitteilung im Medium der Schrift. Unter dem Begriff Typofoto entwickelte der Bauhaus-Künstler Moholy-Nagy eine künstlerische Ausdrucksform, die in der Verbindung von Typografie und Fotografie zu einer „visuell assoziativ-begrifflich-synthetischen Kontinuität“ findet.

Es handelt sich um ein Verfahren der Montage, dass über die Addition von Text und Foto hinausgeht, indem es aus der Verschmelzung beider Bereiche eine neue Form „visueller Literatur“ gewinnt:

„Die Fotografie als typografisches Material verwendet, ist von größter Wirksamkeit. Sie kann als Illustration neben und zu den Worten erscheinen, oder als „Fototext“ an Stelle der Worte als präzise Darstellungsform, die in ihrer Objektivität keine individuelle Deutung zuläßt.“

Aufgrund der sich rasant veränderten Lebensbedingungen mit vermehrter Gleichzeitigkeit und erhöhter Geschwindigkeit der Informationsübertragung wurde diese von Moholoy-Nagy als zeitgemäße Form der Mitteilung angesehen. Perspektivisch sah Moholy-Nagy auch im Film das Potenzial des Typofoto angelegt. Vgl. hierzu seine als Typofoto realisierte Filmskizze Dynamik der Großstadt (1921/22).

Literatur: Laszlo Moholy-Nagy, Malerei Fotografie Film, Faksimile-Nachdruck nach der Ausgabe von 1927, hg. von Hans M. Wingler, Berlin 2000 (= Neue Bauhausbücher, Bd. 8). Siehe ebd. die Einträge „Typofoto“ (S. 36f.) sowie die Filmskizze Dynamik der Großstadt (S. 122–135). Claudia Müller, Typofoto. Wege der Typografie zur Foto-Text-Montage bei Laszlo Moholy-Nagy, Berlin 1994. Pepper Stetler, The New Visual Literature: László Moholy-Nagy’s Painting, Photography, Film, in: Grey Room, Summer, 2008, Nr. 32 (2008), S. 88–113.

Text: Herbert Kirchner