Bildquelle. Ein Artikel im Rahmen von #opco11. Zunächst die Fakten: Für alle meine Physik- und Mathematik-Klassen habe ich Facebook-Gruppen gegründet. Genauer gesagt, gründen lassen. Erzähle ich dies anderen Lehrern habe ich meist ungeteilte Aufmerksamkeit.
Doch der Reihe nach. Wenn ich an Facebook (FB) und Schule denke, dann erinnere ich mich an ein chinesisches Sprichwort, dass ich kürzlich bei einem Vortrag einer informationstechnisch sehr kompetenten Schulleiterin (ja solche Menschen gibt es) gehört habe: „Wenn der Wind des Wandels weht, bauen die einen Schutzmauern, die anderen bauen Windmühlen.„
Über die Gefahren, dem bösen Facebook, sorry, FB, geplante bzw. schon stattgefundene Informationsveranstaltungen zum Schutz der Schüler und Lehrer (!), wird viel berichtet. Und bitte verstehen Sie mich nicht falsch: den richtigen Umgang mit FB muss gelernt werden, ganz ohne Frage. Ich selbst habe solch eine Veranstaltung noch für diesen Monat in meiner Schule initiiert. Und sicherlich ist auch die Frage des Datenschutzes relevant, auch dies will ich nicht einfach beiseite schieben.
Dennoch: ich sehe so viele Möglichkeiten in sozialen Netzwerken. Und hier muss ich dahin gehen, wo meine Schüler sind – und da gibt es nur ein Ort: FB. Ganz ehrlich: ich backe pädagogisch mit FB kleine Brötchen. Mein Vorschlag an meine Schüler hörte sich in etwa so an:
Liebe Leute (ich sage immer „lieb“, auch wenn ich hin und wieder bemerke, dass sie gar nicht lieb sind), lasst uns gemeinsam eine FB-Gruppe gründen, einfach um die Hausaufgaben zu posten, Nachfragen zu ermöglichen, für Arbeiten zu lerrnen und überhaupt.“
Meine Güte, ich war verwundert, wie einfach das war. Ein Schüler wurde beauftragt die Gruppe anzulegen, zu gründen, und alle einzuladen. Meine einzige Bedingung war nur, dass ich auch Administrator bin. Naja, als Lehrer legt man nicht einfach die Zügel aus der Hand. Vielleicht muss ich einen Beitrag mal entfernen. So weit so gut. Und so sind meine letzten Worte einer üblichen Mathematik-Unterrichtsstunde meist: „Wer postet die Hausaufgaben in FB?“ Manchmal auch: „Wer schreibt in FB, was bei der nächsten Klassenarbeit dran kommt?“ Einmal habe ich auch Lösungen zu Hausaufgaben nachträglich veröffentlicht. Ansonsten kümmere ich mich wenig um die Gruppen, die Schüler verwalten es selbst. Die Gruppen heißen in etwa so: „Mathe 7bR Kurz“, sehr unspektakulär und sie sind geschlossene Gruppen. Vom Vorteil ist auch, dass die Schüler nicht mit mir als FB-Freunde verknüpft sein müssen, auch wenn sie es meistens sind. Und sicher haben auch die einen und anderen gelernt, wie man den Herrn Kurz von diversen Kommentaren ausschließt ohne ihm die (FB-)Freundschauft kündigen zu müssen. Eine liebe Kollegin (hallo C.) hat es meinen Schülern in aller Öffentlichkeit verraten
. Was mir auch in diesem Stadium ganz wichtig ist: alle Kommunikation, Info und Hilfe findet auch im Unterricht und Schule statt. Niemand wird genötigt oder gezwungen in FB einzutreten. Auch das ist mir wichtig.
Und so haben die FB-Gruppen eine gute und wichtige Funktion, wie gesagt, nur ein winziger Baustein für den Unterricht: an die Hausaufgaben wird erinnert. Ganz ehrlich, finde ich gut. Arbeit habe ich ja damit nicht. Und immer das gute Gefühl: wenn ich will habe ich einen Kanal um meine Schüler zu erreichen. Besonders in Physik erreiche ich meine älteren Schüler eher durch FB als durch den Moodle-Kurs, in dem alle präsent sind. Ich benutze FB um an die eigentlichen Inhalte, Kommunikationsmöglichkeiten und Aufgaben in Moodle (ein Kursmanagement-System) zu erinnern.
Wozu benutze ich FB noch? Erstens: fast nie privat. Ich trete in FB als Lehrer auf. Das ist der Preis. Ich dränge mich nie auf, d. h. ich lasse die Schüler immer den ersten Schritt tun, d. h. sie müssen entscheiden, ob sie mir eine Freundschaftsanfrage zuschicken wollen. Und ich lasse sie nie im unklaren, dass ich Lehrer bin. Und dass mir durchaus Statusmeldungen auffallen können (ohne dass ich groß stöbere). Und dass ich z. B. Mobbing und Verstöße gegen die Schulordnung auch in FB nicht dulde. Aber diese schönen Geschehnisse sind eigene Artikel wert.

http://www.flickr.com/photos/massimobarbieri/3185202042/
FB ermöglicht es meinen Schülern sehr bequem mit mir in Kontakt zu kommen. Gelegentlich nehmen das auch Eltern war. Aber alles, wo Schüler mich sprechen wollen, auch ganz wichtige Dinge, geschieht durch persönliche Nachrichten in FB. Als Realschulzweigleiter organisiere ich auch die Abschlussprüfungen im 10. Schuljahr des Realschulzweiges. Viele kleinere organisatorische Fragen und Informationen habe ich über FB abgewickelt, zum Beispiel wann wer wo ihre Präsentationen zur mündlichen Prüfung üben konnten.
Ehemalige Schüler nannten mich mal den FB-Teacher – ich fühlte mich geschmeichelt.
FB ist einfach ein soziales Netz, in dem Schüler schon „drin“ sind, dass ist alles. Spezielle Szenarien, wie z. B. das Aufsetzen eines speziellen Netzwerkes wie Mahara, dass ein viel besseren Schutzraum und technische Möglichkeiten für intuitives E-Portfolio bietet sind meiner Ansicht nach viel besser und zu fördern.
Mein vorläufiges Fazit: bei allen Bedenken vieler Datenschützer im Umgang mit FB, es gibt verschiedene Lernszenarien, da kann und sollte FB eine Rolle spielen. Wichtig ist mir nur, dass Lehrende, also konkret Lehrkräfte in der Schule FB nicht einfach den Schülern als Spielwiese (im schlimmsten Fall als Mobbing-Spielwiese) überlassen. Wie häufig habe ich schon das Statement von Schülern gehört: „Du weißt aber, dass hier (in FB) auch Lehrer sind, oder?“ gehört. Das freut mich.
Ach, und zuletzt, was soll dieser Hashtag #opco11 ? Ganz einfach: im Rahmen vom Opencourse 2011 „Zukunft des Lernens“ ist dies mein bescheidener Beitrag aus der Schulpraxis, noch ganz ohne einem wissenschaftlichen Hintergrund. In der 2. Woche vom 9. bis 15. Mai 2011 lautet das Thema „Nicht ohne meine Community! Social & Networked Learning“.
Erfahrungen und Gedanken anderer Kollegen, die auch ganz praktisch Facebook im Schulalltag als Medium für den Unterricht einsetzen (und zwar nicht nur als Beispiel zur Medienerziehung) würde ich gerne hören. Bitte schreibt mir hier oder woanders.
Einsortiert unter:
#opco11 Tagged:
Facebook,
Mahara,
Online Communities,
opco11,
Social Networking