29.01 — 05.03., 2016
In der Galerie Bärbel Grässlin ist aktuell die Ausstellung Zweite Welt von Heiner Blum zu sehen. Sie besteht aus einer Reihe von Filmstills, aus Dokumentar- und Unterhaltungsfilmen, die eine enzyklopädisch anmutende Einsicht in das facettenreiche menschliche Wirken geben wollen. Es sind Szenen, die im Bildgedächtnis vieler einen festen Platz haben, wie etwa der Angriff auf Pearl Harbor, der Absturz der Challenger, der Sturm auf den Winterpalast des russischen Zaren, etc.. Sie lassen an prägende Ereignisse der Geschichte denken, menschliche Schicksale, Gräueltaten aber auch Sinnesfreuden und Leichtigkeit. Diese Bilder standen nicht schon vorher fest, sondern wurden aus einem Geschehen herausgeschnitten. Es sind Vergrößerungen und Fokussierungen von Filmszenen, deren Farbe, Helligkeit und Schärfe stark bearbeitet wurde. Die Hinweise auf den Zeitpunkt, in dem sie entstanden sind verschwimmen so im malerischen Eifer und verweisen auf die Geschichte der Kunst selbst. Die Rolle der Fotografie steht hierbei Mittelpunkt. Daher verwendet Blum Zinnfolie als Bildträger, eine Reminiszenz auf die erste Fotografie, die 1826 von Joseph Nicéphore Niépce auf einer Zinnplatte fixiert wurde. Das Faszinierende, dass dieses Material produziert ist, dass es die Bilder zu körperlich wahrnehmbaren Objekten macht. Im Ausstellungsraum wirken sie unter der Spotbeleuchtung wie Fernseher, die dem Betrachter ihren Inhalt entgegenstrahlen. Die Rolle der Fotografie wird aber auch in der Auswahl der Bilder selbst reflektiert. So stehen inszenierte Aufnahmen mit Schauspielern an Filmsets neben dokumentarischen Aufnahmen von Kriegsschauplätzen und fragen nach der Glaubwürdigkeit der Fotografie als Informationsträger. Titel wie Perlenhafen (Pearl Harbor), Brausebad (Eingang zu einer Gaskammer) oder Christa, Ellison, Francis, Greg, Judith, Michael, Ronald (Absturz der Challenger) binden den Bildinhalt dabei scheinbar an die Realität zurück. Was sie aber auch tun ist die Verbindung von Bildinhalt und geschichtlichem Ereignis zynisch zu kommentieren.
Heiner Blum studierte von 1977-83 Visuelle Kommunikation mit Schwerpunkt Fotografie bei Gunter Rambow, Floris M. Neusüss, Klaus Honnef, Wolfgang Kemp und Peter Weibel an der Gesamthochschule Kassel. Seit 1997 ist er an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach Professor für Experimentelle Raumkonzepte.