Zum Auftakt der neuen Saison wurde am 16.01.2024 im Hessischen Literaturforum im Mousonturm ein politisches Buch vorgestellt – das Manifest Ich erkenne eure Autorität nicht länger an von Glenn Bech. (Dänischer Originaltitel: Jeg anerkender ikke længere jeres autoritet Gyldendal, 2022). Das Buch wurde von Andrea Paluch übersetzt und erschien am 05. September 2023 im Alfred Kröner Verlag. Der frankfurter Skandinavist Justus Carl, der als literarischer Übersetzer aus dem Dänischen, Schwedischen und Norwegischen arbeitet, moderierte das Gespräch mit Glenn Bech und der junge Schauspieler Yannik Sturm las Passagen aus dem Werk auf Deutsch vor.
2022 erhielt das Buch den Politiken-Literaturpreis und 2023 ist es mit dem Blixenpreis als Buch des Jahres in Dänemark ausgezeichnet worden. Die Dänisch V-Studierenden kennen das Buch aus dem Seminar von Marlene Hastenplug. Obwohl es in Dänemark ein Bestseller ist, wurde das Werk von den Kritikern sehr verschieden aufgenommen, berichtete der Autor, der bei dieser gut besuchten Veranstaltung über sein Buch und auch über sein Leben sprach. Er schreibe politisch, sagte er, da er nicht das Privileg habe, aus Spaß zu schreiben. Er schreibt in seinem Buch über das Leben in der Provinz, über Rollenbilder, von selbstdestruktiver Männlichkeit (ein Begriff, den Bech anstelle von toxischer Männlichkeit verwendet), berichtet von Mobbing, Armut, Queer-Feindlichkeit und Homophobie. Bech weiß, wovon er schreibt, sein Text ist zum Teil biografisch und schonungslos offen. Glenn Bech ist 32 Jahre alt, er studierte Psychologie in Aarhus und besuchte die Schriftstellerschule (Forfatterskolen) in Kopenhagen. Er wuchs in der jütländischen Kleinstadt Horsens auf, ist homosexuell und hatte es in seinen Leben nicht leicht. Bech stammt aus einer ökonomisch schwachen Familie, erlebte Diskriminierung, Ungerechtigkeit und Gewalt. Alkoholmissbrauch und Suizid prägten sein Leben. Als Psychologe setzt er sich für sozial benachteiligte Menschen ein, indem er sie günstiger und bevorzugt behandelt.
Bech wurde schon öfter mit dem französischen Schriftsteller Edouard Louis verglichen, obwohl Bech einen ganz anderen Schreibstil hat. Das Manifest ist vom Stil her umgangssprachlich, derb und zugleich auch lyrisch. Schon optisch kann man bei diesem Text eher ein Gedicht vermuten. Er verwendet viele Zeilenumbrüche, lässt Satzzeichen weg, konfrontiert den Leser mit Emotionen und Gedanken, persönlich, wütend und provokativ.
Es ist Bech wichtig, dass sein Buch gelesen wird, deswegen hält er viele Lesungen in Bibliotheken und Schulen, um ein möglichst breites Publikum zu erreichen. Im letzten Jahr allein waren es 450 Veranstaltungen, erzählte er.
Bech sieht ein soziales Problem in den sprachlichen Fähigkeiten: Sprache finden zu können, um auch über Gefühle sprechen zu können, kann zu einem Problem werden, wenn jemand diese Fähigkeiten nicht erlernt hat, so der Autor. Er selbst spricht offen, selbstreflektiert und wirkt dabei sehr. sympathisch.
Das Wort „Klasse“ ist aus der Alltagssprache verschwunden, beklagt Bech, der basierend auf seinen eigenen Lebenserfahrungen vom aktuellen Klassenkampf schreibt. Bech ist es außerdem wichtig, gegen religiöse Gründe gegen Homosexualität vorzugehen und wünscht sich für die Zukunft, dass Schulen ihren demokratischen Bildungsauftrag ernster nehmen.
Nach dem offiziellen Teil signierte Glenn Bech Bücher und beantwortete persönliche Fragen der Zuschauer.
Der Auftakt des Jahres im Hessischen Literaturforum war sehr interessant und kurzweilig. Weitere politische Buchvorstellungen werden folgen, sagte Björn Jager zum Abschluss der Lesung.