Juli Zehs Roman Über Menschen fokussiert auf die Problematik der Möglichkeitsräume für ein erfolgreiches menschliches Zusammenleben in der sozialen, ideellen und kulturellen Diversität, im Spannungsfeld zwischen Konsens, Widersprüchlichkeit und Hinterfragung, wobei die Wahl des anzustrebenden Lebensraumes zugunsten des ländlichen Dorfes Bracken, als ‚humanerer‘, lebenswerterer Raum, ausfällt, im Gegensatz zum hektischen, einengenden Großstadtleben. Wenn auch die Lebensbedingungen am Land entspannter und erfüllender zu sein scheinen, so bleibt dennoch die Frage nach dem ‚Wie‘ des Zusammenlebens von Menschen sehr unterschiedlicher Herkunft und Anschauungen in einem begrenzten, unausweichlichen Raum offen. Diese Frage erhebt ebenso die konvivialistische Bewegung, für die es darum geht, zwischenmenschliche Konflikte nicht zu ignorieren, sondern sie zu überwinden. Juli Zeh formuliert in Über Menschen die gleichlautende Erkenntnis: Wenn menschliches Zusammenleben nicht konfliktfrei denkbar ist, so muss es dennoch Wege geben, Widersprüche zu erkennen, darüber zu reflektieren und sie auszuhalten. Dieses Postulat bildet das Grundthema von Über Menschen und ist der Gegenstand der vorliegenden Untersuchung. Nach einem kurzen inhaltlichen Abriss des Romans und dem Verweis auf die bisherige literarische Forschung sowie deren Begrenztheit zum Thema der Konvivenz wird die betonte Dialektik zwischen Großstadt und ländlichem Dorf als möglicher Lebensraum in Über Menschen hervorgehoben, wobei es zuletzt darum gehen wird, die Probleme der Meisterung zwischenmenschlicher Beziehungen im Dorf Bracken aufzuzeigen.