Bildquelle. Ein Artikel im Rahmen von #opco11. In der 5. Woche wird die Frage gestellt: „Welches Potential steckt in Mobile Learning?“. Auch hier juckt es mich in den Fingern Gedanken, Erfahrungen rund um die Weiterentwicklung des Schulunterrichts zu teilen. Meine Gedanken sind dazu recht pragmatisch. Meine kurze Antwort: Mobile Learning gehört *vor allem* in die Schule, auch in die Unterrichtsstunde.
Oberflächlich könnte man der Auffassung sein, mobiles Lernen gehört eher in den räumlichen wie zeitlichen Bereich außerhalb des Klassenzimmers bzw. der regelmäßigen Unterrichtsstunde. Dem ist aber nicht so. Um dies näher zu erläutern muss ich etwas ausholen und von einem – in meinen Augen gescheiterten – Medienkonzept berichten: nämlich vom Konzept des Laptopwagens im Klassenraum. Wir haben an unserer Schule zwei Laptopwagen mit je 24 Laptops, einem Drucker und einem Beamer (theoretisch, denn der ist schon lange zweckentfremdet und nicht im Wagen).
Der Einsatz des Laptopwagens verläuft in der Praxis so: Der Lehrer bucht den Laptopwagen auf einer Liste und holt den Schlüssel im Sekretariat. Der sehr wuchtige Laptopwagen, der geschätzt zwischen 150 kg und 180 kg wiegt, muss von mindestens 2 Personen (+ 1 Person für das Tür aufhalten) vom regulären Standort geholt werden. Hin und zurück dauert dies etwa 10 Minuten, eher etwas länger. Die Ausgabe und Rückgabe der Laptops in einer routiniert eingeübten Klasse dauert 8 Minuten. Das Hoch- und Runterfahren weitere 6 bis 8 Minuten. Summa summarum werden ca. 25 Minuten für die technische und logistische Handling der Laptops benutzt. Ein möglicher Beameraufbau ist dabei nicht berücksichtigt. Es ist also klar, dass der Einsatz in einer Einzelstunde (45 Minuten Dauer) nicht in Frage kommt. Von einer Doppelstunde (90 Minuten) verbleiben gerade mal eine gute Stunde. Arbeiten wir ausschließlich mit den Computern mag dies noch akzeptabel sein. Soll jedoch nicht nur am Computer gearbeitet werden, ist der technisch-logistische Aufwand einfach zu hoch. Ergo, der Laptopwagen bleibt eher ungenutzt und dient nur dann als Notfall, falls der Multimediaraum durch eine andere Klasse besetzt ist, was häufig der Fall ist.
Hinzu kommt noch, dass die Technik nicht verlässlich ist. Häufig klappt das Login-Procedere nicht, Rechner fallen aus, die Akkus sind nicht geladen. Wenn 24 Laptops sich in den Accesspoint des Wagens und in das Schulnetz anmelden scheint es Engpässe zu geben. 50 Prozent der Schüler müssen meist das Login-Procedere mit Neustart (!) zweimal durchführen. Einige Laptops haben keine Akkus mehr, die länger als 15 Minuten Energie liefern. An Ersatzakkus ist nicht gedacht worden.
Kurz und gut, Laptopwagen-Einsatz ist nur etwas für die Geeks unter uns Lehrern und mit nicht akzeptablen Zeitaufwand verbunden. Ich kenne keine Schule in meinem Umfeld, in der dies anders ist. Der Einsatz des Laptopwagens ist ein Glücksspiel . Ein kleines abschließendes Statement: sicherlich könnten Laptops sinnvoller in der Schule eingesetzt werden. Aber da müsste das ganze Konzept und auch die Technik schlichtweg durchdachter, besser, professioneller und wesentlich zuverlässiger sein. Aus dem hohlen Bauch hinaus: kleine kompakte Laptopstationen, 8 Geräte zur Gruppenarbeit, fest im Klassenraum verfügbar/installiert mit gutem Wartungskonzept wäre wahrscheinlich viel besser zu gebrauchen. Dabei müsste das Schulnetzwerk serverseitig bitte nicht auf Windows basieren, sondern der Zuverlässigkeit willen auf Linux.
Was ist die Alternative? Ich würde so gerne Computer in einer meist kurzen Unterrichtsphase verwenden. Im naturwissenschaftlichen Unterricht zum Beispiel zur kurzen Erfassungen von Messergebnissen oder Beobachtungen in einer Schülerexperimentierphase. Oder zum kurzen Fakten Recherchieren bei naturwissenschaftlichen Formeln, Einheiten oder Konstanten. Sehr gerne auch zur Erklärung und Definition von Fachbegriffen.
Ich habe es ein irgendwann mal spontan ausprobiert und erlaubt: Als 4-Personen-Gruppen (ich nenne sie meist Forscherteams) am Experimentieren und Beantworten von gegebenen Fragestellungen waren, erlaubte ich den Einsatz von Smartphones. Zufällig hatte ich einen portablen Accesspoint greifbar und habe für die 20 Minuten den mit einfachen Zugangsschlüssel verfügbar gemacht. Ich war beeindruckt: in jeder (!) Gruppe war die „Hardware“ vorhanden, die Schüler haben im Internet erfolgreich recherchiert. Da kam mir zum ersten Mal der Gedanke, dass Smartphones den Laptopwagen in vielen Situationen ersetzen können. Sicherlich: langes Texte schreiben geht so kaum. Aber kurze Ergebnisse, Sätze und Recherchen sind kein Problem. Viele wollten in den weiteren Stunden dann ihre WLAN-fähigen „Ipods“ und MP3-Player mitbringen, die einen mobilen Browser beinhalteten.
Kurz und gut: die schnelle Benutzung des Smartphones oder ähnlichen mobilen Geräten kann gerade im Unterricht (insbesondere im naturwissenschaftlichen) unglaublich sinnvoll sein, auch wenn dies kein Selbstläufer wäre. Auch die Dokumentation per Foto bzw. Video von Schülerexperimenten oder Forschungsprojekten wäre dadurch möglich.
Eine weitere Idee ist die Benutzung von Lernkarten auf dem Smartphone/Mp3-Player, wie ich es schon im Ansatz mit dem Dienst Quizlet ausprobiert habe. Ich weiß zwar eigentlich nicht wie, aber meine Schüler schaffen es tatsächlich mit den winzigen Displays ihrer Smartphones in meinen begleitenden Moodle-Kursen zu gehen. Es muss ziemlich fuddelig sein, aber anscheinend funktioniert es.
Zuletzt muss aber auch der Umgang mit den Smartphones in der Schule geklärt sein: denn meist – so auch bei uns – ist die Benutzung von Handys problematisch. In unserer (gerade überarbeiteten) Schulordnung heißt es:
Die Benutzung von elektronischen/technischen Geräten wie Handys, Playern, Smartphones, Kopfhörern, Spielekonsolen, Laptops, etc. ist nicht erlaubt, wenn sie nicht unterrichtlichen oder schulischen Belangen dienen.
Die „unterrichtlichen oder schulischen Belangen“ sind dabei mit den Lehrkräften abzusprechen. Ein netter Passus, um nicht offiziell gegen die Schulordnung zu verst0ßen.
Mein ganz einfaches Fazit: mobile Learning kann wunderbar in bestehende Konzepte des schulischen Online-Lernens eingefügt werden. In der heutigen eher von Mangel geprägten Situation der schulischen IT-Austattung ist der Einsatz von mobilen Geräten eine Antwort auf diese Situation. Mobiles Lernen außerhalb der Schulzeit (zum Beispiel das Vokabel-Lernen im Bus) kommt noch dazu.
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