von Marco Fey

Diesen Oktober jährt sich die Kubakrise zum 50. Mal – damit sind jene 13 Tage im Herbst 1962 gemeint, die als der gefährlichste Moment des nuklearen Zeitalters [siehe zum Beispiel hier und hier] in die Geschichte eingegangen sind und das Denken über strategische Stabilität nachhaltig verändern sollten. Die Welt stand damals am Rande des Atomkriegs und kurz davor, den nächsten Schritt zu gehen. Dies war keineswegs der erste und leider auch nicht der letzte sogenannte nukleare near-miss. Mal war es der aufgehende Mond, der auf dem Radar wie ein Nuklearschlag aussah, mal eine Formation von Gänsen; meist war es technisches, manchmal menschliches Versagen, das beinahe einen Gegenschlag auslöste.

Cyberwar, Cybersecurity, Cyberspionage… der Präfix Cyber ist momentan besonders in der Presse sehr beliebt, um Themen gefährlicher und mysteriös klingen zu lassen. Dass das problematisch ist und hinterfragt werden muss, haben wir bereits mehrmals erläutert. Umso besser, wenn sich jemand die Zeit nimmt, über die Begrifflichkeiten und Hintergründe zu sprechen.

Drohnen lügen nicht

von Stefan Engert

Drohnen sind nicht-bemannte und lenkbare Flugobjekte unterschiedlicher Größe. Sie werden meistens zum Zwecke der Aufklärung sowie Erkundung eingesetzt. Mit einer Drohne hätten die USA also bspw. die sowjetischen Atomraketen auf Kuba ganz entspannt entdecken können, d.h. ohne das Leben der amerikanischen U2-Piloten, die damals die Fotos machten, zu gefährden. Von daher gesehen scheinen Drohnen ganz nützlich sein – vor allem für die Seite, die die Drohne einsetzt. Die Aufklärungsflüge können aber auch die Privatsphäre sowie die Bürger- und Freiheitsrechte der observierten Individuen verletzen; darüber hinaus die Souveränität der Staaten, in deren Territorium oder Luftraum sie ohne Erlaubnis operieren. Da Drohnen aber fast ausschließlich in Krisengebieten oder „failed/failing states“ eingesetzt werden, also Staaten wie Afghanistan, Irak, Somalia, Pakistan, in denen die o.g. Rechte nicht vollständig (räumlich) garantiert sind, scheint das keinen so recht zu kümmern. Wahrscheinlich wäre das anders, würden z.B. Drohnen anderer Staaten einfach so zum Observieren mal über Frankfurt oder Berlin fliegen.

von Ben Kamis

Many theories of international conflict explain virtually all decisions states make with reference to strategic interaction. That is, the actors are trapped in some decision matrix analogous to a member of the game theory bestiary: chicken game, prisoner’s dilemma, battle of the sexes, etc. While this makes the actors’ decisions contingent on each other, it gives the impression that each has freedom to choose within the matrix. Some more refined approaches see the matrix itself as contingent, implying that the actors could choose a different matrix, a different definition of the situation, if they really wanted to. What both of these conceptions miss is how historically conditioned and inertial these situations are. The matrices themselves aren’t necessarily chosen; they have a history, and it might be an utterly absurd history, but that absurdity makes them no easier to change. Absurd international conflicts are not just born, they are made – often over the course of centuries.

von Martin Schmetz
Beim Angriff auf das amerikanische Konsulat in Benghazi  starben am 11. September zwei Personenschützer und zwei amerikanische Diplomaten, der amtierende Botschafter für Lybien sowie der IT-Experte Sean Smith. In ihrer Trauerrede zeichnete Außenministerin Clinton zunächst den beruflichen und privaten Werdegang ihres Mitarbeiters nach, um dann einen bemerkenswerten Satz hinterher zu senden: “And that’s just in this world, because in the virtual worlds Sean helped create, he is also being mourned by countless competitors, collaborators and gamers, who shared his passion.”

von Christopher Daase

Dass es mit der parlamentarischen Kontrolle in Deutschland nicht weit her ist, hat Andreas Voßkuhle, oberster deutscher Verfassungsrichter, erst jüngst in seiner Urteilsbegründung zu Fiskalpakt und Euro-Rettungsschirm der Politik ins Stammbuch geschrieben. Nirgends aber wird das dieser Tage so deutlich wie im Bereich der Sicherheitspolitik. Die Tatsache, dass der Militärische Abschirm-Dienst (MAD) über Monate wichtige Dokumente im Zusammenhang mit den NSU-Morden dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss vorenthielt, ist schon an sich bedenklich. Dass dieser Umstand vom verantwortlichen Minister, der die Papiere kannte, als “unsensibel” entschuldigt wird, zeigt zusätzlich, welche Geringschätzung dem Parlament und seiner Kontrollfunktion von Seiten der Sicherheitsbehörden entgegengebracht wird.

von Valentin Rauer

Künftig ist eingeschränkt der Einsatz der Bundeswehr im Innern erlaubt – und niemand kommentiert. Niemand? Doch: die Juristin und Schriftstellerin Juli Zeh ruft in der Süddeutschen Zeitung ein fassungsloses „Hallo?“ (SZ 01.09.2012, S. 2) in die schweigende Öffentlichkeit. Wie kann es sein, das eine „heilige Kuh“ der deutschen Sicherheits- und Erinnerungskultur nach dem Zweiten Weltkrieg geschlachtet werde, ohne dass es zu öffentlichen Protesten oder zu anhaltenden Debatten komme?

von Julian Junk

Spätestens seit einem vielbeachteten Artikel von Außenministerin Clinton in Foreign Policy (November 2011) mit dem Titel „America’s Pacific Century“ rauscht und raunt es im sicherheitspolitischen Blätterwald. Ist Europa nun endgültig der Aufmerksamkeit der USA entzogen? Wird die NATO nur noch zu einem strategisch hohlen Relikt transatlantischer Zuneigungsbekundung und spielt die sicherheitspolitische Musik nun neuerdings im Pazifik? Nein, denn, wie dieser Beitrag argumentiert, handelt es sich bei der aktuellen Politik der Obama-Administration weder um ein Nullsummenspiel noch um einen Bruch mit historischen Kontinuitäten.

Security Times

von Andrea Jonjic und Philipp Offermann

“Cyber-Krieg – der Begriff dringt langsam ins öffentliche Bewusstsein” schreibt Eugene Kaspersky heute in der SZ (offline). Eine recht vorsichtige Umschreibung für eine buzzword-Karriere, die bald Globalisierungs-artige Züge annehmen könnte.  Dass der Begriff mehr verschleiert als erhellt, haben wir hier im Blog schon oft thematisiert. Doch mit der Lektüre des Kaspersky-Beitrags wird nicht nur die Bedrohung eines internationalen Cyber-Kriegs vor Augen geführt – nein, es ist ein “Angriff auf den Alltag”. Zumal Kasperskys Aussenansicht im Zusammenhang steht mit einer etwas klandestinen Zusammenkunft in Bonn, dem Cyber Security Summit.

von Stephan Engelkamp

Im westfälischen Münster tobt seit Monaten ein Streit, der die Bürger der Stadt in zwei Lager spaltet: Es geht um die Frage, ob man heute einen Platz nach dem ehemaligen Reichspräsidenten und Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg benennen sollte. Was vordergründig wie eine Provinzposse erscheint, offenbart auf den zweiten Blick erstaunliche Einblicke in das ambivalente Verhältnis der deutschen Gesellschaft zu ihrer eigenen Geschichte.

Stricken als politischer Protest

von Gabi Schlag

Mittlerweile ist es ruhig geworden um Pussy Riot – hier und da noch ein Artikel über die Degeneration des russischen Rechtsstaates, der Kritiker zu langjährigen Haftstrafen verurteilt und zur Besserung ins Arbeitslager schickt (FAZ, 6.9.2012).Dabei sind die Aktionen von Pussy Riot ein Paradebeispiel für die politische Ambivalenz von Kunst.

Ein Schutzengel für die Heimatfront

von Philipp Offermann

Die Bundesrepublik Deutschland tut sich traditionell ja immer etwas schwer mit ihrem Verhältnis zum Militärischen. Das ist auch gut so, denn das war nicht immer so: So läßt sich vielleicht die gebrochene Haltung der deutschen Öffentlichkeit gegenüber der Bundeswehr und ihren Aktivitäten auf den Punkt bringen. Daran konnten bisher auch die Bücher der heimkehrenden Soldaten nichts ändern, die an einem schönen Tag zu sterben aus der Endstation Kabul vom Knurren der Panzer im Frühling zu berichten wissen.

Die Drohnen des Herrn de Maizière

von Christopher Daase

Nun auch Deutschland. Vor wenigen Tagen ließ Verteidigungsminister Thomas de Maizère verlauten, dass auch die Bundeswehr sich bewaffnete Drohnen zulegen will. Bis 2015 wolle man sich mit einem Leasing-Modell behelfen, danach eigene Drohnen kaufen und ab 2020 eine europäische Drohne in Dienst stellen, die gemeinsam mit Großbritannien und Frankreich entwickelt wird.

von Martin Schmetz

Die Debatte um Onlinedemos in Form von DDoS-Attacken ist gerade in Deutschland in vollem Gange. Die Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Linken kam zu dem Schluss, dass DDoS-Attacken keine Form politischer Äußerungen im Sinne einer Demonstration seien. Gleichzeitig sehen sich Jugendliche drakonischen Strafverfolgungsmaßnahmen wegen der Beteiligung an eben solchen Attacken auf die Gema ausgesetzt. Das Problem ist nur: Ich glaube, dass die Diskussion, wie sie auch hier bereits geführt wurde, am Thema vorbei geht. Ich bin mir noch nicht einmal sicher, was eine Onlinedemonstration ist.

von Stefan Engert

Die “größte Sicherheitsoperation [Groß]Britanniens seit dem Zweiten Weltkrieg”? Afghanistan? Nein. Die Falkland Inseln? Auch nicht. Es ist Olympia 2012 in London [Welt online]. Die Sicherheitsmaßnahmen kosten den britischen Steuerzahlen eine Menge: 1 Mrd. GBP für Prävention [taz]. Noch beeindruckender als diese Zahlen sind allerdings die Maßnahmen, die angewendet werden, um Terroranschlägen vorzusorgen. Die Liste liest sich tatsächlich ein bisschen wie aus einem Kriegsgebiet kommend: Seit Samstag gilt – außer für Linienflüge – eine komplette Sperrung des Londoner Luftraums.

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