Archiv der Kategorie: Dramaturgien der Überwachung

17./18. Juli 2015, Campus Westend Goethe-Universität und Künstlerhaus Mousonturm

Dem Thema des Symposiums liegt die Einsicht zugrunde, dass sich die lange Geschichte der sicherheits- und machtpolitisch motivierten Überwachung stets auch in Theater und Drama niedergeschlagen hat (von Shakespeares Hamlet zu Schillers Don Karlos zu Brechts Leben des Galileo). Man könnte umgekehrt allerdings auch formulieren, dass traditionelle Formen der Überwachung insofern selbst als theatral gelten können, als sie Zuschauerschaft implizieren und die überwachten Subjekte, häufig ohne deren Wissen, als Performer behandeln. Was neu ist an den von Edward Snowden aufgedeckten Praktiken der amerikanischen National Security Agency (NSA) ist nicht der zugrundeliegende Impuls zur totalen Überwachung jeglicher Kommunikation sondern die historisch erstmalige technische Umsetzbarkeit dieses Impulses, zumindest im Hinblick auf globale digitale Kommunikation. Zu fragen wäre nicht nur, welche Folgen das von der NSA repräsentierte gegenwärtige Überwachungsdispositiv langfristig für den öffentlichen Raum, die politische Gewaltenteilung, und internationale Beziehungen einerseits, sowie für die Privatsphäre, die Ausübung freier Meinungsäußerung, und die Verfasstheit des Subjekts selbst andererseits haben wird, sondern auch, wie Theater und Performance diese Entwicklungen nicht nur in den Blick bekommen sondern sich ihnen gegenüber auch kritisch positionieren können. Dies ist angesichts der Pariser Anschläge vom 7. Januar dieses Jahres noch von zusätzlicher Dringlichkeit.

Abschlussdiskussion – Dramaturgien der Überwachung

Brain Watch

Studentische „Devised Theatre“-Projekte zum Thema „Überwachung“

 

Harding, James – Of Sheep, Shepherds and Surveillance

James Harding: Of Sheep, Shepherds and Surveillance: DeFrocking the Cultures of Surveillance

Dieser Vortrag von James Harding (School of Theatre, Dance and Performance Studies, University of Maryland) untersucht die westlichen, jüdisch-christlichen Traditionen, die nicht nur der Expansion der Überwachungsgesellschaft, sondern, ironischerweise, auch entscheidenden Standpunkten der Überwachungswissenschaft als Fachdisziplin Legitimität und Autorität verleihen. Der Vortrag plädiert dafür, die kritische Auseinandersetzung mit der Überwachung von diesen Traditionen klar zu trennen und argumentiert, dass die Grundlagen für eine substantielle Kritik der Bedrohung, die von der zunehmenden Vormachtstellung der Überwachungstechnologien ausgeht, erst durch eine solche Trennung geschaffen werden. (Dieser Vortrag ist auf Englisch.)