Unterschiedliche Beweggründe und Ansprüche treffen aufeinander, wenn man sich auf die Online Suche nach einer digitalen Reproduktion eines Kunstwerkes oder Artefakts macht.
Möchte man sich nochmals das Werk, das einem beim letzten Museumsbesuch beeindruckte vor Augen führen und eventuell mehr über die Entstehungsgeschichte lernen? Will man ein Detail eines Gemäldes prüfen, um seinen wissenschaftlichen Standpunkt in einer Publikation zu untermauern? Möchte man das Werk downloaden, um es bei einem Vortrag zeigen zu können? Will man wissen, wo andere Werke des Künstlers zu finden sind? Hat man Lust sich sein Lieblingsgemälde als Reproduktion in der Küche aufzuhängen oder vielleicht als Handyhülle zu bestellen? Will man vor dem Museumsbesuch mehr über die Meisterwerke der Sammlung erfahren und gegebenenfalls auswählen, welche Stockwerke man überspringen wird? Möchte man erfahren, ob das Lieblingswerk momentan in der Sammlung ausgestellt ist? Möchte man wissen, wie eine bestimmte Skulptur von hinten aussieht? Erwarte ich einen virtuellen Rundgang? Oder möchte man sich einfach inspirieren lassen und ein Werk virtuell entdecken?
Unterschiedlich reagieren Institutionen auf solche und ähnliche Ansprüche. Oft stehen einer umfassenden Präsentation, die sowohl wissenschaftliche als auch pädagogische Ziele verfolgt, mangelnde Ressourcen, urheberrechtliche Gründe, aber auch Bedenken eines Auraverlusts des Originals im Weg. Deutsche Museen etwa, die meist zum Großteil durch Steuergelder finanziert werden, sehen schon seit Anfang des 20. Jahrhunderts die Öffnung der heiligen Ausstellungshallen für eine große Öffentlichkeit- verbunden mit einem Vermittlungsanspruch- als ihre Aufgabe neben dem Sammeln, Pflegen und Ausstellen. Ist die Digitalisierung von Sammlungen daraus folgend die logische Konsequenz oder vielmehr ein Verprassen von großen Summen an Steuergeldern?
Argumente für eine umfassende Digitalisierung wären aus wissenschaftlicher Sicht etwa die Sichtbarmachung von Werken, deren Großteil durch Archive oder Depots, gebunden an einen Ort, schwer zugänglich sind. Diese dann neue sichtbare Masse trüge das Potenzial in sich, in neuen Kontexten gelesen zu werden und neue auch kuratorische Fragestellungen zu initiieren. Ausführliche Metadaten wie etwa auch zur Provenienz und Ausstellungsgeschichte des Werkes könnten ebenfalls neue spannende Kontextualisierungen ergeben.
Die angefügte Tabelle wurde im Rahmen einer Recherche für die Präsentation einiger Digitalisierungsprojekte weltweiter Museen erstellt und diente als Werkzeug für Einschätzungen, Vergleiche und auch Wertungen, in Hinblick auf die eingangs skizzierten Fragen. Die Beispiele wurden nach subjektiven Gesichtspunkten ausgewählt und basieren auf den online verfügbaren Informationen.
Die Hamburger Kunsthalle hat nun über 15.000 Werke des Kupferstichkabinetts in einer kostenfreien Online-Sammlung zugänglich gemacht. Bis 2019 soll in dem u.a. vom Hamburger Senat unterstütztem Projekt das gesamte Kupferstichkabinett und die Kunstbibliothek digital erschlossen sein.
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