Diesen Vorsatz sprechen einige zum Jahreswechsel aus und ich zähle mich dazu. Aber wie auch bei vielen anderen Vorsätzen ist es schwer, den Worten Taten folgen zu lassen.
Ich habe angefangen, Literaturwissenschaft zu studieren, weil Bücher schon immer eine wichtige Rolle in meinem Leben gespielt haben. Angefangen beim abendlichen Vorlesen mit meinen Eltern, das ein wichtiger Teil des Ins-Bett-Gehens war, bis hin zu Büchern, die ich innerhalb von wenigen Tagen oder sogar innerhalb einer Nacht durchgelesen habe. Ich weiß noch genau, wie ich mit sechzehn abends von der Klassenfahrt zurückkam – ziemlich erschöpft – aber weil das Buch, das ich vor der Fahrt bestellt hatte, endlich da war, konnte ich mich einfach nicht schlafen legen. Um halb acht abends habe ich angefangen, um vier Uhr morgens war ich fertig. Ich habe viel gelesen – bis ich angefangen habe, Literaturwissenschaft zu studieren.
Die ersten Wochen im Studium waren ziemlich anstrengend. Es brauchte eben etwas Zeit, bis ich mich an das neue Umfeld gewöhnt, meinen Alltag einigermaßen koordiniert hatte und mich im Studium und an der Universität zurechtfand. Hinzu kam ein plötzlich sehr hohes Lesepensum an hauptsächlich wissenschaftlichen Texten. Wenn ich dann nach einem langen Tag an der Uni inklusive Seminarvorbereitung nach Hause kam, hatte ich einfach keine Lust auf Lesen. Denn im Studium war Lesen plötzlich Pflicht und so verbrachte ich meine Freizeit lieber mit anderen, weniger anstrengenden Dingen und vor allem anderen Medien. Zwar habe ich immer wieder versucht, das „private“ Lesen bewusst in meinen Alltag zu integrieren, indem ich zum Beispiel Bücher für die Bahnfahrt mitgenommen habe, aber letzten Endes habe ich die Zeit in der Bahn doch eher genutzt, um Literatur von den Leselisten für das Studium zu lesen.
Anfang 2020 habe ich mir dann vorgenommen, aktiver daran zu arbeiten, mehr zu lesen, denn mein Bücherregal wuchs stetig weiter. Ich habe daher nach Methoden gesucht, wie man mehr lesen kann. Dabei bin ich auf den britischen Booktuber Jack Edwards gestoßen, der in einem Video erzählt, wie er es geschafft hat, 100 Bücher innerhalb eines Jahres zu lesen. Im Folgenden möchte ich euch erzählen, was mir letztendlich geholfen hat.
1. Hörbücher
Nach einem langen Tag – ob an der Uni, in der Schule oder im Büro – ist es anstrengend, mit müden Augen kleingedruckte Buchstaben zu entziffern. Deshalb neige ich dazu, eher den Fernseher anzumachen, als das Buch aufzuschlagen. Ich habe mittlerweile das Hörbuch für mich entdeckt. Natürlich ist das kein „richtiges“ Lesen, aber wenn mich eine Geschichte interessiert, wäre es doch schade, sie zwischen den Buchdeckeln verstauben zu lassen, nur weil ich zu müde zum Lesen bin. Meine Hörbücher höre ich hauptsächlich unterwegs und durch das Vorlesen werden vor allem literarisch anspruchsvollere Texte besser verständlich.
2. Mehrere Bücher gleichzeitig lesen
Überraschend viele Leute haben mich schon gefragt, warum ich mehrere Bücher gleichzeitig lese und ob ich dabei nicht durcheinanderkomme. Vielleicht ist das eine Eigenart von mir, aber ich habe eigentlich immer mindestens zwei angefangene Bücher auf dem Nachttisch liegen. So kann ich immer danach auswählen, worauf ich gerade mehr Lust habe. Wichtig ist dabei für mich nur, dass die Bücher sich nicht zu sehr ähneln. Sie sollten nicht in der gleichen Zeit spielen, der Erzählstil sollte nicht zu ähnlich sein und die Namen der Hauptfiguren sollten gut unterscheidbar sein, denn sonst kann ich tatsächlich durcheinandergeraten.
3. Eine Reading Challenge
Eigentlich bin ich kein Fan davon, den Wettbewerbsgedanken in Hobbys zu integrieren. Aber man muss sich ja nicht immer mit anderen vergleichen. Eine Reading Challenge dient eher dazu, sich selbst ein Leseziel zu setzen und das als Motivation zum Lesen zu nehmen. Ich habe mir vorgenommen, dieses Jahr 15 Bücher zu lesen, ganz egal ob als Hörbuch, E-Book oder Print-Ausgabe. Bisher habe ich elf geschafft. Bei mir führt diese Challenge dazu, dass ich mich häufiger gegen den Fernseher und für das Buch entscheide. Wie viel man in welchem Zeitraum lesen möchte, ist natürlich individuell anpassbar.
4. Mach es dir gemütlich
Für mich ist es wichtig, es beim Lesen gemütlich zu haben. Am liebsten lese ich im Bett oder in meinem Sessel und mache mir dazu einen Tee oder einen Kakao. Denn schließlich soll Lesen ja Spaß machen. Gerade im Herbst und Winter hat Lesen etwas Gemütliches, finde ich. Tee, Kekse, eine kuschelige Decke und ein gutes Buch in meinem Lieblingssessel!
5. Bücher mitnehmen
Ein Buch, das ich nicht bei mir habe, kann ich nicht lesen. Und wenn ich das Buch schon dabeihabe, schlage ich es vielleicht eher auf, ob in der Bahn, im Urlaub oder in den zehn Minuten, in denen ich auf eine verspätete Verabredung warte. Handlicher wird das mit einem E-Reader, geht aber natürlich auch anders.
6. E-Books
Anknüpfend an Punkt 5 seien hier noch einmal E-Books im Speziellen angesprochen. Sie sind nicht nur handlicher und leichter, sondern auch (teilweise deutlich) günstiger und schneller angeschafft, weil Lieferzeiten wegfallen und ich nicht extra in die Buchhandlung muss. Gerade, wenn ich eh schon mit viel Gepäck unterwegs bin, ist der E-Reader (oder alternativ das Handy oder Tablet) deutlich leichter als ein dickes Buch.
7. Öffentliche Bücherschränke und Leihbibliotheken
Bücher muss ich nicht immer kaufen. Zumal es häufig scheint, als würden in allen Buchhandlungen die gleichen Bestseller ausliegen. Gerade, wenn ich nicht weiß, was ich lesen möchte, bieten Bibliotheken und auch öffentliche Bücherschränke die Möglichkeit, in Ruhe zu stöbern und so vielleicht etwas Neues zu entdecken.
8. Den Fokus behalten
Gerade beim Lesen in der Bahn fällt es mir häufig schwer, mich voll auf das Buch zu konzentrieren. Aber auch zu Hause lasse ich mich manchmal leicht ablenken und kann einfach nicht so richtig in den Text hineinfinden. Die Folge ist, dass ich zwar zehn Seiten gelesen habe, aber eigentlich nicht wirklich weiß, was passiert ist. Ich habe verschiedene Methoden ausprobiert, um den Fokus zu behalten und möchte sie gerne mit euch teilen. Gerade, wenn viel um mich herum los ist, hilft es mir, beim Lesen Musik zu hören. Es muss ruhige Musik ohne Text sein – beispielsweise Klaviermusik –, damit sie mich nicht ablenkt, sondern eine Art akustische Mauer um mich herum baut. Des Weiteren hilft es mir, ein Lesezeichen unter die Zeile, die ich gerade lese, zu halten und somit eine neue Zeile immer erst freizulegen. Durch diese Bewegung wird die Aufmerksamkeit automatisch immer wieder auf den Text gelenkt. Das funktioniert auch, indem ich mit dem Finger die Zeilen entlangfahre.
9. Der Mut zum Abbruch
Ich war schon oft in der Situation, dass mich ein zunächst vielversprechendes Buch nach fünfzig Seiten noch nicht gepackt hatte. Sei es, dass die Geschichte sich anders zu entwickeln scheint, als ich gedacht hatte, dass mir die Hauptfigur unsympathisch ist, oder mir der Erzählstil nicht gefällt. Aber vielleicht wird es ja besser? Ja, vielleicht. Aber ein Buch, dass mich nach hundert Seiten noch nicht gepackt hat, wird es nach zweihundert auch nicht mehr tun. Und selbst wenn doch – will ich wirklich so lange darauf warten?
„Das Leben ist so kurz! Selbst wenn Sie ein Bücherfresser sind und nur fünf Tage brauchen, um ein Buch zweimal zu lesen, schaffen Sie im Jahr nur siebzig. Und für die fünfundvierzig Jahre, von fünfzehn bis sechzig, die man aufnahmefähig ist, ergibt das 3150 Bände: Die wollen sorgfältig ausgewählt sein.“*
Arno Schmidt (zitiert nach: Astrid Meyerle, Deutschlandfunk Kultur, 30.12.2016. Letzter Zugriff: 16.09.2021)
Der Buchmarkt ist überfüllt mit guten Büchern und in meiner begrenzten Zeit unter den Lebenden werde ich nur einen Bruchteil davon lesen können. Will ich meine Zeit da wirklich mit einem Roman verschwenden, der mir nur so halb gefällt? Am besten überlegt man sich daher im Voraus, wie viele Seiten lang man einem Buch die Möglichkeit gibt zu überzeugen.
Habt ihr noch Tipps, wie man im Alltag mehr lesen kann?