Archiv der Kategorie: Digitale Theaterforschung

Alan Read (London) – Please turn over. Proxy performance and the expansion of the collective

Theatre of the A-Human
Das Symposium geht aus von dem in Stücken, Essays, Briefen, Manuskripten und Inszenierungen Heiner Müllers zu beobachtenden Thema der a- oder in-humanen Grenze des Menschlichen: Es begegnen dort Tiere, Engeln und Fabelwesen sowie nicht-menschlich zu nennende Darstellungsweisen: Chöre, aus Buchstaben gebildete Landschaften, Geister, Bilder… Angeregt durch Müllers Arbeit soll die Art und Weise analysiert und kritisiert werden, wie das A-Humane ins Gegenwartstheater eingeht.

Der Bereich und das Ereignis der Aufführung ist umgeben und wird ermöglicht durch Diskurse, Institutionen, materielle und technische Infrastrukturen sowie sozio-ökonomische Netzwerke. Es ist ebenfalls umgeben von menschlichen Körpern, denjenigen der Zuschauer, der Darsteller, Techniker, Produzenten und Angestellten, deren Beiträge mehr oder weniger sichtbar sind. Nicht zuletzt ist es umgeben und wird ermöglicht durch eine Vielzahl von ambivalenten oder unheimlichen Wesen, von denen wir nicht sicher sagen können, ob sie lebend oder tot, mythisch oder empirisch, materiell oder immateriell, Objekte oder Subjekte, real oder phantastisch sind. Wir haben es mit nicht- oder genauer a-humanen Faktoren zu tun, schwachen Agenten oder Kräften, die niemals als solche in die Aufführung eingehen können. Sie müssen immer in die diskursiven und institutionellen Kreise eingehen, welche die Aufführung umgeben und unterliegen einer Veränderung, der Deformation, welche diese Kreise ihnen auferlegen. Je mehr diese Faktoren verändert werden, desto ambivalenter und allgegenwärtiger wird ihre „Anwesenheit“ oder die Rolle, die sie im Kontext der Performance spielen.

Das Symposium fragt nach diesen Veränderungen oder Deformationen, ihrer Art und Weise, ihren Kontexten wie auch ihren künstlerischen und politischen Implikationen. Woher kommen diese niederen Wesen – Dinge, Kreaturen und ihre Chöre? Was wollen sie von uns? Wie wirken sie in der Neudefinition unserer kollektiven Existenz im 21. Jahrhundert mit? Wie verhält sich das Theater des A-Humanen zu den gegenwärtigen politischen und sozialen Problemen, etwa der Einwanderung und der parallel zu ihr sich ausweitenden Ausbreitung fundamentalistischer und neo-konservativer Einstellungen, welche heute die Bedingungen unseres Zusammenseins in einer unvorhergesehenen Weise infragestellen? In welcher Weise beziehen sich die Figur und die Fiktion des Flüchtlings auf die Grenzen, welche den Menschen vom A-Humanen trennen?

Das Denken des A-Humanen stellt eine Herausforderung für die Konzeptionen des Bewusstseins, der Subjektivität und jeder Definition des Menschlichen dar. Es stellt sich die Frage, auf welche Weise wir das A-Humane überhaupt wahrnehmen können, ohne uns unmittelbar seine Alterität wiederanzueignen? Sollte es in den Begriffen einer „Ökologie“ betrachtet werden, wie es einige neuere theoretische Ansätze vorschlagen? Und in welcher Weise wären Begriffe wie Handlung, Materie, Verkörperung, Macht und Szene zu verändern, wenn man sie nicht länger aus einer humanistischen Perspektive betrachtet? In welchem Maß können relationale Ansätze der Betrachtung von Theater und Theorie eine Antwort auf die hier aufgeworfenen Fragen geben?

Hirner, Melanie (Frankfurt) – Thinking motion in dance – a mimesis of the a-human?

Theatre of the A-Human
Das Symposium geht aus von dem in Stücken, Essays, Briefen, Manuskripten und Inszenierungen Heiner Müllers zu beobachtenden Thema der a- oder in-humanen Grenze des Menschlichen: Es begegnen dort Tiere, Engeln und Fabelwesen sowie nicht-menschlich zu nennende Darstellungsweisen: Chöre, aus Buchstaben gebildete Landschaften, Geister, Bilder… Angeregt durch Müllers Arbeit soll die Art und Weise analysiert und kritisiert werden, wie das A-Humane ins Gegenwartstheater eingeht.

Der Bereich und das Ereignis der Aufführung ist umgeben und wird ermöglicht durch Diskurse, Institutionen, materielle und technische Infrastrukturen sowie sozio-ökonomische Netzwerke. Es ist ebenfalls umgeben von menschlichen Körpern, denjenigen der Zuschauer, der Darsteller, Techniker, Produzenten und Angestellten, deren Beiträge mehr oder weniger sichtbar sind. Nicht zuletzt ist es umgeben und wird ermöglicht durch eine Vielzahl von ambivalenten oder unheimlichen Wesen, von denen wir nicht sicher sagen können, ob sie lebend oder tot, mythisch oder empirisch, materiell oder immateriell, Objekte oder Subjekte, real oder phantastisch sind. Wir haben es mit nicht- oder genauer a-humanen Faktoren zu tun, schwachen Agenten oder Kräften, die niemals als solche in die Aufführung eingehen können. Sie müssen immer in die diskursiven und institutionellen Kreise eingehen, welche die Aufführung umgeben und unterliegen einer Veränderung, der Deformation, welche diese Kreise ihnen auferlegen. Je mehr diese Faktoren verändert werden, desto ambivalenter und allgegenwärtiger wird ihre „Anwesenheit“ oder die Rolle, die sie im Kontext der Performance spielen.

Das Symposium fragt nach diesen Veränderungen oder Deformationen, ihrer Art und Weise, ihren Kontexten wie auch ihren künstlerischen und politischen Implikationen. Woher kommen diese niederen Wesen – Dinge, Kreaturen und ihre Chöre? Was wollen sie von uns? Wie wirken sie in der Neudefinition unserer kollektiven Existenz im 21. Jahrhundert mit? Wie verhält sich das Theater des A-Humanen zu den gegenwärtigen politischen und sozialen Problemen, etwa der Einwanderung und der parallel zu ihr sich ausweitenden Ausbreitung fundamentalistischer und neo-konservativer Einstellungen, welche heute die Bedingungen unseres Zusammenseins in einer unvorhergesehenen Weise infragestellen? In welcher Weise beziehen sich die Figur und die Fiktion des Flüchtlings auf die Grenzen, welche den Menschen vom A-Humanen trennen?

Das Denken des A-Humanen stellt eine Herausforderung für die Konzeptionen des Bewusstseins, der Subjektivität und jeder Definition des Menschlichen dar. Es stellt sich die Frage, auf welche Weise wir das A-Humane überhaupt wahrnehmen können, ohne uns unmittelbar seine Alterität wiederanzueignen? Sollte es in den Begriffen einer „Ökologie“ betrachtet werden, wie es einige neuere theoretische Ansätze vorschlagen? Und in welcher Weise wären Begriffe wie Handlung, Materie, Verkörperung, Macht und Szene zu verändern, wenn man sie nicht länger aus einer humanistischen Perspektive betrachtet? In welchem Maß können relationale Ansätze der Betrachtung von Theater und Theorie eine Antwort auf die hier aufgeworfenen Fragen geben?

Kennedy, Susanne – Jour Fixe

01. November 2017, 19 Uhr
Jour fixe mit der Regisseurin Susanne Kennedy

Probebühne der Theaterwissenschaft, Campus Bockenheim

Susanne Kennedy gilt als Shooting Star im deutschsprachigen Sprechtheater der vergangenen Jahre. Mit einer außergewöhnlichen Ästhetik, zu der Masken, Play-Back-Dialoge, Doppelgänger und der experimentelle Einsatz audiovisueller Medien gehören, verändert sie radikal das Kräfteverhältnis zwischen Körpern, technischen Objekten und Maschinen in der Darstellung. Ihre Arbeiten wurden u.a. an der Volksbühne Berlin und den Münchner Kammerspielen gezeigt. Im Jour fixe sprach sie über ihren Werdegang, ihre Probenarbeit, die Rolle von Frauen im Theater und auf der Bühne und Aspekte ihrer Ästhetik.

Schulz, Anne – Jour Fixe

Barker, Hannah; Vorhaben, Jörg – Jour Fixe

Nikitin, Boris – Jour Fixe

29. November 2017, 19 Uhr
Jour fixe mit Boris Nikitin

Probebühne der Theaterwissenschaft, Campus Bockenheim

Boris Nikitin ist Theaterautor und -regisseur, Bühnenbildner, Installationskünstler und Leiter des Basler Festivals »It’s the real thing – Basler Dokumentartage«. Die meisten seiner künstlerischen Arbeiten drehen sich um die Konstruktion, Darstellung und Verdoppelung von Realität und Identität. Dabei verschiebt er die Grenzen zwischen Performance und Theater, Illusion und Dokumentarischem, offensivem Dilettantismus und schauspielerischer Virtuosität. Viele seiner Projekte spielen mit ihrer Rahmung.
Das von ihm geschriebene und inszenierte Stück, »Martin Luther Propagandastück«, wurde im März 2016 im HAU im Rahmen des Festivals „Heiner Müller!“ uraufgeführt und zum Festival »Impulse« eingeladen. In der Spielzeit 2016/17 gastierte die Produktion u.a. am Thalia Theater Hamburg. Sein Projekt „Hamlet“ mit Julia*n Meding war bisher u.a. in Basel, Paris, Athen, Mülheim, Lausanne, Madrid und Bern zu sehen, kam im Rahmen des Kongresses „Theater als Kritik“ 2016 in Frankfurt zur deutschen Erstaufführung und wurde seither an zahlreichen weiteren internationalen Stationen gezeigt. Im Jour fixe erläutert Nikitin den Studierenden der Dramaturgie und Theaterwissenschaft seine Herangehensweise an das Theater, seine Arbeit mit Schauspieler*innen und sein Konzept eines „Theaters der Verwundbarkeit“.

Amine, Khalid – Die Neu-Erfindung der Tradition im marokkanischen Theater

Auf die Al Halqa-Aufführungen in Marokko, um einen Erzähler oder Sänger herum auf den Plätzen gebildeten Versammlungen, hatten die rapiden Veränderungen seit der Kolonialzeit (1912-1956) tiefgreifende Auswirkungen. Ihre Neuerfindung im gegenwärtigen marokkanischen Theater ist durch komplexe kulturelle und ideologische Strömungen der heutigen Öffentlichkeit geprägt. Im Zuge der Verpflanzung der Techniken und der zirkulären Erscheinungsform der Al Halqa in Theaterhäuser werden existierende Dramaturgien revidiert oder genauer: neu geschrieben. Der traditionelle Erzähler wird zum Agenten der kulturellen und politischen Mobilisierung. In der Entwicklung von Tayeb Saddikis Sidi Abder-rahman Al-Majdoub (1967) zu Naima Zitans Dialy (2012) zeigt sich eine Obsession mit der Al Halqa als einem tief verankerten Performance-Paradigma in Marokko, das fortwährend umgestaltet und erneuert wird. Beginnend mit Saddiki hat die Wiederherstellung von Al Halqa dazu geführt, dass die Theaterpraxis nach der Unabhängigkeit von einem spezifischen marokkanischen Geist geprägt wurde. In Dialy werden die Strategien des Rahmens und Erzählens der Al Halqa ins Spiel gebracht, um patriarchalische Strukturen und die soziale Reproduktion von Ungleichheiten der Geschlechter über die Generationen hinweg infrage zu stellen. Angesichts der sich ausbreitenden islamischen Orthodoxie und der Gewalt gegen Frauen ist diese künstlerische Intervention an der Zeit. Keine andere Aufführung hat vergleichbare Gegenreaktionen in den marokkanischen Medien hervorgerufen. Vortrag in englischer Sprache.   Khalid Amine ist Professor für Performance Studies an der Abdelmalek Essaadi University in Tétouan, Marokko, sowie Gründungspräsident des internationalen Zentrums für Performance Studies (ICPS) in Tanger. 2007 gewann er den Helsinki-Preis der IFTR. Von 2008-10 war er Research Fellow an der FU Berlin. Zahlreiche Publikationen, u.a.: Beyond Brecht (1996), Moroccan Theatre Between East and West (2000), Dramatic Art and the Myth of Origins: Fields of Silence (2007), The Theatres of Morocco, Algeria and Tunisia: Performance Traditions of the Maghreb (2012) und The Art of Dialogue: East–West (Hg. 2014).

Hegemann, Carl – Jour Fixe

Wie kein anderes Thema bewegte die Theaterwelt in der vergangenen Spielzeit der bevorstehende Intendantenwechsel an der Volksbühne am Rosa Luxemburg-Platz in Berlin. Nachdem beim Jour fixe im Februar 2016 Marietta Piekenbrock die Perspektiven des Hauses unter dem neuen Intendanten Chris Dercon dargestellt hat, wird nun einer der schärfsten Kritiker der Neubesetzung, Carl Hegemann, beim Jour fixe zu Gast sein. Er ist Chefdramaturg des Hauses und prägte sein intellektuelles Profil wie sein Programm über mehrere Jahre hinweg maßgeblich mit.

Carl Hegemann studierte Philosophie, Gesellschafts- und Literaturwissenschaften in Frankfurt am Main, wo er 1979 mit einer Arbeit über Johann Gottlieb Fichte und Karl Marx promoviert wurde. Er war Dramaturg bei den Ruhrfestspielen Recklinghausen (1988–89), am Stadttheater in Freiburg (1989–92), am Schauspielhaus Bochum (1995–96), am Berliner Ensemble (1996–98) und an der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz (1992–95, 1998–2006 und seit 2015) und am Thalia Theater Hamburg (2011-15). Bis zu seiner Emeritierung leitete er als Professor für Dramaturgie den Dramaturgiestudiengang an der Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ in Leipzig. Als Dramaturg arbeitete u.a. mit Heiner Müller, Christoph Schlingensief und René Pollesch zusammen.

Beim Jour Fixe soll in offener Runde bei Brezeln, Wein und Wasser mit ihm über seinen Werdegang, seine Arbeit an den verschiedenen Theatern und natürlich über den bevorstehenden Umbruch an der Volksbühne gesprochen werden.

Majdalanie, Lina – Appendix

Einen Leichnam einäschern zu lassen ist im Libanon wegen religiöser Bestimmungen unmöglich. In Appendix berichtet Lina Majdalanie von ihrem radikalen Entschluss, das Gesetz zu umgehen und ihren Körper dennoch dem Feuer zuzuführen: Sie will sich nach und nach all ihre Organe entfernen und die Gliedmaßen amputieren lassen und sie als Kunstobjekte verkaufen. Die Konsequenz, mit der die Performerin diese Gedanken verfolgt und dabei den Blick auf jene Gewalt, die Religion und Staatsmacht auf den Körper des Individuums ausüben, fasziniert und schockiert. Wie in ihren vielen Kooperationen mit Rabih Mroué verschwimmen auch hier die Grenzen zwischen persönlichem Leben, Kunst und Politik. Die Aufführung von Appendix ist zugleich Lina Majdalanies Antrittsvorlesung zu ihrer Friedrich Hölderlin Gastprofessur an der Goethe-Universität Frankfurt.
In Französisch mit Deutschen und Englischen Übertiteln.

Nancy, Jean-Luc – Unser Zeitalter ist nicht mehr das eigentliche Zeitalter der Kritik

Vom 18. April bis zum 11. Juli fand die Ringvorlesung „Kritisieren! Distanz und Engagement“ des Instituts für Theater-, Film- und Medienwissenschaft statt.