2014 ist das Jahr, in dem eLearning um eine Facette bereichert wird – mit der Goethe-Universität ganz vorne dran. Dabei scheint doch das Cloud-Buzzword im Bereich eLearning niemanden mehr vom Hocker zu reißen: Lernmanagament-Systeme wie OLAT, Moodle oder ILIAS waren schon immer das, was man heute „Cloud-Anwendungen“ nennt, nur 10 Jahre früher. Was ist die Neuheit?
Computable eLearning an der Front
Computable eLearning ist ein Begriff, den ich auf einer großen eLearning-Konferenz in Frankfurt im September 2013 erfunden habe. Damit meine ich mathematik-nahe eLearning-Software, die Verwendung von „Mathematik-Software“ (genauer: Computeralgebrasystemen) als/in eLearning-Anwendungen. Das für sich ist keine Neuheit: In den 90ern hat man schon mathematische Antworten (z.b. „3*x^2“ als Antwort auf die Frage, was die Ableitung der Funktion „x^3“ ist) mithilfe dieser Computeralgebrasysteme (kurz: CAS) ausgewertet. Der Grund ist einfach: Auch Antworten wie „3*x*x“ oder „6/2*x^3 / x“ sind richtig. Ein CAS kann solche equivalenten Terme identifizieren.
Es bleibt die Frage: Was ist neu? Das POKAL-Projekt hatte 2013 zum Ziel, diese recht komplizierten CAS den Studenten näher zu bringen. Das Potential von CAS haben schon viele erkannt, seit den 80ern gab es immer wieder Versuche, in Schulen und Studium die Benutzung von CAS einzubinden. Meist geschieht das dann so, dass die allermeisten Lernenden auf der Strecke bleiben. Wenn ein Lernerfolg nach einer Unterrichtseinheit stattgefunden hat, dann oft das bloße Auswendiglernen einer nicht verstandenen Syntax.
Mit POKAL als SeLF-Projekt haben erstmals Studierende dieses Problem versucht, anzugehen, mit Methoden, die uns sinnvoll erscheinen. Was uns eines sonnigen Nachmittags vor ein paar Jahren im Innenhof des Physik-Gebäudes, mit einem Cafe in der Hand, durch den Kopf ging, war es, als Studenten einfacher über Physik reden zu können. Abfotografierte Mitschriebe, der ewige Kampf mit LaTeX (unser „Formelprogramm“, statt Microsoft Word), Chats mit Formelumschrieben, keine schnellen Visualisierungsmöglichkeiten – wir wollten das, was ein Computeralgebrasystem kann, mit dem kombinieren, was man heutzutage erwarten kann: Kollaboratives Tippen, Cloud-Anwendungen, usw.. Mit dem Web 2.0 kam unser Wunsch dabei zur richtigen Zeit, und mit der bereits existierenden SAGE-Software hatten wir eine gute Grundlage.
Rechnen in der Cloud
Unsere POKAL-Software kam trotz einiger Kinderkrankheiten letztes Jahr gut an, aber in den regulären Betrieb konnten wir trotzdem noch nicht gehen. Nun haben sich unsere Interessen in vielerlei Richtungen entwickelt: Einerseits stand uns eine integrative Arbeits- und Publikationsplattform im Sinn, andererseits möchten wir auch das wesentliche Ziel, die studentische Basis ab dem ersten Semester zu erreichen, nicht außer Acht lassen. Für letzteres wollen wir nun anfangen, mit einem neuen großen Team Worksheets zu entwickeln, die im Gegensatz zu früheren Generationen an Fach-Worksheets, wie sie in vielen Lehrbüchern auf CD-ROMs angehängt wurden, lebendig sind und von Studierenden gemeinsam weiterentwickelt werden können. Und natürlich wollen wir unsere Software endlich für den großen Einsatz vorbereiten. Hier kommt die „Cloud“ gleich zweimal ins Spiel: Einerseits haben wir gerade Anfang Januar 2014 angefangen, unsere CLOUD-Server in Betrieb zu nehmen. Andererseits wollen wir nun ein Produkt ausprobieren und mit unserem verschmelzen, was letztes Jahr nach Abschluss unseres Projektes entwickelt wurde: Die SageMathCloud.
Neue Köpfe für neue Ideen
Wir sind gespannt, was sich aus diesen vielen tollen neuen Möglichkeiten ergibt. Wir haben gerade im Dezember ein großes Casting an Programmierern am Fachbereich Mathematik&Informatik sowie Physik hinter uns gebracht und drei neue Hiwis in Brot und Lohn gestellt. Mit insgesamt neun Leuten, wovon vier sich fast ausschließlich mit POKAL beschäftigen, ist unser eLearning-Team damit so groß und effektiv wie nie zuvor.
Was wir jederzeit suchen, sind aber auch Querdenker aus anderen Fachbereichen. So wurde ich auf der GMW-Konferenz nach Einsatzmöglichkeiten in der Philosophie gefragt. Auswertung von Logischen Termen und Strukturen? Dies ist ein Gebiet, auf dem jedes Computeralgebrasystem brilliert!
Zweifelsfrei sind wir weit davon entfernt, das nächste WolframAlpha zu bauen, aber Computable Documents, also im einfachsten Fall interaktive Webseiten, die in life auf Benutzereingabe Daten berechnen, werden uns in den nächsten Jahren durchs Hintertürchen wieder begegnen. Den Weg zu einem semantischen, interaktiven, sozialen und intelligenten Web ebnen Pradigmen und Techniken, die gerade derzeit ihren Durchbruch erleben, mit der Uni Frankfurt life dabei.
Mehr Informationen auf http://pokal.uni-frankfurt.de.