Latest Posts Under: Sicherheitskultur

von Georgios Kolliarakis

Eigentlich hätte es nicht passender kommen können: Edward Snowdens Geschenk zum jährlichen multimedialen Sommerloch – und zwar international! Die Enthüllungen über das Portal for Real-time Information Sharing Management PRISM, das Datenspeicherungs- und Überwachungsprogramm der amerikanischen National Security Agency, haben (fast) alle überrascht und wurden sofort von allen Seiten dementiert. Die öffentliche Krisenkommunikation verlief dann nach Textbuch: Anhand der Salami-Taktik wurde in den vergangenen acht Wochen immer deutlicher, dass eigentlich alle beteiligten Akteure und Behörden – europaweit, auch in Deutschland – über solche flächendeckenden Überwachungs- und Datensammlungsprozesse seit Jahren Bescheid wussten, sie genehmigt und sogar aktiv gefördert haben.

Now HiringAuch im August sind ein paar interessante Stellenanzeigen unterwegs. Unsere Auswahl aus den Bereichen Internationale Beziehungen und Sicherheitspolitik nach dem Trenner.

von Valentin Rauer

In der ARD wurde kürzlich ein interessanter Dokumentarfilm über das „tödliche Drama von Bad Kleinen“ gezeigt.1 Im Jahr 1993 starben ein RAF-Terrorist und ein Beamter beim Versuch der Festnahme durch die GSG 9, und der damalige Innenminister Rudolf Seiters trat zurück. Interessant sind die Anschuldigung der damals Verantwortlichen gegen Seiters im Film: Er sei nur zurückgetreten, um sich aus der Verantwortung zu stehlen. Diese Aussagen klingen eigentümlich widersprüchlich angesichts des medialen Dauerbrenners zur Drohnenaffäre um den aktuellen Verteidigungsminister Thomas de Maizière. Denn hier lautet eine Argumentation, etwa des ehemaligen Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin: es wäre gut für die Demokratie, wenn der Minister durch seinen Rücktritt die politische Verantwortung übernehmen würde (taz vom 27./28. Juli 2013, S. 21f). Sind die politische Rücktritte also bloß ein Mediendrama, oder sind sie ein Zeichen für eine funktionierende Demokratie?

von Sarah Brockmeier

Am 23. Juli – und damit fünf Jahre nach dem einflussreichen Bericht der Genocide Prevention Task Force 1 – wurde in Washington der Bericht „The United States and R2P: From Words to Action” (PDF) einer hochrangigen Arbeitsgruppe zur Schutzverantwortung (Responsibility to Protect / R2P) veröffentlicht. Er hat das explizite Ziel, eine breitere amerikanische Öffentlichkeit mit dem Konzept der Schutzverantwortung vertraut zu machen. Die allgemeine Schlussfolgerung der Arbeitsgruppe ist wenig überraschend: R2P sei  „weder ein Allheilmittel, noch ein leeres Versprechen“. Die US-Regierung solle sich viel klarer als bisher geschehen hinter das Konzept stellen, im internationalen Kontext eine klare Vision zu den drei Säulen der Schutzverantwortung formulieren und „sich nicht scheuen“ das Konzept öffentlich beim Namen zu nennen. Der Bericht ist aber aus zwei Gründen für die deutsche und europäische Debatte zur R2P interessant. Erstens zeigt er sehr deutlich die Unterschiede zwischen dem deutschen und dem US-amerikanischen Verständnis von R2P.  Zweitens enthält der Bericht eine Reihe von Empfehlungen, die auch deutsche Entscheidungsträger unter Zugzwang stellen könnten.

von Martin Schmetz

„Die Sicherheit des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“

So scheint für Innenminister Friedrich der Art. 1 des Grundgesetzes zu lauten – zumindest legt seine Rede vom Supergrundrecht Sicherheit dies nahe. Durchaus berechtigt warnt man, mit Verweis auf PRISM, Drohneneinsätze, Vorratsdatenspeicherung oder Folter, in Deutschland und vielen anderen westlichen Demokratien vor der Erodierung der Grundrechte und arbeitet sich an der Kritik dieser Programme ab. Leider ist diese Strategie der Kritik zum Scheitern verurteilt, denn sie schaut nur auf Symptome, nicht aber die Ursachen.

Von Stefan Engert

Ich war zunächst so baff über Ihre Aussage, dass ich „zur Sicherheit“ noch mal in unserem Grundgesetz (GG) nachgeblättert habe – der 31. Auflage des GG in der Reihe Beck-Texte im dtv vom Februar 1994. Sie ist etwas älter und noch aus meinen Studienanfangszeiten, und sie wurde sieben Jahre vor 9/11 (2001) publiziert. Aber sie tut’s noch, da die Grundrechte – Artikel 1 bis 19 des Grundgesetzes (GG) – ja besonders geschützt sind und nur mit 2/3 Mehrheit in Bundestag und Bundesrat geändert werden können (Art. 1 und Art. 20 sowieso gar nicht). Also gibt es da grundsätzlich nicht viel Bewegung, weshalb ich in gutem Glauben davon ausgehe, dass das mit den Grundrechten auch heute noch in unserem Staat soweit aktuell ist. Zumal es sich ja durchaus um eine „ewig“ gemeinte, objektive Wertordnung unserer Gesellschaft handelt, die man nicht mal morgen einfach so ändert (vgl. „Lüth-Urteil“ des BVerfG vom Januar 1958). Jedenfalls steht da nichts von „Sicherheit“ – im Gegenteil: Das Sachverzeichnis oder Register des ganzen GG verweist überhaupt nur einmal auf diesen Begriff: „Sicherheit, Einordnung in ein System kollektiver- 24 II“, womit die Mitgliedschaft Deutschlands in der NATO gemeint ist. Aber Art. 24 fällt ja sowieso nicht unter die Grundrechte. Demgegenüber ist in jenem (Grundrechts-)Abschnitt I des GG sehr viel von „Freiheit“ die Rede: so ist z. B. Art. 2 ganz allein den Freiheitsrechten gewidmet, Art. 4, 5, 8, 9, 11 und 12 haben ebenfalls alle irgendwo „Freiheit“ im Titel. Wo wir gerade bei Grundrechten sind: Art. 10 garantiert die Unverletzlichkeit des Fernmeldegeheimnisses – ich komme später noch einmal darauf zurück. Und unter dem Stichwort „Super-Grundrecht“ habe ich auch nichts gefunden.

Matthias FrommMatthias Fromm lebt, studiert und arbeitet in Berlin und zu einem nicht geringen Teil im Internet. Beruflich beschäftigt er sich vor allem mit dem Einsatz von Medientechnologien im Bildungssektor und der Kommunikation in den Bereichen IT und Wissenschaft. Privat bloggt und podcastet er neben Wissenschaftskommunikation über verschiedenste andere Themen, seit Januar diesen Jahres betreibt er zum Beispiel das Open Science Radio. Wir sprachen mit ihm über seine Erfahrungen mit dem Wissenschaftsbloggen, Open Science und Wissenschafts-Crowdfunding.

Our most recent podcast: We were able to talk to the Japanese cultural anthropologist Mihara Ryôtarô while he visited Frankfurt in July for a talk on the Coool Japan Initiative [link]. As we have written on K-Pop in the past, we were very interested to talk about this kind of export promotion of cultural goods as a foreign policy strategy: Do export subsidies of J-Pop artifacts really promote Japanese soft power in the region? What are the dangers of promoting certain images of Japanese-ness? And is fried sushi really cool?

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Mihara Ryôtarô Interview

Mihara Ryôtarô talking with Philipp Offermann and Martin Schmetz (from left to right)

by Chris Lee-Gaston

As police with tear gas and water cannons fuel unrest across Turkey, it seems that many eyes are wearily cast over Europe’s favourite neighbour, soon to join the list of potentially unstable Middle-East nations. Yet even as Erdogan’s messy power play brings Turkey’s democratic survivability into question, the nation’s solar energy industry is breaking new ground and massive nuclear power capacity is quietly being prepared to relieve the nation’s energy import dependency. In Brazil, riots breaking out over a transport price hike reflect the pressures of inflation and widespread corruption: an outburst fuelled by a long history of mismanagement and ineffective policy at state and federal levels. Nevertheless, big plans are underway for the expanding of Brazil’s power grid, set to underwrite national economic growth into 2030 and beyond. Behind these gruelling scenes of democratic upheaval, lie two distinct cases of energy policy in the making, in spite of overt political turmoil. This post highlights two instances of critical energy policy, unfolding behind the scenes.

von Tim Rühlig

Vielfach ist argumentiert worden, China sei einer der Hauptprofiteure von den Enthüllungen des ehemaligen amerikanischen Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden. Amerikas früherer Vizepräsident Dick Cheney sieht in ihm gar einen Spion der Volksrepublik China. Peking wies das sofort zurück. Ein Blick auf die chinesische Diskussion um Edward Snowden zeigt: Nicht nur Cheneys Vermutung schießt deutlich über das Ziel hinaus. Denn die chinesische Führung beobachtet die Entwicklung gleichsam aufmerksam und nervös. Sie fürchtet um ihre eigene Legitimität.

von Irene Weipert-Fenner

Dass in Ägypten und Tunesien der sogenannte Arabische Frühling weitgehend friedlich die jeweiligen Diktatoren zu Fall brachte, hängt unter anderem damit zusammen, dass in beiden Ländern die Armee gegen die Proteste nicht gewaltsam vorging. Doch während in Ägypten das Militär direkt nach der Revolution politische Ämter übernahm und im Juli 2013 erneut intervenierte, um Präsident Mursi abzusetzen, hält sich in Tunesien die Armee aus dem politischen Prozess heraus. Doch welche Rolle genau spielen die Generäle in den beiden Ländern und wie hängt diese mit den zum Teil turbulenten Demokratisierungsprozessen zusammen? Hier ein Vergleich der unterschiedlichen, historisch gewachsenen Positionen der Streitkräfte im Staat, der deren politisches Eingreifen beziehungsweise Zurückhaltung aus dem politischen Prozess verständlich macht. Dabei zeigt sich, dass sowohl die Rolle der Streitkräfte bei der Gründung der Republiken in den 1950er Jahren als auch Strukturreformen in den 1960er Jahren die Grundlagen dafür legten, dass die ägyptische Armee mit Politik und Wirtschaft heute aufs engste verbunden ist, das tunesische Militär dagegen eine Randfigur im politischen Machtgefüge darstellt.

Now HiringDer erste Teil unserer Sammlung an relevanten akademischen Stellenanzeigen der Bereiche Internationale Beziehungen und Sicherheitspolitik aus dem Juli 2013.

von Marco Fey

Am vergangenen Freitag näherte sich eine Langstreckenrakete der Westküste der USA. Vom Luftwaffenstützpunkt im kalifornischen Vandenberg stieg sogleich eine Abwehrrakete auf. Ihre Mission: die sich nähernde Bedrohung noch vor Wiedereintritt in die Atmosphäre abzufangen und durch die kinetische Energie des Aufpralls zu zerstören. Doch der Abfangversuch – seit 2010 der erste Test des bodengestützten US-Raketenabwehrsystems – missglückte. Das Programm ist teuer, gefährdet die strategische Stabilität – und funktioniert nicht. Stephen Schwartz (@SchwartzCNS), Herausgeber der Nonproliferation Review und Mitarbeiter am James Martin Center for Nonproliferation Studies (Monterey), brachte es Freitag in einem Tweet auf den Punkt:

von Philipp Offermann

KameraAlle reden vom Vertrauensbruch, vom angemessenen Verhalten unter Freunden. Um es mit Innenminister Friedrich zu sagen: “Diese Mischung aus Anti-Amerikanismus und Naivität geht mir gewaltig auf den Senkel.” Denn abzuhören, Informationsbeschaffung ohne Wissen der ausgeforschten Personen, das ist nun mal das wesentliche Mittel, welches Geheimdienste einsetzen: Es ist ihr Wesenszweck. Staaten oder sonstige Akteure haben immer per Spionage zumindest auch ihre Sicherheit verteidigt. Einiges an gerade zu vernehmender Empörung geht deshalb am Kern vorbei. PRISM und Tempora sind eine Katastrophe, aber aus weit wichtigeren Gründen, die im “Hättet Ihr uns das nicht früher sagen können”-Schmollwinkel leicht untergehen: weniger die mangelnde Transparenz ist das Problem, als vielmehr die anlasslose Datensammelwut, die kulturell tief in in dieser Hinsicht weitestgehend unregulierten Sicherheitsapparaten verwurzelt zu sein scheint.

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