Wir kennen sie alle – die häufig bunten, viel zu großen oder viel zu kleinen Bücher in der Familienabteilung jeder Buchhandlung. Die Cover ziehen nicht nur Kinder an, auch Erwachsene können ihre Augen kaum von den Schönheiten lassen.
Aber neben schönen Designs und einfacher Sprache vermitteln Kinderbücher noch so viel mehr: Sie vermitteln Normen und Moral.
Obwohl ich keine Kinder habe und auch keine Kleinkinder in meinem Umfeld habe, denen ich Kinderbücher schenken könnte, kaufe ich mir selbst immer wieder neue. Mir gefallen nicht nur die wunderschönen Cover, häufig ist es die Einfachheit der Werteübermittlung, die mich immer wieder abholt. Als erwachsene und gereifte Menschen beschäftigen wir uns im Alltag so oft mit Dingen, von denen Kinder keine Ahnung haben oder über die sie nicht nachdenken.
“Ist die Spülmaschine ausgeräumt? War der Hund draußen? Wann ist der nächste Zahnarzttermin? Ist die Steuer schon wieder fällig?”
Unsere Aufmerksamkeit liegt so oft auf den Kleinigkeiten in unseren Leben, dass wir das Offensichtliche häufig vergessen: Mensch zu sein.
Es gibt tausend Bücher darüber, sich gut zu ernähren, resilient zu sein, Freunde zu gewinnen, Einfluss zu nehmen, aber auch zur Ruhe zu kommen. Wie lernen wir denn Mensch zu sein? Wegzuschauen von den täglichen Dingen, die uns beschäftigen und einfach ein bisschen gutmütiger und mitfühlender miteinander umzugehen? Wo lernen wir, wie man anderen Menschen Respekt zeigt? Wie man sich richtig verhält? Was richtiges Verhalten überhaupt bedeutet?
Diese Grundlagen erlernen wir vor allem in unserem Kindesalter.
Die Liebe, die Verbundenheit, das Mitgefühl, das wir unseren Mitmenschen gegenüber zeigen sollten, lernen wir nicht in einem schlauen Ratgeber über Vermögen, Erfolg, Einfluss oder Resilienz. Wir lernen dies in Kinderbüchern. Diese können Hilfestellungen für Erziehungsberechtigte sein, um Kindern wichtige Informationen in einfacher, kindgerechter Sprache beizubringen. Durch Kinderbücher lernen wir, Normen und Werte weiterzugeben. Wir lernen geduldig zu sein, Menschen zu ertragen und alle Menschen so zu akzeptieren, wie sie sind.
Warum sollten Erwachsene also Kinderbücher lesen? Weil sie einfach sind? Weil es viele Bilder gibt oder sie in den Regalen hübsch aussehen?
Nein.
Erwachsene sollten Kinderbücher lesen, damit sie an das erinnert werden, was ihnen einmal erzählt oder vorgelesen wurde: Dass wir alle wichtig sind. Ob groß oder klein, dick oder dünn, hässlich oder schön – ganz gleich wie subjektiv unsere Wahrnehmung von der Welt ist. Wir sind alle gleich viel wert, aber in unserem stressigen, wendigen und wuseligen Leben vergessen wir manchmal, dass andere Menschen eben auch nur Menschen sind. Wir urteilen sofort; manchmal ist es nur ein Gedanke, manchmal ein ganzer Schwall an Wutausbrüchen. Manchmal reicht aber auch ein (schiefer) Blick oder ein Schnalzen mit der Zunge, um Abschätzigkeit zu zeigen, wo eigentlich Mitgefühl angebracht wäre.
Wir sollten uns nicht immer nur auf das fokussieren, was kommt, auf unsere Zukunft oder auf irgendwelche Dinge, die mit unserem persönlichen Wachstum zu tun haben. Manchmal sollten wir uns wieder auf das besinnen, was uns ausmacht. Das lernen wir am besten und ohne große Verwirrung, indem wir öfter Kinderbücher lesen.
Denn die Moral und die Weisheiten, die in der einfachen Sprache der Kinderbücher vermittelt werden, sind genauso wichtig für uns wie für die Kleinsten.
Gibt es Kinderbücher, die ihr immer wieder gerne lest? Kinderbücher, die euch geprägt und heute noch prägen?
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