Spicken Lernende in der Schule oder im Studium heute anders? Welchen Einfluss haben elektronische Gadgets wie Smartphones oder Wearables wie z.B. Smartwatches auf das Spickverhalten? Warum spicken wir überhaupt? Und wie können sich Lehrende dagegen schützen bzw. welche Gegenmaßnahmen sind erfolgversprechend?
Mit diesen Fragen beschäftigten sich die Teilnehmenden der MultimediaWerkstatt am 8. Dezember, die sich dem Thema “Spicken 2.0 – Abschreiben in Zeiten elektronischer Gadgets” widmete. Wir hatten am diesem Abend drei Referenten eingeladen, die sich dem Thema jeweils aus einem anderen Blickwinkel nähern wollten.
Den Anfang machte Prof. Dr. Martin Hofmann, Dozent für Mediendidaktik an der Pädagogischen Hochschule St. Gallen. Er war per Videokonferenzschaltung über AdobeConnect zugeschaltet, so konnten die ZuschauerInnen auf der Leinwand seinen Vortrag verfolgen. Darin stellte er dar, dass Spicken bereits ein sehr altes und auch globales Phänomen ist. Auf die zunehmende Verbreitung von Smartphones reagieren Schulen und Universitäten inzwischen auch mit technischen “Abwehrmaßnahmen” wie Detektoren und Strahlungsmessgeräten, die allerdings auch kein Allheilmittel darstellen. Zum Abschluss gab Prof. Hofmann den Anwesenden noch den Rat mit auf den Weg, auf “Psychospielchen” nach dem Motto “ich kenne alle Spicker-Tricks, versucht es erst gar nicht” zu verzichten. Dies würde die Kreativität der Lernenden erst recht anstacheln.
Nur, warum spicken Lerndende überhaupt und setzen sich damit der Gefahr aus, erwischt und sanktioniert zu werden? Dieser Frage ging Christian Stein von der Akademie für Bildungsforschung und Lehrerbildung (ABL) der Goethe-Universität in seinem Vortrag nach. Einer der Hauptgründe die Menschen zum Spicken bewegen sei ein Gefühl grundlegender Unsicherheit, sei es aus Angst, mangelnder Vorbereitung oder auch einer Distanz zur Lehrperson bzw. dem Lehrstoff. Zur Prävention sei es vor allem wichtig, zu thematisieren, wie kurzfristig der “Erfolg” durch Spicken sei.
Im letzten Vortrag stellte Lars Gußen vom FB 01 Rechtswissenschaft der Goethe-Universität eine alternative Strategie vor, wie Spicken verhindert werden kann. Statt auf Verbote oder technische Abwehrmaßnahmen zu setzen um einzelne – technische – Arten der Täuschung zu verhindern, empfiehlt er, das Problem mit Hilfe der Didaktik anzugehen. Durch eine stärkere Lernziel- und Kompetenzorientierung bei der Gestaltung von Prüfungen, Tests und Aufgaben wird Spicken wirkungslos, da die Bearbeitung der Prüfungsaufgaben weit mehr erfordert als die Reproduktion von Faktenwissen. Sein Fazit: Je didaktischer, d.h. lernziel- und kompetenzorientierter, die Prüfungsgestaltung, desto unerheblicher die Gadgets.
Die MultimediaWerkstatt findet ab dem nächsten Jahr aus organisatorischen Gründen nicht mehr Montags sondern immer am 3. Dienstag im Monat statt. Nächster Termin ist der 19. Januar 2016: Prof. Dr. Christian Bürgy von der Hochschule Darmstadt wird das Thema “Wearable Technologies” beleuchten, verschiedene Gerätetypen vorstellen und didaktische Einsatzszenarien ansprechen. Natürlich wird auch ausreichend Zeit zum Ausprobieren der Geräte sein. – Gerne können Sie eigene Gadgets mitbringen.
Zum Weiterlesen empfiehlt sich auch ein Blick auf die Studierendenservice-Seite von unicum.de, die in einem Titel-Thema das Smarte Spicken beleutet haben.
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Ich habe mich ausgiebig mit “Spicken 2.0” beschäftigt und bin zu dem Entschluss gekommen, es gibt/gab keine ordentliche Software auf dem Markt. Da habe ich mich mal hingesetzt und eine App geschrieben, die sich genau auf die Anforderungen eines Lernenden/Spickenden einstellt. https://itunes.apple.com/us/app/spicker-cheat-like-a-pro/id1035289120?mt=8 Früher hat man Karteikarten erstellt um evtl zu spicken, heute benutzt man die Smartwatch. Das anfertigen eines Spickers alleine hilft ja schon beim lernen. Viele Leute schreiben Spicker nutzen ihn dann aber gar nicht in der Prüfung. Ähnlich ging es ja auch mir. Meine Spicker hatte ich meist in der Hosentasche doch benutzt habe ich sie selten. Spannendes Thema auf jeden Fall…
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