Im Rahmen der Ringvorlesung “Medienkompetenz – digitale Medien in Studium, Lehre und Beruf” an der Uni Hamburg hat Michael Heinecke einen Vortrag mit dem Titel “eLearning – Lehre neu denken” gehalten.
Die Veranstaltung wurde dankenswerter Weise vom Lecture2Go Team aufgezeichnet, so dass ich sie tatsächlich vom Sofa aus zu einer völlig anderen Zeit ansehen konnte. Damit ist auch schon einer der Vorteile, die Michael für E-Learning nennt, belegt. 
Wie bereits per Twitter angekündigt möchte ich ein paar Anmerkungen zur Diskussion stellen.
Blogs sind private Webseiten
Die Aussage “Blogs sind private Webseiten” (Min. 20:40-20:55) kann ich natürlich nicht unkommentiert lassen. Aus meiner Perspektive sind Blogs zunächst einmal eine Form bzw. ein Format. Der Inhalt muss deswegen nicht automatisch in eine bestimmte Richtung gehen. Ich glaube zwar auch, dass die meisten Blogs privater Natur sind, aber allein der Umstand, dass die Inhalte oft von einzelnen oder wenigen Autoren stammen lassen sie nicht zu privaten Webseiten werden. Zum einen gibt es eine Vielzahl von Einrichtungen und Institutionen die ein Blog betreiben und selbst wenn es Einzelpersonen sind die das Blog betreiben, so kann es sich durchaus um ein Fachblog zu unterschiedlichen Themen (z.B. Politik, Wirtschaft, Bildung, Technik, ….) handeln. Hierbei wiederum gibt es nach meiner Einschätzung dann wiederum Blogs die ausschliesslich sachliche Inhalte anbieten oder der persönliche Meinung des Autors eine besonderes Gewicht geben.
Heutzutage läuft alles über’s Internet
“Heutzutage läuft alles über’s Internet” sagt Michael ca. bei Minute 27:30 nachdem ein Teilnehmer aus dem Publikum fragt ob ds soeben vorgestellte etherpad eine Website sei. In diesem Zusammenhang sagt Michael ebenfalls E-Learning mit CD-Rom sei fast antik. Ich sehe das auch so, weniger aus technischen Gründen, sondern vor allem weil die Arbeit per CD-Rom starrre Lernpfade vorgibt und der Austausch mit anderen Lernenden fehlt.
Lost in Hyperspace

lost
Bei Minute 36:48 spricht Michael die Gefahr “Lost in Hyperspace” an, die beschreibt wie leicht man sich möglichweise vom ursprünglichen Thema entfernt, indem man sich von Link zu Link klickt und auf interessante Inhalte stößt die allerdings fernab des eigentlichen Recherchezels liegen. Ich würde dies zunächst einmal positiv bewerten, denn offensichtlich hat oder entwickelt der User in diesem Fall ein Interesse und einen persönlichen Rezeptions- oder Lernpfad. Die Herausforderung besteht darin nicht den Überblick zu verlieren und das trifft dann nicht nur für das Thema E-Learning zu, sondern beschreibt ein Phänomen welches meiner Einschätzung nach sogar eher aktueller geworden ist und möglicherweise eine stärkere Auseinandersetzung mit der Struktur von Hypermedialen Strukturen erfordert. Eine Aufgabe der Medienpädagogik könnte sein beim Erwerb der Kompetenzen zu helfen, um in diesen Strukturen nicht verloren zu gehen.
Und trotz aller Begeisterung für Zielgerichtetes Arbeiten möchte ich hier ein Zitat nicht unerwähnt lassen:
Umwege erhöhen die Ortskenntnis.
(Matthias Berninger, MdB )
Verlässlichkeit der Informationen
Die Verlässlichkeit von Informationen wird ca. in der 39 Minute thematisiert. Ich halte es auch für wichtig zu klären welche Marker auf die Validität von Webinhalten hinweisen. Neben einem Impressum sollte es meines Erachtens zum Beispiel auch immer so etwas wie eine “About” Seite geben aus der deutlich wird was die Quelle und Motivation für die Website ist. Ebenso sollte geprüft werden auf welche Quellen (Links) die Seite sich bezieht. Bei anderen Medien (Zeitungen, Bücher, Fernsehen u.ä.) scheint mir das Thema nicht minder brisant zu sein.
Lernplattformen vs. Funktionsbausteine
Bei Minute 45:50 beschreibt Michael Lernplattformen als Bündel von Funktionen. Mir persönlich sind Lernplattformen oft zu starr und zu Regelmentiert. Es ist häufig kompliziert oder gar umöglich einzelne Funktionen hinzu zu bekommen, wegzulassen oder bei einem Wechsel der Plattform zu erhalten. Deshalb bevorzuge ich Arrangements in Web 2.0 Phiosophie bzw. um es mit David Weinberger zu sagen “small pieces loosely joined”. Hier ist ggf. eine einzelne Funktion mal zu erstzen, aber dadurch gerät nicht gleich das gesamte System ins wanken und ich kann für jedes Lernsetting die besten Bausteine zusammenstellen und muss nicht auf das nächste Update der Plattform hoffen oder sie gar befürchten.
Problematisch finde ich auch die Idee Web 2.0 Dienste in die Platformen zu integrieren, denn es geht nicht nur um Web 2.0 Werkzeuge, sondern auch um die damit verbundene Idee über die Grenzen des Seminar- oder Klassenraumes hinaus mit anderen am Thema Interessierten Personen in Austausch zu treten. Wenn ein Blog in Olat lediglich zur Veröffentlichung von Neuigkeiten (Minute 32:20) genutzt werden soll, dann halte ich die Bezeichnung Blog an der Stelle für unzutreffend!
Geschützer Raum
Ungefähr bei Minute 47 geht Michael auf die Vorteile des “Geschützen Raumes” in Bezug auf die Schrankenregelung des Urheberrechts ein. Ich würde mir wünschen, wenn wenigstens bei den selbst erstellten Inhalten der Hochschulen darauf geachtet würde, dass diese als Open Educational Resources verfügbar gemacht werden.
Autorensysteme
Die Vorstellung der Autorensystem hat mich, insbesondere im Zusammenhang mit mobile Learning (Minute 33) auch noch einmal an Microlearning denken lassen. Das wird in den zusammenhängenden und vorstrukturierten CBT’s, die meist Ergebnis einer Arbeit mit AUtorensystemen sind, nicht ausreichend berücksichtigt.
Web 2.0 Tools zum Einsatz in der Lehre – Mögliche Probleme
Bei Minute 49:20 geht es um die Möglichen Probleme beim Einsatz von Web 2.0 Tools. Michael hat folgende Probleme identifiziert:
- Datenschutz: Michael Heinecke fragt: “Was passiert mit meinen Daten bei Hochschulunabhängigen Anbietern?”
Ich frage: “Wie steht es um die Transparenz der Lerner, wenn ihre Daten mit Bezug zur Lernleistung auf Hochschuleigenen Servern gehostet werden?”
- Kommerzielle Interessen der Betreiber: Michael Heinecke hält die Nutzung Hochschulexterner Anbieter für problematisch, weil sie ausschliesslich den Geschäftserfolg im Sinn haben und für diesen Entwickeln. Ich sage: Man muss sich das Geschäftsmodell ansehen. Zahle ich mit meinen Daten oder welche anderen Möglichkeiten haben die Anbieter sich zu finanzieren (z.B. Monatsbeiträge o.ä.). Ein kommerzieller Vorteil könnte durchaus durch Kundenorientierung entstehen, wenn dadurch z.B. Beiträge gezahlt werden. Als Beispiel: Die Uni betreibt kein eigenes Lern-Content-Management-System (LCMS) sondern wählt drei externe Anbieter die unterschiedliche LCMSe anbieten. Die Lehrenden (oder Studierenden!) bekommen Gutscheine mit denen sie frei unter den Anbietern wählen können.
- Löschbarkeit/Zuverlässigkeit: Auch Universitäten wechseln ihre System, teilweise sind die Prozesse in Universitäten auch weniger transparent, als bei den Anbietern im Web. Zuletzt haben wir beim angekündigten Verkauf von Delicious gesehen wie schnell alternative Anbieter wie z.B. diigo angeboten haben Nutzer und Daten zu übernehmen. Aber, grundsätzlich hat Michael natürlich Recht, die Auswahl sollte sehr sorgfältig getroffen werden. Ein Aspekt der bei Hochschulexternen Diensten aber charmant erscheint sind die Zugriffsmöglichkeiten auf die Inhalte unabhängig von der Zugehörigkeit zur Bildungsinstitution z.B. nach Abschluss des Studiums (Stichwort Datenmobilität).
Insgesamt hatte ich den Eindruck, dass bei der Vorstellung der Vorteile von E-Learning ein sehr großer Anteil von Web 2.0 Diensten zu sehen war und nur wenig Inhalte die mit Autorensystemen erstellt wurden.
Wie geht es weiter?
Am kommenden Donnerstag werde ich mein Gastspiel in der Ringvorlesung Medienkompetenz haben. Nach dem Vortrag von Michael sollte ich meinen Beitrag mit dem Titel “Social Software im Bildungsbereich – Schwerpunkt Blogs” vielleicht umbenennen in “Blogs im Bildungsbereich”? Andererseits könnte ich neben dem Schwerpunktthema Blogs noch ein bisschen mehr zu #opco11 und #lisw erzählen. Was meint ihr zu dieser letzten Frage und zu meinen Anmerkungen?