Dialekte


Als wir im Kulturkiosk-Team über das Gendern diskutierten, kamen wir auch kurz auf Dialekte zu sprechen. Es ist sehr spannend, dass wir nicht nur beim Thema Gendern, sondern auch bei Dialekten sehr verschiedener Meinungen sind. Ich finde es toll, wenn jemand einen Dialekt sprechen kann. Leider kann ich das nicht. Dialekte sind sehr interessant: Die Aussprache der Wörter aus der Standardsprache kann je nach Region sehr verschieden sein, oft hat ein Dialekt eine eigene Grammatik und auch einen eigenen Wortschatz.
Ein Dialekt ist eine regionale oder lokale Sprachvariante. Die Umgangssprache einer Region ist oft durch verschiedene Dialekte beeinflusst, dies sind Regiolekte.

Beispielsweise gibt es für ein Bonbon eine Vielzahl an regional unterschiedlichen Bezeichnungen wie: Bombom, Bonsche, Bollchen, Bolla, Klümpchen, Kamelle, Guatl, Gutsje, Guuzi und noch weitere.
Bei den meisten Dialekten ist es so, dass sie nur gesprochen, aber nicht ausgeschrieben werden. Mundart hört man im Radio in regionalen Sendern, aber auch in (Volks-)Theaterstücken. Dialekte vermitteln eine bestimmte Stimmung.
In René Frelle Petersens Film Onkel (2019) wird Dialekt gesprochen. Alle Darstellenden kommen aus der Region vom Drehort Tondern (dänisch: Tønder), einer Kleinstadt in Süddänemark, der Region, aus der auch der Regisseur René Frelle Petersen und der Produzent Marco Lorenzen stammen. Die authentische Aussprache macht eine Besonderheit in diesem Film aus, der viele Normierungen und die Auszeichnung „Bodil Award for Best Screenplay“ erhielt. Der Dialekt trägt ganz entscheidend zu der Wirkung dieses Films bei.

Es gibt aber auch verschriftlichte Dialekte: beispielsweise Asterix-Hefte in Mundart. Das Buch Der kleine Prinz von Antoine de Saint-Exupéry wurde nicht nur in viele Sprachen übersetzt, sondern es gibt auch Ausgaben in verschiedenen Dialekten. Von Langenscheidt gibt es Sprachkalender und Mundart-Wörterbücher.

Ein Buch, das Dialekte auf eine ganz besondere Weise nutzt, ist die Erzählung Kai Sandemo/ Kai Sandmoser von Hans Herbjørnsrud (Frankfurt 2005). Hier sind Handlung und Sprache miteinander verwoben. Protagonist Kai Sandemo schreibt einem Freund einen langen Brief und verändert während des Berichts allmählich Sprache und Dialekt. Die Sprache wechselt von Dänisch über Bokmål, einer vom Dänischen beeinflussten Schriftsprache hin zum Nynorsk, der von Dialekten geprägten norwegischen Schriftsprache.

Auch Werbung verwendet Dialekte, diese können hierbei gleich mehrere Funktionen haben: Bestimmte Zielgruppen können über Umgangssprache besser erreicht werden, der mögliche Kunde kann sich dadurch stärker emotional angesprochen fühlen, Herkunftsregionen der Produkte werden direkt erkannt und ausgeschriebene Dialekte erfordern es häufig, dass genauer hingeschaut wird. Bekannte Beispiele für Slogans in Mundart ist eine Müsli-Werbung, Werbung für Hustenbonbons aber auch für regionale Brauereien.

Auch Comedy nutzt Dialekte: durch Stimmenimitatoren, oder dadurch, dass mit den typischen Vorurteilen gespielt wird, dass beispielsweise das äußere Erscheinungsbild und die erwartete Sprache nicht zusammenpassen.

Mundart kann ein Heimat- und Zugehörigkeitsgefühl mit sich bringen. Als Kind habe ich kurz in Baden-Württemberg gelebt und gerade den alemannischen Dialekt höre ich besonders gerne. Wer in Frankfurt und oder in der Umgebung von Frankfurt aufgewachsen ist, kennt bestimmt das „Wermsche uff´m Termsche mi´m Schermsche unnerm Ermsche“. Hessisch babbeln kann ich nicht, aber ich verwende Worte, wie beispielsweise Kneipchen oder Kolter, also Worte, die hier in Hessen für ein kleines Küchenmesser oder eine Decke verwendet werden.

Dialekte können aber auch abgrenzend wirken. Schnell wird klar, wer nicht auf gleiche Weise mitreden kann, oder wer sogar nachfragen muss, was überhaupt gesagt wurde. Ein gekünstelter, nicht authentisch klingender Dialekt kann sogar unangenehm wirken.

Dialekte sind geprägt von Vorurteilen: Wer aus Norddeutschland kommt und plattdeutsch spricht, wirkt vielleicht wortkarg, hat womöglich einen trockenen Humor und verhält sich eventuell eher zurückhaltend. Das Heimat-Bewusstsein, dass sich hier sprachlich zeigt, impliziert, dass jemand mit bayerischem Dialekt vermutlich die eher deftige Küche bevorzugt oder, dass jemand mit Kölner Dialekt wohl gerne Kölsch trinkt und möglicherweise anders feiert als ein Schwabe.

Dies sind Vorurteile, die genauso bestehen, wie auch das Vorurteil, dass Personen, die ein „ordentliches Hochdeutsch“ sprechen, sich gewählter ausdrücken können oder sogar gebildeter sind. Dabei kann man auch ganz anderer Auffassung sein: Dialekte sprechen zu können erweitert den Wortschatz und die sprachliche Flexibilität.

Ich finde, die Vielfalt und Diversität von Dialekten ist etwas, das es wert ist gelebt und erhalten zu werden. Sie ist Ausdruck der Identität. Aber Dialekte haben es schwer. Dadurch, dass es fast schon zur Normalität geworden ist, den Wohnort öfter mal zu wechseln, durchmischen sich Dialekte oder werden gar nicht mehr gesprochen. Sehr schade, wie ich finde.

Wie seht ihr das? Sprecht ihr denn einen Dialekt?

In Deutschland kann man grob zwischen niederfränkisch, friesisch, niederdeutsch,
mitteldeutsch und oberdeutsch unterscheiden.

In Dänemark gibt es drei Hauptgruppen von Dialekten mit weiteren Untergruppen
Inseldänisch ømål oder ødansk, Jütisch jysk und Ostdänisch østdansk.

https://www.tagesanzeiger.ch/_external/interactive/2015/sprachatlas_v8/index.html#/questions

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