Ein Plädoyer für das Hörbuch

Ich habe schon immer gerne und viel gelesen. Während meiner Schulzeit habe ich teilweise ein ganzes Wochenende nichts anderes gemacht und mal ebenso einen Roman von 400 Seiten verschlungen. Ich habe schon Nächte durchgelesen, weil ich das Buch einfach nicht weglegen konnte. Und weil ich so gerne lese, wollte ich unbedingt Literaturwissenschaft studieren.

Natürlich liest man im Literaturstudium auch Literatur. Und ich mochte es durchaus, dass ich so Bücher und Autoren kennenlernte, die ich sonst wohl nie gelesen hätte. Meine Lesequote ist mit dem Beginn des ersten Semesters jedoch rapide eingebrochen. Plötzlich musste ich unglaublich viele Forschungstexte lesen und wenn ich damit endlich fertig war, hatte ich keine Lust mehr, ein Buch aufzuschlagen. 

Dass ich plötzlich keine Zeit und keine Lust mehr zum Lesen hatte, hielt mich jedoch nicht davon ab, mir weiterhin Bücher zu kaufen. Mein Bücherschrank wuchs und wuchs und mittlerweile habe ich fast mehr ungelesene als gelesene Bücher, auch weil ich immer mal wieder gelesene Bücher aussortiere.

Ein großer und gefüllter Bücherschrank ist ein Kindheitstraum von mir. Beim Umzug ist er dagegen eher ein Hindernis. Und nachdem ich in den letzten Jahren mehrfach umgezogen bin, brauchte ich eine Alternative, vor allem für die Romane, die ich mir für das Studium anschaffen musste und muss. Eine sehr naheliegende Lösung ist das E-Book. Lesbar auf Smartphone, Tablet oder dem Computer hat es kein zusätzliches Gewicht und ist leicht mitzunehmen. Doch lesen muss man es dennoch und das Zeitproblem bleibt ungelöst.

Vor etwas mehr als einem Jahr entschied ich mich, ein Hörbuch-Abo abzuschließen. Mittlerweile gibt es verschiedene Anbieter, Audible und Bookbeat sind wohl die bekanntesten. Beide haben eine große Auswahl an Hörbüchern. Seitdem habe ich so viele Bücher „gelesen“ wie noch nie zuvor. Bus- und Bahnfahrten, Spaziergänge oder die wöchentliche Tour durch den Supermarkt – überall kann ich jetzt lesen. Bücher, die ich lesen möchte, und Bücher, die ich lesen muss. In der Vorbereitung für das kommende Semester habe ich festgestellt, dass fünf der zehn Romane, die auf dem Plan stehen, als Hörbuch in meiner App vorhanden sind. Das spart Geld und Zeit. Und Spaß macht es auch. Der sonst eher langweilige Weg zur Arbeit wird mir derzeit von Wolfang Herrndorfs Tschick versüßt. Marius Clarén, der einfach wunderbar unterhaltsam vorliest, macht das nur noch amüsanter.

Die Vorbereitung auf das Semester macht mir plötzlich Spaß und ich kann meine Arbeitszeit voll und ganz auf meine Hausarbeit fokussieren, ohne mich noch um das Lesen zu kümmern. Und wie fürs E-Book gilt auch hier: Das digitale Hörbuch wiegt nichts und nimmt keinen Platz in den Regalen weg.

Ja, Hörbücher sind kein „richtiges“ Lesen. An mich selbst hatte ich immer den Anspruch, lesen auch als eine geistige Tätigkeit zu sehen. Gerade kompliziertere Romane habe ich gerne als eine Art „Trophäe“ im Regal. Aber seit ich dieses Abo habe, habe ich sehr viele neue Bücher kennengelernt. Entgegen meiner Befürchtungen fand ich es teilweise sogar einfacher, konzentriert zuzuhören als den entsprechenden Text selbst zu lesen. Das gilt vor allem für ältere Texte: Ob Kafka, Oscar Wilde oder E. T. A. Hoffmann – durch Betonungen und Pausen macht das Vorlesen für mich vor allem einen sprachlich anspruchsvollen Text verständlicher. Ich kann mich somit mehr auf den Inhalt der Geschichte konzentrieren und habe ganz automatisch auch mehr Spaß daran. Und letztendlich geht es beim Lesen in der Freizeit doch auch genau darum, um die Unterhaltung und den Spaß an der Sache. Zumindest ist das für mich die Hauptsache. Ich möchte neue Welten erleben, lustige Geschichten hören, mich an poetischer Sprache erfreuen und Bücher einfach nur genießen! Und all das kann ein Hörbuch mindestens genauso gut wie ein gedrucktes Buch.

Habt ihr ähnliche Erfahrungen gemacht? Was sind eure Lieblings-Hörbücher? Lasst es uns gerne in den Kommentaren wissen!

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