Jetzt ist die Zeit für die abschließenden Resümees und seit 2-3 Tagen notiere ich mir Eindrücke und Gedanken für den Abschluss, die ich trotz Abschlusssession am letzten Mittwoch nochmals in Ruhe dokumentieren möchte. Beginnen wir mit der Beteiligung:
Sich der öffentlichen Debatte stellen – quasi „im Netz laut denken“
Ich finde es mutig und möchte all jenen danken, die es getan haben, die sich so öffentlich an den Debatten beteiligten. Am Anfang war ich überrascht, wie viele so ihre Gedanken bloggen, ist selbst bin bisher nicht so ein „Blogger“, mache das eher im Dienst meiner Einrichtung, um unsere Community/Interessierte mit Infos zu versorgen (http://blog.studiumdigitale.uni-frankfurt.de/sd/), das war z.B. für mich persönlich ein neuer Schritt, auch Gedanken und Ideen, nicht nur Informationen und Mitteilungen. Und da kann ich all jenen nachempfinden, die denken/meinen, ihre Beiträgen wären jetzt nicht unbedingt für eine Netzöffentlichkeit wichtig und aus diesem Grund eher zuschauen als zu posten (habe dazu schon mal geschrieben in meinen Kommentar ganz unten zum Beitrag hier). Trotzdem und das lernte ich hier, wäre ohne die bereitwillige Beteiligung all unserer Blogger hier der OpenCourse gar nicht möglich gewesen. Daher: vielen Dank all diesen!!! Diese stellen sich ja auch der öffentlichen Kritik, für mich ist es ein wenig wie „laut und unter Zuschauern denken, laut/öffentlich Lernen“.
ich glaube, was dabei gleichzeitig wichtig ist, ist unser Umgang miteinander. Andrea Brücken schrieb in ihrem Post „Nach dem Course ist vor dem Kurs, oder? – Natürlich nicht!“ dass Teilnehmende „… – „erst mal ihre Befindlichkeiten prüfen bevor sie sich online äußern. Was ich denke, ist eines, was ich dann poste, was anderes.“ Ich denke, das ist ein wichtiges Element für den Umgang miteinander, der mich manchmal überrascht hat, wie sehr „aus der Hüfte geschossen“ wurde und ich dachte, wie sehr dies doch auch im öffentlichen Raum passiert. Vielleicht stimmt es und wir hätten in der Veranstalter Rolle hier noch stärker auf den guten Umgang miteinander achten sollen, vor allem
in der Schulmeister Woche fielen die Reaktionen aufeinander und auf ihn teilweise aus dem Rahmen. Andererseits dachte ich, wenn sich jemand öffentlich mitteilt, ist er auf Reaktionen vorbereitet. Ich weiß es nicht genau, ich glaube das ist Teil der Rollenklärung, die man als Veranstalter vornimmt, und man kann bei diesem neuen Format eben nur einen Teil seiner eigenen Rolle im Vorfeld klären, da es eben so neu ist, und einen anderen Teil klärt man im Laufe des Kurses selbst, adaptiert, bespricht im Team und entscheidet. Einige Rollenfragen entstehen eben erst im Laufe des Kurses und man ist vorher nicht ganz darauf vorbereitet. Das gehört eben auch zum Lernen in der Rolle als Veranstalter, live am Format.
Was man auch sehen muss: die Referenten sind auch unterschiedlich darauf vorbereitet, da sie ja unterschiedlich intensiv im Netz öffentlich unterwegs sind (z.B. selbst bloggend, twitternd). Christian Spannagel sagte mir z.B. bei einem Treffen, dass er gerade von Kritik lebt und sich diese wünscht und hat ja auch zu seiner Session auch kritische Rückmeldungen eingefordert und selbst ins Netz gestellt.
Nun zu den vielbesprochenen „Lurkern“
Über die wurde ja schon so oft geschrieben in diesem Diskurs und ich glaube es scheint ein großes Thema für uns, wie weit wir sie aktivieren oder nicht.. in einer Debatte hier war es zumindest immer wieder ein wichtiges Thema, z.b. ob der Lurker Begriff nicht zu negativ besetzt sei, Andrea Brücken machte sich in ihrem neusten Beitrag nochmals Gedanken dazu, in der Diskussion (unter anderem auch von daspi und Lore Ress) ging es um geschützte Räum unde Horst Sievert schreibt, dass ihm 90-9-1 nicht genug seien.
Nun, ich sehe es so: ein OpenCourse ist für mich definitiv etwas anderes als ein geschlossener Kurs mit einem Zertifikat und vorgegebenen Lernzielen. Und auch wenn in einem geschlossenen Kurs (egal ob der öffentlich stattfindet oder nicht, ich meine damit eher man meldet sich an und bekommt ein Zertifikat) die teilnehmenden selbst ihre Lernziele definieren, so zahlen sie meiner Meinung nach auch ein wenig für Taktung und Betreuung neben dem Content (die Diskussion hatten wir schon mal in Woche 4 zur PLE-Session und nochmals ein wenig rund um das Thema Qualität, auch daspi greift den Punkt diese Woche nochmals auf). In solchen Settings begleite und betreue ich die Teilnehmenden, ein gewisses Ziel zu erreichen, dafür zahlen sie mich schließlich auch. Und selbst da überlasse ich den Teilnehmenden immer noch, wie stark sie aktiv werden, es giubt nur gewissen Mindeststandards an Mitteilungen, die eingehalten werden müssen, damit man sieht, das Kursziel ist erreicht und das Zertifikat kann vergeben werden (s. die Diskussion rund um Petra Grells Vortrag auf der GML, „Partizipation unter Zwang“).
Im OpenCourse hab ich da eine klare Haltung: wer will, will, wer nicht will, will und muss nicht 😉
Dazu hab ich dieses Schaubild mal angefertigt:
(sicher sind die Gruppen anteilsmässig anders als auf dem Bild dargestellt, aber es ging mir nur um die visuelle Verdeutlichung nicht um die Widerspiegelung der korrekten prozentualen Aufteilung. Und: Die Übergänge zwischen den Gruppen sind fließend.)
Gruppe 4 sind die Vielschreiber und Vielblogger, um die muss man sich ja keine „Sorgen“ machen, die schreiben, bloggen, fühlen ggf. Community, vernetzen sich, referenzieren aufeinander und fühlen sich vielleicht sogar ganz wohl in der Eigenbeteiligung und -aktivierung.
Gruppe 3 sind die, die mich am meisten interessieren. Die, die gern würden, aber sich nicht trauen (Inhaltsebene) oder nicht wissen wie (Medienkompetenz) oder beides. Mich interessiert dabei in Sachen Aktivierung diese Gruppe, die gerne würden, aber vielleicht mehr Unterstützung, Betreuung, Anleitung, geschützte Räume bräuchten, um mitzumachen. Das sind auch die, die im Unterrichtsszenarien im Raum mit ein wenig gutem Zureden leicht aktivierbar sind. Die Frage war auch in der Mittwochssession in AdobeConnect: ist es nur die mangelnde Medienkompetenz, die fehlt oder der inhaltliche, sprachliche Mut, ich glaube beides oder letzteres ist ebenso wichtig wie die Inhaltsebene und komme wieder mit der Einschätzung der Wertigkeit des eigenen Beitrags in Bezug auf die Gesamtgruppe (Kerr & Bruun 1983). Ich hab mir – auch im Präsenzworkshops- auf die Fahen geschrieben, denen genau die Unterstützung, den Raum, die Geduld usw. zu geben, die sie brauchen, um sich einzubringen, wenn sie wollen.
Gruppe 2 lesen gerne, sind damit happy und verfolgen das ganze interessiert und möchten auch gar nicht unbedingt schreiben. Lernen aber viel beim Lesen. Meine Untersuchungen im Kontext der virtuellen Konferenzen hat mir viel Entspannung an em Punkt gebracht, dise Gruppe lernt auch viel, dadurch dass sie mitliest. Ich frag mich die ganze Zeit, wie diese Gruppenmitglieder sich fühlen muss, hier lesen, wie oft wir über sie schreiben ;-)) Hoffentlich schmunzelnd, dass wir uns über sie so viele Gedanken machen ;-)) (Daniel Spielmann verwies mit Recht darauf hin in der MI-Session, auch hier gibt es einiges an Literatur dazu.)
Gruppe 1 hat sich mal angemeldet, wusste vielleicht gar nicht so genau zu was, hat dann doch nicht mitgemacht mangels Zeit, Passung, Interesse usw..
Abschließendes Fazit zu ein paar weiteren Aspekten
Am Thema vorbei?
Ok, Joachim Wedekind schrieb es mal in seinem Halbzeit Artikel: ein Stück haben wir zwar das Thema nicht verfehlt, aber zumindest nicht alles abgedeckt rund um die „Zukunft“ des Lernens. Da ist also noch Platz für weitere OPCOs zum Thema, vielleicht ein mehr weg von den Neuen Medien, damit das Lernen und Bildung generell mehr thematisch zum tragen kommt.
Struktur des Kurses
Mein Fazit auf die Struktur des Kurses: ich würde vielleicht mal eine Taktung von 2 Wochen je Thema probieren, aber sicher nicht länger wie die Kanadier jetzt, die es mit einem neunmonatigen (!) MOOC starten zum Thema „Welcome to Change: Education, Learning, and Technology!“. Wer also weitermachen will, kann dort direkt im September einsteigen, eine erste Kursübersicht ist online. Zudem würde ich ggf. vertiefende Räume für Themen anbieten, wie es z.B. im eduMOOC 2011 – Online Learning Today … and Tomorrow stattfindet und ich in einigen Beiträgen (die ich jetzt auf die Schnelle nicht mehr finde), gelesen habe. Das bringt mich auf den letzten Punkt:
Ich würde die Beiträge ggf. nach Wochen/Themen noch mehr verlinken, um sie nachträglich besser auffindbar zu machen. Wie viel ich nach Dingen gesucht habe, die ich bei jemandem gelesen habe aber dann nicht mehr gefunden. Daher: vielleicht Blogkategorien nach Wochen.
Inhaltsebene und Wissenschaftlichkeit
Interessant ist, dass Andrea Brücken schrieb, sie habe die wissenschaftliche Orientierung mal bemängelt. Mir ging es interessanterweise anfangs genau umgekehrt, mir war es zu unwissenschaftlich in den Diskussionen. Ich glaube aber jetzt, dass das vielleicht gar nicht anders geht, da die Wissenschaftsexperten eher nicht hier diskutieren (die treffen sich eher auf den f-2-f Tagungen?) und die Diskussion sich eher am Transfer in die Praxis entspannt (was nicht heißt, dass Sie/Ihr nicht wissenschaftlich schreiben könnt, es geht nur darum, dass die Diskussionen eher praktischer orientiert waren, eher transferbezogen in meiner Wahrnehmung) – was absolut gut und sinnvoll ist. Ich glaube, ich habe das anfangs – mangels Erfahrung – anders eingeschätzt und sehe heute, ich würde die Zielgruppe besser vorher in den Blick nehmen und mir das mehr klar werden, für wen ist das, wen will ich erreichen, wer wird da aktiv mitmachen. Hier habe ich die größte Lernkurve. Wobei mich der Beitrag von Ellen Trude in der Adobe Connect Session ermutigte, dass es schön ist, wenn man wissenschaftliche Ergebnisse in die Praxis bringt und das auch eine gute wichtige, Rolle von uns (als Uni) ist.
Rollen
Auch die Rollendiskussion hängt damit zusammen und kam die Woche nochmals oder vielleicht erstmalig hoch und wurde mehrfach (z.B. von Andrea Brücken und Jasmin) kommentiert – danke dafür! Mir ist diese Rollenerwartung nochmals aufgefallen, als Christian Spannagel seinen Vortrag auf der GML anmoderierte quasi mit den Worten: „Ich mach jetzt mal nix Wissenschaftliches“ – heisst wir moderieren an, wenn wir diese Rolle verlassen? Ich denke, dazu hab ich schon in der Mittwochsession einiges gesagt und ja klar: ich bin authentisch, nur es war eine „Überwindung“ und ist ein Rollenspagat ohne X Studien zu zitieren so frei zu bloggen, da spiegelt sich meine oben genannte Lurker-Mentalität, die ich nach Kerr & Bruun begründet habe, auch bei mir wieder: sind meine Beiträge denn wirklich wichtig genug, dass ich sie wirklich mitteilen muss? (eine immer wiederkehrende innere Frage). Ich habe mich hier mal dazu gezwungen, auch weil es in den Freitextangaben zur Evaluation die Rückmeldung gab, wir hätten noch inhaltlicher sein dürfen in den Zusammenfassungen der Woche. Da erlaube ich es mir auch nochmal im Fazit. Was macht man denn da eigentlich: man verknüpft eigenes und von anderen geschriebenes, fasst zusammen, gibt neue Impulse und eigene Meinungen, Wahrnehmungen dazu. Es ist auch Service am „Kunden“ dies für andere zusammenzufassen,(auch damit er sie nicht alles lesen muss) und ggf. zu reflektieren. (Interessant ist in diesem Kontext auch nochmals der Beitrag von Monika König zur „wissenschaftlichen Bloggerin“).
Soweit, meine Eindrücke, sie spiegeln nicht unbedingt die den ganzen Veranstalterteams heißt, wir haben das nicht abgestimmt, heißt aber auch nicht, dass sie unbedingt anderer Meinung sind, es heißt nur: es ist mein persönliches Fazit). Danke an alle, die mitgemacht haben. Danke an alle Referenten, die sich hier öffentlich hingestellt haben, mir wurde bewusst, was das auch bedeuten kann. Und danke an alle die fleißig gebloggt, getwitter, kommentiert und mitgemacht haben, Ihr/Sie alle haben dieses Event überhaupt erst möglich gemacht! Dank dafür!!! Gruss Claudia Bremer