Wer schon länger bei kulturkiosk mitliest weiß, dass ich Anfang des Jahres eine Herausforderung gestartet habe: Ich möchte dieses Jahr 52 Bücher lesen, also ein Buch pro Woche.
Nun liegt die erste Hälfte des Jahres hinter mir und ich wollte euch ein kleines Feedback geben, wie es bisher läuft.
Zu Beginn des Jahres hatte ich einen richtigen Lauf und habe während der Weihnachtspause wirklich viel gelesen. Im Winter bin ich nicht so viel draußen, da hat sich das bei einer schönen Tasse Tee und den restlichen Weihnachtsplätzchen wunderbar angeboten. Auch die folgenden Monate waren von einem großen Leseantrieb gesegnet: Mit einer Mischung aus Gegenwartsliteratur, klassischen literarischen Werken und vielen Ratgebern zum Thema Ausmisten und Minimalismus bin ich wochenlang mit einem großen Vorsprung durch die Herausforderung geflogen. Da ich meine Bücher über die Seite goodreads tracke, habe ich jederzeit einen guten Überblick, wo ich aktuell stehe. Der größte Vorsprung lag bei sieben Büchern, die ich dem Zeitplan voraus war.
Auch heute bin ich noch gut dabei und die Herausforderung macht mir nach wie vor sehr viel Spaß. Ich bin zuversichtlich, dass ich es schaffen werde, zumal die lange vorlesungsfreie Sommerpause nun noch vor mir liegt und ich einige Bücher lesen möchte, die meine Aufmerksamkeit durch gute Bewertungen oder interessante Inhaltsangaben geweckt haben.
Trotzdem ist mein Leseflow im Juni ein bisschen geringer geworden: Zum einen habe ich einen neuen Job angefangen, zum anderen ist es sehr warm geworden und ich saß zweimal in Quarantäne fest – einmal sogar mit Covid und einem ziemlich fiebrigen Verlauf. Da war mir auch nicht nach Lesen, bzw. ich habe anderthalb Wochen fast ausschließlich geschlafen.
Was habe ich denn dieses Jahr schon gelesen, bzw. sind Empfehlungen dabei? Dazu kommen wir jetzt 😊
Andreas Izquierdo – Das Glücksbüro
Das Glücksbüro hatte ich von mir aus gar nicht auf dem Schirm, es wurde mir vor ein paar Jahren von einer lieben Bekannten empfohlen. Damals packte ich es auf meine Würde ich irgendwann mal lesen-Liste, kam aber nicht dazu – das kennen sicherlich einige. Während des Stöberns durch die Onleihe-Datenbank meiner Stadtbibliothek stolperte ich jedoch wieder über dieses Buch und lieh es einfach aus. Der Klappentext klingt fast ein bisschen plump – es geht los mit: „Albert Glück ist ein seltsamer Kauz.“ Ein Beamter, der in seiner eigenen, komplett abgeklärten Welt lebt, bis eines Tages ein Antrag auf seinem Tisch landet, den er nicht bearbeiten kann, weil es dieses Formular in seiner Einrichtung gar nicht gibt. Er ist gänzlich erfunden, sieht für Albert Glück jedoch nach einem echten Antrag aus, was ihm Unbehagen bereitet. Die Antragstellerin: Anna Sugus, eine freischaffende Künstlerin, die einfach mal „Nichts.“ beantragt hat – kein Geld, keine Zuschüsse, Nichts. Forrest Gump trifft Amélie. Die Geschichte war dann aber inhaltlich überraschend ansprechend und das Buch lässt sich dank des guten Schreibstils locker weg lesen. Es gibt auch einige nette Anregungen zum Nachdenken und ich habe selbst meinen Spleen überdacht, dass auch bei mir oft alles nach Plan laufen muss, weil ich mich sonst nicht so wohl fühle.
Janne Teller – Nichts. Was im Leben wichtig ist
„Als der 14-jährige Pierre Anthon seine Klasse mit den Worten verlässt »Nichts bedeutet irgendetwas, deshalb lohnt es sich nicht, irgendetwas zu tun«, stehen seine Mitschüler unter Schock. Denn kann es wirklich sein, dass nichts eine Bedeutung hat? Nicht die erste Liebe? Nicht das Lernen in der Schule? Nicht das Elternhaus, die Geschwister, der Glaube an Gott oder das eigene Land? Gemeinsam wollen die Schüler dem aufsässigen Pierre Anthon das Gegenteil beweisen und sammeln auf einem Berg der Bedeutung alles, was ihnen lieb und teuer ist. Doch was harmlos beginnt, wird bald zu einem Experiment, in dem es kein Halt und keine Grenzen mehr gibt – als selbst Tiere geopfert werden, ein Finger und die Unschuld eines Mädchens…“
Nichts. Was im Leben wichtig ist war eine interessante und teilweise auch krasse Leseerfahrung. Als das Buch herauskam, gab es auf verschiedensten Ebenen Diskussionen und der teilweise nihilistische Inhalt wurde kritisch besprochen. Die urban legend, dass das Buch an vielen Schulen europaweit verboten wurde, wollen wir hier aber revidieren: Lediglich in Norwegen wurde die Lektüre kurzzeitig untersagt, in Frankreich weigerten sich Buchhändler, das Werk zu verkaufen und in Deutschland gab es einen Aufruhr unter Eltern, als Nichts. Was im Leben wichtig ist zur Schullektüre wurde. Zwischenzeitlich ist das Buch jedoch in vielen Ländern zu einem Standardwerk in Schulen geworden und bekommt sogar im Konfirmationsunterricht seinen Platz, da es einen großen Raum für Gesprächsstoff, Diskussionen und Reflektion bietet. Solltest du dich gerade in einer emotional schwierigen Phase befinden und dich die Frage nach dem Sinn des Lebens zu arg belasten, würde ich das Buch nur in Verbindung mit einem guten Gespräch mit Freunden oder einer Vertrauensperson empfehlen – ansonsten gibt der Roman aber einen Denkanstoß, den man mitnehmen kann.
Neben diesen Schätzen habe ich mich, dank des Beitrages von Jona, an Das Evangelium der Aale herangetraut, welches ich wärmstens empfehlen möchte. Den Beitrag zum Buch findet ihr hier!
Wir freuen uns schon, von euren neuesten Leseerfahrungen und –empfehlungen zu hören! Ich setze mich nun noch ein wenig mit Women Don’t Own You Pretty von Florence Given auf den Balkon, um zum Feierabend ein paar Seiten zu lesen. So eine Herausforderung macht sich nicht von alleine 😊
Quellen:
https://litteratursiden.dk/analyser/teller-janne-intet
Bildquellen:
https://www.dumont-buchverlag.de/buch/izquierdo-das-gluecksbuero-9783832187125/