Der Traum vom Schreiben

Schriftstellerin.

Diese Antwort gebe ich seit über zehn Jahren auf die Frage, was ich später einmal werden will. Oder zumindest gebe ich sie in meinem Kopf. Denn es hat mich lange Zeit sehr viel Mut gekostet, diesen Traum vor anderen in Worte zu fassen. Schließlich ist es eine ähnliche Antwort wie: Popstar, Fußballspielerin oder Schauspielerin. 

Habe ich das Zeug dazu? Da war ich mir lange nicht sicher. Ich schreibe, seit ich acht bin, meine eigenen Geschichten. Sicherlich habe ich mich seitdem weiterentwickelt. Mein Wortschatz hat sich erweitert, ich kann mir komplexere Handlungen ausdenken und deutlich facettenreichere Figuren erschaffen, als ich das als Zehnjährige konnte. Logisch. Trotzdem war ich immer unzufrieden mit meinen Texten. Nicht, weil sie mir nicht gefielen, sondern weil ich daran zweifelte, dass andere sie lesen wollten. Braucht die Welt noch eine Liebesgeschichte? Und was habe ich eigentlich zu sagen?

Eine ganze Menge, denke ich manchmal. Nur fällt es mir schwer, das in eine Geschichte fließen zu lassen. Denn schließlich geht es um mehr, als zwei Figuren über ein bestimmtes Thema debattieren zu lassen. Die ganze Geschichte muss dieses Thema debattieren, das zumindest ist mein Anspruch.

Doch halten Perfektionismus und zu hohe Ansprüche mich davon ab, überhaupt zu schreiben. Ich habe Angst vor diesen „nichtssagenden“ Texten, Texte ohne Weltkritik, Texte ohne Tiefe. Und deshalb schreibe ich sie nicht fertig, deshalb bekommt nie jemand diese Texte zu lesen. Nicht einmal Leute, die mir wirklich nahestehen, lasse ich etwas lesen, von dem ich nicht vollkommen überzeugt bin. Auf meiner Festplatte wimmelt es von Ideen, angefangen und irgendwann abgebrochen. Manche nach über achtzig Seiten, manche schon nach ein paar Sätzen. 

Ich denke schon, dass ich Talent habe. Doch Talent haben viele. Und wie viele mit Talent haben ein Buch veröffentlicht oder können gar vom Schreiben leben?

Vor ein paar Wochen habe ich daher entschieden, nicht länger auf ein Wunder zu warten. Mal ehrlich, keine Ahnung, worauf genau ich gewartet habe. Dass irgendwann ein Literaturagent zufällig über einen potenziellen Bestseller-Roman auf meiner Festplatte stolpert? Wohl kaum. Ich habe einfach nie darüber nachgedacht, wie ich Schriftstellerin werde. Ich wusste immer nur, dass ich es werden will. Aber der wichtigste Schritt auf dem Weg zum veröffentlichten Buch ist – oh Wunder! – das Schreiben selbst. Etwas Schreiben und es beenden!

Diesem Projekt habe ich mich jetzt endlich angenommen. Ich habe mir eine Handlung rausgesucht, an der ich schon seit über zwei Jahren tüftele und die sich sogar auf drei Bände ausbreiten lässt. Ich habe Geld in ein vernünftiges, für Schriftsteller:innen entwickeltes Schreibprogramm investiert, in dem ich Handlungsstränge, Figuren und Orte organisieren kann.

Einen Roman mit Word zu schreiben ist möglich, keine Frage. Aber es ist umständlich. Je umfangreicher die Handlung, desto unübersichtlicher wird es. Habe ich das schon erwähnt? Und wenn ja, wo? Wie hieß noch einmal der Vater von Figur X? Habe ich schon irgendwo erwähnt, was das Lieblingsessen von Figur Y ist? Schreibprogramme, die für das Schreiben von Romanen ausgelegt sind, bieten nicht nur Platz für Figurenkarteien und Zeitstrahlen, sondern ermöglichen es auch, einfach zwischen Kapiteln, Szenen und Ereignissen hin und her zu springen. Das macht mir das Schreiben einfacher.

Ich habe mir auch vorgenommen, meine Texte öfter von anderen lesen zu lassen, auch wenn ich Angst davor habe, dass jemandem meine Geschichten nicht gefallen. Das gehört dazu, das ist mir bewusst. Ich muss einfach lernen, damit umzugehen, meinen Perfektionismus manchmal abzulegen und meine Ansprüche an mich selbst etwas runterzuschrauben.

Diese drei Schritte haben meine Sicht auf das Schreiben verändert: Ich habe endlich das Gefühl, wirklich wertschätzen zu können, was ich mache, und ich empfinde diesen Weg, den ich jetzt eingeschlagen habe, als erstrebenswert. Schreiben ist eine Kunst und ich kann mich ihr nun mit mehr Hingabe widmen. Es fällt mir leichter, zu meinem Traum zu stehen. Allein in den letzten Wochen habe ich mehrfach vor verschiedenen Leuten ausgesprochen, dass ich Schriftstellerin werden möchte. Und ich bin mir sicherer denn je, dass ich es irgendwann schaffen werde.

2 Kommentare bei „Der Traum vom Schreiben“

  1. Hallo Hanna,
    sehr interessant! Wie bist du denn voran gekommen? Würdest du ein Schreibprogramm nach wie vor empfehlen?
    Viele Grüße,
    Katharina

  2. […] bewusst, als ich begann, ein fertiges Romanprojekt zu überarbeiten, von dem ich bereits in meinem Beitrag im Sommer 2021 berichtete. Damals lautete mein Ziel: etwas schreiben und es beenden. Vier Monate […]

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