Von der Hoffnung und dem Tod

Seit der Pandemie begleitet uns das Thema Tod intensiver als vermutlich je zuvor in unseren Leben. Auch wenn ich vor Corona leider schon öfter mit diesem Thema zu tun hatte, als mir lieb war, begann ich erst jetzt, mir wirklich Gedanken darüber zu machen, was der Tod bedeutet und wie ich diesem gegenübertreten kann.
Ein Todesfall, der viele Menschen in Deutschland berührt hat, hat mir etwas Wichtiges beigebracht: dass Sterben mein größter Gewinn sein wird.

Am 09. Juni 2021 starb Philipp Mickenbecker  (Youtuber & Autor) aufgrund einer Krebserkrankung, mit der er bereits das dritte Mal zu kämpfen hatte. Auf dem Youtubekanal „LifeLion“ hat er sein Leben seit der Diagnose geteilt. Die Ärzte gaben ihm zwei Wochen, maximal zwei Monate, aber Philipp ließ sich von diesen Aussagen nicht aufhalten. Trotz des wachsenden Tumors reiste er mit Freunden und gab viele Interviews fürs Fernsehen. Theoretisch hätte er sich vor Schmerzen kaum halten können, geschweige denn die Kraft für irgendetwas haben, aber Philipps Fokus lag nicht auf seiner Situation, auf seinem Umstand oder seiner Krankheit. Sein Fokus lag auf einer Hoffnung, die ihn bis zur letzten Sekunde durchs Leben trug: sein Glauben.
Allerdings hatte er diesen nicht immer. Auch wenn er unter gläubigen Eltern aufwuchs, fand Philipp seinen Glauben erst, als er das zweite Mal an Krebs erkrankte und Jesus herausforderte, dass, wenn es ihn wirklich gäbe, ihn zu heilen. Er wurde geheilt.
Er scheute nicht davor, öffentlich von seinem Glauben an Jesus zu sprechen, diesen auszuleben, denn dieser Glauben war nicht nur Teil von ihm, sondern sein ganzes Leben.

(c) instagram.com/real_life_guys


Auf seiner Beerdigung spricht sein Pastor Christian Schneider über Philipps Leben, seinen Tod und liest zum Schluss die letzte Nachricht vor, die er von Philipp bekam. Philipps Worte über seinen Tod: „[…] Ja, Gottes Wege sind immer die Besten und ehrlich gesagt, habe ich hier auch ein bisschen Ruhe, das tut mir gerade auch ganz gut. Die Ärzte sagen, ich werde demnächst einfach friedlich einschlafen. Da habe ich nichts dagegen. Ich weiß, Gott ist ein Gott der – wie hast du es gesagt? – Leben schenkt! Amen! Das kann er nicht nur einem Neugeborenen schenken, sondern auch mir. Dafür ist Jesus ja auf die Welt gekommen.

Philipp stand dem Tod furchtlos gegenüber. Immer wieder spricht er davon, dass er weiß, wer sein Leben in der Hand hält und scheut nicht davor, anderen weiterhin Hoffnung zu machen. Mit viel Liebe und Weisheit begegnet er jedem Interview, jedem Menschen, der mit ihm reden will, hört zu und nimmt sich Zeit dafür. Auf Youtube erzählt er von Erlebnissen mit Gott und in jedem Video sieht man ihm an, dass er keine Angst hat, dass er aus einer Freude heraus lebt, die menschlich nicht greifbar ist.
Ich kannte Philipp nicht persönlich, aber seine Art zu leben, sein Tod und selbst seine Beerdigung erinnerten mich an meine Schwiegermutter Conny, die 2015 ebenfalls an Krebs starb.
Sie war wie Philipp. Eine Hoffnungsträgerin. Sie reiste damals trotz ihrer Diagnose viel, lachte viel, lebte das Leben aus einer Freude heraus, die nicht greifbar war. „It ist well with my soul“ hatte sie immer gesagt: „Meiner Seele geht es gut“. Auch sie setzte all ihre Hoffnung in ihren Glauben an Jesus und war sich sicher, dass Gottes Wege immer die besten sind. Dass Gott sie heilen würde – allerspätestens in der Ewigkeit. Mit ihrer Freundin sang sie ein Cover der Band Bethel – Steady Heart, das ebenfalls auf Youtube zu finden ist, und schrieb dazu „Die Idee zu diesem Video ist entstanden, da wir beide im Sommer 2014 die Diagnose Gebärmutterhalskrebs bekamen. Durch unseren Glauben sehen wir trotz dieser niederschmetternden Diagnose voller Vertrauen und Zuversicht in die Zukunft und wissen, dass Gott keine Fehler macht.

Philipp und Conny sahen mit Hoffnung in die Zukunft. Wurde ihre Hoffnung enttäuscht? Nein, ich denke nicht, denn ihre Hoffnung lag nicht darin geheilt zu werden, sondern, dass jemand einen Plan mit ihnen hatte und dass sie sich bestens versorgt wussten – ganz gleich wie dieser Weg enden würde.

Die Idee, dass nach unserem irdischen Leben noch etwas kommt, wird in vielen Religionen und Glaubensbewegungen gelebt und schenkt viel Hoffnung. Auch mir. Denn, auch wenn wir uns nicht vorstellen können, wie das Leben nach dem Tod aussieht, ist es eine große Erleichterung zu wissen, dass wir nicht allein auf dieser Reise sind. Dass jemand da ist, der mit dir jubelt, wenn du gerade ein Hoch erlebst, und dich trägt, wenn du zu schwach geworden bist, um weiterzugehen. Dass jemand da ist, der dich versorgt und alles in seiner Hand hält. Inklusive deines Lebens.
Wer sagt denn, dass alles mit dem Tod aufhört? Keiner kann davon berichten, ob es weitergeht oder nicht. Aber diese Möglichkeit zu haben, dass da wirklich mehr ist als nur unser Leben auf der Erde, hat mir viel Hoffnung gegeben.

In Philipper 1:21 steht „Christus ist mein Leben und Sterben mein Gewinn.“ Ziemlich passend, dass dieser Vers ausgerechnet im Philipperbrief zu finden ist.

Hat mir diese Erkenntnis meine Angst genommen? Nein. Ich habe immer noch große Angst, aber ich weiß in welcher Hand ich bin und ich weiß, wer den besten Plan für mein Leben hat. Warum könnte Sterben also mein größter Gewinn sein? Weil ich verstanden habe, dass egal, was auf mich zukommt, mein Gott das ist, was bleibt.

Was genau soll dieser Post also eigentlich?
Er soll eine Hoffnung sein, darauf, dass es nicht das Ende sein muss, wenn jemand stirbt. Wenn du stirbst oder jemand, der dir wichtig ist.
Er soll eine Hoffnung sein, dass du nicht allein durch den Schmerz musst, wenn du jemanden verlierst, der dir nahesteht.
Er soll eine Hoffnung sein, dass man nicht den Tod betrauern, sondern das Leben feiern soll.
Er soll eine Hoffnung sein, dass ganz gleich wie hoch ein Berg, wie stark eine Herausforderung, wie unberechenbar ein Sturm in deinem Leben ist, dass du nicht allein bist.
Ob du’s glaubst oder nicht – diese Entscheidung bleibt ganz dir überlassen.

Header/Beitragsbild: (c) Jannik Selz

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