Eine ereignisreiche Geburtstagswoche liegt hinter uns: Zeit, Bilanz zu ziehen, und auch wieder etwas Luft zu holen. Denn auch wir haben uns ganz schön ins Zeug gelegt in der vergangegen Woche. Und fühlen uns mehr als belohnt: Vielen, vielen Dank für die Glückwünsche auf allen Kanälen, und vor allem für die Aufmerksamkeit:
Latest Posts Under: Sicherheitskultur
Von Marco Fey
Nach der Wahl stehen in Washington alle Zeichen auf Kontinuität in der Außen- und Sicherheitspolitik: Barack Obama ist wiedergewählt, das Repräsentantenhaus bleibt republikanisch und der Senat demokratisch. Nicht nur die Karrierebeamten, sondern auch die politisch ernannten Funktionäre kehren in ihre Büros zurück – und zwar ohne sich Gedanken machen zu müssen, wo sie ab Januar einen Job finden. Zwar wird es im Rahmen des angekündigten Abschieds der Außenministerin zu einer Kabinettsumbildung kommen, die Favoriten für das Spitzenamt in Foggy Bottom – John Kerry, Susan Rice und Tom Donilon – stehen aber für den gleichen Kurs wie Hillary Clinton. Auch der Rückzug von Verteidigungsminister Leon Panetta auf seine Walnussfarm in Kalifornien steht noch nicht unmittelbar bevor. Alles wie gehabt also?
Von Valentin Rauer
In einem der letzten Blogposts hat Martin Haase „humanitäre Interventionen“ als Neusprech bezeichnet, da sie eigentlich „Krieg“ meinen. Dem wird in der Regel entgegen gehalten, dass diese Subdifferenzierung sich nicht auf die Praxis des Krieges, des „Bombenwerfens, Tötens und Besetzens“ bezieht, sondern auf die Kriegsmotivation. Es handelt sich nicht um einen Angriffkrieg um Ölfelder zu erobern, sondern um einen Krieg um Genoziden Einhalt zu gebieten. Die Bezeichnung „humanitäre Interventionen“ hat nur den Anspruch eine Motivlage zu benennen, nicht die Praxis des Kriegführens selbst.
Heute vor einem Jahr ist dieses Blog gestartet. Und heute Nacht fand die Präsidentschaftswahl in den USA statt. Grund genug, unseren ersten Podcast diesem Thema zu widmen. Christopher Daase und Julian Junk vom sicherheitspolitik-blog.de diskutieren über die sicherheitspolitischen Implikationen der Wiederwahl Barack Obamas: Wird die Administration weiterhin außenpolitisch ähnlich zurückhaltend agieren? Ist dies nicht ein Widerspruch zu den großen Visionen wie Global Zero? Und wird der Drohnenkrieg unvermindert fortgesetzt?
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Die Moderation übernahm Philipp Offermann.
von Florian Grunert
95% unseres weltweiten Datenverkehrs werden von Unterseekabeln transportiert, nur ein Bruchteil über Satelliten (~5%). Das macht sie zu einer zentralen, kritischen Infrastruktur. Die Kabel verbinden Menschen und Regierungen, ermöglichen eine globale Datenkommunikation und damit auch unsere moderne und vernetzte Gesellschaft. Das derzeitige, alltägliche Leben vieler Menschen wäre ohne diese Kabel nicht möglich. Ein moderner Staat und seine Armee wären nicht handlungsfähig.
Unterseekabel sind relevant für das Militär, beispielsweise wenn die USA ihre Drohnen bei Irak Missionen fliegt. Die Piloten sitzen oft mehrere 1000km entfernt von der Drohne. Die Übertragung benötigt eine hohe Bandbreite, da sie in Echtzeit passieren muss, sodass die Drohne fehlerfrei gesteuert werden kann. Hierzu werden die Unterseekabel stark in Anspruch genommen. Allein wegen der hohen Latenz wären Satelliten hier die schlechtere Wahl. Eine moderen Armee beruht auf dem Gedanken der Vernetzung, alles ist miteinander verbunden: Konzepte wie das Network-Centric-Warfare, das C4ISR oder die vernetzte Operationsführung (NetOpFü) zeigen dies. Doch gerade die ungeschützen Unterseekabel, die diese Konzepte erst ermöglichen, könnten im Falle eines Konfliktes zu großen Problemen führen.
Einen ebenfalls sehr wichtigen Faktor stellen Unterseekabel für den Hoch-Frequenz-Handel an den Börsen dar. Dieser Handel macht einen großen Teil des Tagesgeschäftes aus, wurde aber ebenfalls erst möglich durch moderne Seekabel. Alleine die SWIFT agiert über diese Kabel in über 200 Ländern. Man geht davon aus, dass mehrere Billionen US-Dollar jeden Tag darüber gehandelt werden. Im September 2011 wurde zwischen der New Yorker und der Londoner Börse ein neues Unterseekabel gelegt, um 6 Millisekunden Zeit beim Handel zu sparen. Der Bau kostete ungefähr 300 Millionen Dollar – die Kosten haben sich nach kurzer Zeit wieder rentiert.
von Martin Haase
Das Adjektiv humanitär gehört zum Substantiv Humanität‚ ›Menschlichkeit‹. Eine humanitäre Intervention ist also eine menschliche, nicht in dem Sinne, dass sie von Menschen vorgenommen wird, sondern dass sie durch Menschlichkeit gekennzeichnet ist, also nicht unmenschlich ist.
Damit ist der Ausdruck schon im Adjektiv eine Antiphrase, denn Krieg ist das Gegenteil von Menschlichkeit und natürlich ist hier von einer Kriegsintervention die Rede.
Dass dort geschossen, gebombt und getötet wird, verschleiert auch das Wort Intervention, das von lateinisch intervenire kommt, wörtlich ›dazwischen kommen‹, ›sich einmischen‹. Es ist also ein Euphemismus.
Aus der Redaktion
Seit einem Jahr gibt es nun bereits das Sicherheitspolitik-Blog: Am 7. November 2011 eröffneten wir auf www.sicherheitspolitik-blog.de die Pforten für eine Reihe über Wikileaks, getragen von einigen Studierenden aus einer Lehrveranstaltung an der Uni Frankfurt (mehr dazu hier). In den folgenden Wintermonaten ging es folglich vor allem um geleakte Botschaftsdepeschen, Transparenz, Whistleblowing und ein mögliches Comeback von Julian Assange und seiner Plattform. Im April 2012 gingen wir dann mit dem Blog in unsere nächste Phase über: Das Forschungsprojekt Sicherheitskultur im Wandel verlegte seine vorherige stand-alone-Blog-Lösung in diese Präsenz, und das verlieh dem Sipoblog auch gleich eine gehörige Portion patina. Der Sicherheitskultur-Blog ist nämlich ein ganzes Jahr älter und seit November 2010 live. Damit feiern wir also gleich Doppelgeburtstag: Zwei Jahre Sicherheitskultur-Blog, ein Jahr Sicherheitspolitik-Blog!
Ein Jahr sicherheitspolitik-blog.de! Und das Blog von Sicherheitskultur ist sogar schon zwei Jahre alt! Aufgrund unseres Doppel-Geburtstages werden wir in dieser Woche viele Beiträge veröffentlichen und uns in neuen Formaten ausprobieren. Diese Woche ist also auch Spielwiese – und Feedback ist natürlich mehr als willkommen!
von Julian Junk
Deutschland diskutiert über eine militärische Intervention. Nein, nicht in Syrien, wo die Waffen immer noch nicht schweigen, sondern in Mali, in einem Konflikt, der allenfalls randständig in den deutschen Medien diskutiert wird. Und doch wird ausgerechnet Mali zur ersten Bewährungsprobe für das neue „Fragile Staaten Konzept“ der Bundesregierung, um ressortübergreifende Kohärenz im Umgang mit Krisensituationen oder in nachhaltiger Entwicklungszusammenarbeit in fragilen Staaten herzustellen. Warum beteiligt sich die Bundesregierung nun ausgerechnet an einem möglichen Einsatz in Mali?
von Gabi Schlag
Trotz aller Kritik – auch in diesem Blog – an einer oftmals defizitären und handlungsunfähigen gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU wird derzeit in Brüssel über eine EU Mission in das Bürgerkriegsland Mali diskutiert. Die deutsche Bundesregierung will sich an diesem Einsatz beteiligen, wie Verteidigungsminister Thomas de Maizirère diese Woche mitteilte. Auslandseinsätze der EU gehören schon seit geraumer Zeit zum Handlungsrepertoir der Staats- und Regierungschefs und bilden zusammen mit der Europäischen Sicherheitsstrategie den Nukleus einer EUropäischen Sicherheitskultur.
von Philipp Offermann
… dann wird das schon mit der zivil-militärischen Zusammenarbeit. Dieser gut gemeinte Ratschlag öffnete das Feld für den gestrigen Themenabend der ARD zum Thema der Bundeswehr in Afghanistan. Mit “Auslandseinsatz” strahlte die Anstalt den ersten deutschen Fernsehfilm aus, “der den Krieg und den Einsatz in Afghanistan selbst zum Thema hat und auch dort spielt” – explizit keine Heimkehrergeschichte, wie die Pressemitteilung betonte, zur Abgrenzung von früheren eigenen Ausstrahlungen und wohl auch von Til Schweigers aktuellem Kinofilm. Gefolgt wurde die fiktionale Abhandlung von einer (extralangen?) Anne-Will-Sendung, in der unter anderem Verteidigungsminister de Maizière zu Gast war – ein interessantes Doppelformat von Fiktion und (Talkshow-)Realität, die immerhin von 3,7 bzw. 2,8 Millionen Menschen gesehen wurde.
von Marco Fey
Diesen Oktober jährt sich die Kubakrise zum 50. Mal – damit sind jene 13 Tage im Herbst 1962 gemeint, die als der gefährlichste Moment des nuklearen Zeitalters [siehe zum Beispiel hier und hier] in die Geschichte eingegangen sind und das Denken über strategische Stabilität nachhaltig verändern sollten. Die Welt stand damals am Rande des Atomkriegs und kurz davor, den nächsten Schritt zu gehen. Dies war keineswegs der erste und leider auch nicht der letzte sogenannte nukleare near-miss. Mal war es der aufgehende Mond, der auf dem Radar wie ein Nuklearschlag aussah, mal eine Formation von Gänsen; meist war es technisches, manchmal menschliches Versagen, das beinahe einen Gegenschlag auslöste.
von Stefan Engert
Drohnen sind nicht-bemannte und lenkbare Flugobjekte unterschiedlicher Größe. Sie werden meistens zum Zwecke der Aufklärung sowie Erkundung eingesetzt. Mit einer Drohne hätten die USA also bspw. die sowjetischen Atomraketen auf Kuba ganz entspannt entdecken können, d.h. ohne das Leben der amerikanischen U2-Piloten, die damals die Fotos machten, zu gefährden. Von daher gesehen scheinen Drohnen ganz nützlich sein – vor allem für die Seite, die die Drohne einsetzt. Die Aufklärungsflüge können aber auch die Privatsphäre sowie die Bürger- und Freiheitsrechte der observierten Individuen verletzen; darüber hinaus die Souveränität der Staaten, in deren Territorium oder Luftraum sie ohne Erlaubnis operieren. Da Drohnen aber fast ausschließlich in Krisengebieten oder „failed/failing states“ eingesetzt werden, also Staaten wie Afghanistan, Irak, Somalia, Pakistan, in denen die o.g. Rechte nicht vollständig (räumlich) garantiert sind, scheint das keinen so recht zu kümmern. Wahrscheinlich wäre das anders, würden z.B. Drohnen anderer Staaten einfach so zum Observieren mal über Frankfurt oder Berlin fliegen.
von Ben Kamis
Many theories of international conflict explain virtually all decisions states make with reference to strategic interaction. That is, the actors are trapped in some decision matrix analogous to a member of the game theory bestiary: chicken game, prisoner’s dilemma, battle of the sexes, etc. While this makes the actors’ decisions contingent on each other, it gives the impression that each has freedom to choose within the matrix. Some more refined approaches see the matrix itself as contingent, implying that the actors could choose a different matrix, a different definition of the situation, if they really wanted to. What both of these conceptions miss is how historically conditioned and inertial these situations are. The matrices themselves aren’t necessarily chosen; they have a history, and it might be an utterly absurd history, but that absurdity makes them no easier to change. Absurd international conflicts are not just born, they are made – often over the course of centuries.