14.März 2014 im Mehrzweckraum des IG-Farben Hauses
Mit Carolin Heymann, Fanti Baum, Verena Katz, Benjamin Große, Simone Marleen Giorgi, Judith Pieper, Carmen Salinas, Desislava Tsoneva und Johannes Schmit.
Es wird langsam dunkel, wir setzen uns, der Vorhang erhebt sich. Der Mund ist voll Popcorn, das schön am Gaumen klebt. Die Cola ist zur Hälfte geleert und zur anderen Hälfte auf der Hose verschüttet: Schön, endlich mal wieder Theater!
In den Film-Aufnahmen, den Auf- und Abblenden, den Passagen und Zooms der Kamera, ist stets der aufnehmende Blick eingeschrieben. Im Prozess der Einstellung und Aufnahme zeigt sich die Entfaltung der Dinge als Interpretation von dem, was entfaltet wird: „Jede Einstellung der Kamera bedeutet eine innere Einstellung des Menschen“, schreibt der Filmtheoretiker Béla Balázs 1930 in seinem Buch Der Geist des Films. So wenig wie jedoch die klassische Guckkastenbühne des Theaters frei von Anordnungen, Zuordnungen, Verordnungen und Unterordnungen ist, ist es das, was Béla Balázs den „Geist des Films“ nennt. Ihm unterliegt stets eine Erhebung über das Sichtbare durch den Blick.
Ob im Theater, im Film oder anderswo ist es stets der begehrende, der offene oder gerichtete Blick, der den Umgang mit der Kamera oder den Aufbau der Szene vorstrukturiert. Dabei verschwimmen die Grenzen zwischen technischem Dispositiv und wahrnehmendem Blick. Der technische Apparat, den Balázs beschreibt, ist mittlerweile gleichsam in unsere eigene Wahrnehmungsapparatur heruntergerutscht und strukturiert unseren Blick und unser Begehren.
Wie kann man der Verschmelzung von Begehren, Blick und Technik im Bild auf der Bühne nachspüren und sie ausstellen? Was passiert mit dem Sichtbarmachen auf der Bühne, der Chiffre des Performers, wenn wir unsere vom Film affizierte Wahrnehmung, mit der wir auf die Welt und unsere Körper blicken, mitdenken? Was entsteht, wenn Balázs‘ filmtheoretischer Text der 1920er Jahre in seiner Historizität auf unsere Sichtbarkeit stößt?
Lichter aus, Lichter an, das Auge öffnet sich, die Kamera läuft… Bühne frei.
Benjamin Große