Hexenringe (Häxringarna) (1974) – Kerstin Ekman

Die Hexenringe-Tetralogie der schwedischen Autorin Kerstin Ekman gehört längst zu den Klassikern der skandinavischen Literatur. Ich habe den ersten Teil gelesen und verstehe nun, warum das so ist.

Ekman ist 1933 in Risinge geboren und wird in den 60ern zunächst bekannt für ihre Kriminalromane, ändert aber später ihre Richtung. Sie wird inzwischen besonders für ihre differenzierten Charakter- und Milieudarstellungen geschätzt, was in Hexenringe sehr gut nachvollziehbar wird.

Der Roman spielt Ende des 19. Jahrhunderts in der Kleinstadt Vallmsta. Durch den Bau der Eisenbahn entstehen auf wirtschaftlicher und sozialer Ebene einige Änderungen.

Hauptsächlich handelt Hexenringe von drei Frauen aus je einer Generation der Familie Lang, wobei die jüngste Frau, Tora, die zentrale Figur ist. Zunächst werden die Lebenswege von Toras Großmutter Sara-Sabina und Toras Mutter Edla dargestellt. Beide leben in ärmlichen Verhältnissen und akzeptieren das, weil sie das Gefühl haben, keine Wahl zu haben. Sie schlagen sich irgendwie durch, sind dabei aber eher passiv als selbstbestimmt. Alles sieht danach aus, als würde Toras Leben demselben Muster folgen. Doch Tora ist anders. Sie bricht mit dieser Tradition.

Das Besondere am Aufbau des Romans ist, dass er zyklisch verläuft. So wird man mitgenommen durch drei Generationen innerhalb einer Familie und bekommt mit, wie Kreise sich schließen, während andere offen bleiben oder größere Bögen spannen. Es ist sicherlich kein Zufall, dass eine Kreisform im Titel vorkommt. Durch die Betrachtung mehrerer Generationen mit Fokus auf der letzten in diesem Teil vorkommenden, lassen sich die Wechselwirkungen zwischen der Industrialisierung und der persönlichen Ebene mit Armut und dem Dasein als Frau verdeutlichen. Neben den Erzählungen über die Hauptfiguren liefern viele kurze Einblicke in die Leben anderer Figuren die Möglichkeit zu weiteren Differenzierungen. Es wird deutlich, wie die Industrialisierung jede Person anders beeinflusst und betrifft, jedoch bleibt der Fokus auf den Geschichten der Hauptfiguren.

Trotz seines Potentials zur Identifikation mit den Figuren hält der Roman Abstand. Man ist nicht mittendrin, sondern beobachtet von außen das Geschehen, was einem als Leser*in hilft, eine neutrale Position zu bewahren. Jemand stirbt? Kein trauriges Drama, bloß eine Tatsache, manchmal gerade wichtig genug für einen Nebensatz. Doch in Ekmans Schreibstil wirkt dies keineswegs hart oder gar böse – es ist eben einfach so. Auch Humor leistet hierzu seinen Beitrag. Er steht einem in den richtigen Situationen subtil zur Seite, um die Schwere zu nehmen und die Sachlichkeit aufrechtzuerhalten. Er verhindert zu viel Pathos; der Stil bleibt nüchtern.

Gegenüber der Sachlichkeit steht die Bildhaftigkeit des Romans. Menschen, Tätigkeiten, Umgebungen, alles ist so anschaulich beschrieben, dass man es beim Lesen mühelos vor dem inneren Auge sehen kann. So stört es auch nicht, dass wenig Identifikation mit den Figuren stattfindet, denn es liest sich dennoch flüssig und stimmig.

Besonders intensivere Naturbeschreibungen fallen auf und tragen eine tiefere Metaphorik in sich. Die Natur ist ständig präsent und bereits auf den ersten Seiten wird spürbar, wie Stimmung und Umgebung zusammenpassen. Dies zieht sich durch den gesamten Roman und beinhaltet positive sowie auch negative Emotionen. Das Motiv der Natur als Spiegel des Inneren hat eine lange Tradition in der Literaturgeschichte, und Ekman setzt diese gebührend fort.

Nun könnte man hier wahrscheinlich noch mehrere Seiten füllen mit einer Analyse über das Motiv der Eisenbahn, ihre Position zur Natur und was das bedeuten könnte – doch wieso alles vorwegnehmen? Wenn dich dieser Artikel neugierig gemacht hat, lies selbst und sag uns was du davon hälst!

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