Archiv des Autors: cesar

Abschlussdiskussion – Dramaturgien der Überwachung

Ludewig, Maria Magdalena; Hammer, Martin – Jour Fixe

In der Reihe «Jour Fixe» waren Maria Magdalena Ludewig und Martin Hammer zu Gast.

Veranstaltung vom 02. Dezember 2015

Als 1992 das Festival «Neue Stücke aus Europa» entstand, befand sich Europa in einer Zeit des Aufbruchs. Die Biennale wurde zu einem der wichtigsten Austauschorte europäischer Autoren und Übersetzer. Heute, 24 Jahre später, übernimmt mit Maria M. Ludewig und Martin Hammer eine junge Generation die kuratorische Leitung. Unter dem Namen WIESBADEN BIENNALE steht die kritische Frage nach einer möglichen gemeinsamen Erzählung Europas im Zentrum. Dabei sollen verstärkt Gastspiele von den Rändern Europas gezeigt werden, daneben erstmals auch Eigenproduktionen. Ein Sommercampus wird unter dem Motto «Asyl des müden Europäers» eröffnen. In ihm werden Studierende die Gelegenheit erhalten, mit Künstlern zusammenzuarbeiten, die als Resident zum Festival eingeladen sind. An diesem Sommercampus werden auch Studierende der TFM und der Dramaturgie teilnehmen können.

Maria Magdalena Ludewig (*1982) studierte Philosophie in Hamburg und Berlin, sowie Schauspielregie an der Berliner HfS Ernst Busch. Seit 2003 arbeitet sie als Regisseurin und Produzentin u.a. am Hamburger
Schauspielhaus, den Sophiensaelen und Kampnagel.
Martin Hammer (*1981) studierte Literatur- und Thea­terwissenschaft in Berlin, Hamburg und Leipzig. Er arbeitet seit 2007 als freier Dramaturg in Stadttheatern und freier Szene.

Im Sommersemester werden Ludewig u. Hammer am Institut für TFM das Coaching für die Studierenden der Dramaturgie übernehmen.

Beim Jour Fixe soll in gewohnt offener Runde bei Brezeln, Wein und Wasser mit Ludewig und Hammer über ihren Werdegang und die neue Konzeption für die Wiesbaden Biennale gesprochen werden.

Brain Watch

Studentische „Devised Theatre“-Projekte zum Thema „Überwachung“

 

Harding, James – Of Sheep, Shepherds and Surveillance

James Harding: Of Sheep, Shepherds and Surveillance: DeFrocking the Cultures of Surveillance

Dieser Vortrag von James Harding (School of Theatre, Dance and Performance Studies, University of Maryland) untersucht die westlichen, jüdisch-christlichen Traditionen, die nicht nur der Expansion der Überwachungsgesellschaft, sondern, ironischerweise, auch entscheidenden Standpunkten der Überwachungswissenschaft als Fachdisziplin Legitimität und Autorität verleihen. Der Vortrag plädiert dafür, die kritische Auseinandersetzung mit der Überwachung von diesen Traditionen klar zu trennen und argumentiert, dass die Grundlagen für eine substantielle Kritik der Bedrohung, die von der zunehmenden Vormachtstellung der Überwachungstechnologien ausgeht, erst durch eine solche Trennung geschaffen werden. (Dieser Vortrag ist auf Englisch.)

Haß, Kirsten – Jour Fixe

In der Reihe «Jour Fixe» war Kirsten Haß zu Gast.

Veranstaltung vom 04. November 2015

Die Kulturstiftung des Bundes ist eine 2002 gegründete Stiftung der Bundesrepublik Deutschland mit Sitz in Halle (Saale). Sie fördert Kunst und Kultur im Rahmen der Zuständigkeit des Bundes, was sie von der Kulturstiftung der Länder unterscheidet. Der Schwerpunkt liegt auf innovativen Projekten im internationalen Kontext. Außerdem fördert sie die selbstverwalteten Kulturförderfonds wie den Fonds Darstellende Künste und beispielsweise das Theatertreffen.

Beim Jour Fixe soll in gewohnt offener Runde bei Brezeln, Wein und Wasser
mit Kirsten Haß über ihren Werdegang und die Förderpolitik der Bundeskulturstiftung gesprochen werden, über die unterschiedlichen Förderprogramme speziell im Hinblick auf Theater und über Möglichkeiten der Antragsstellung.

Gabriel, Leon – Arbeit an der Differenz? Theater in der Globalisierung

Veranstaltung vom 02. Juni 2015

Aus unserem Programm:

Was ist an künstlerischer Arbeit anders als an sonstiger Arbeit? Die Frage mag einerseits seltsam erscheinen, gilt doch Kunst landläufig als den Zwängen sonstiger Lebensbereiche enthoben. Andererseits: Theater im Speziellen ist ein ästhetischer wie auch sozialer Vorgang zugleich. Vor allem aber hat sich die Arbeitswelt der westlichen Industrienationen im Zeichen der sogenannten ‚Globalisierung‘ massiv gewandelt. Heute stehen immaterielle Produktionsweisen hoch im Kurs, welche denen des Theaters durchaus ähneln: Kreativität, Selbstunternehmertum, das An-die-Grenze-Gehen und der Umgang mit Zufällen werden zu Schlüsselkompetenzen, nicht selten aber mittels enormer Prekarisierungen. Dabei werden außerdem regionale, kulturelle oder politische Unterschiede zugunsten immer neuer Nischenmärkte und größtmöglicher Produktvielfalt abgeschöpft.

Demgegenüber dient dem Vortrag Heiner Müllers Aussage, Aufgabe des Theaters sei die „Arbeit an der Differenz“, als Ausgangspunkt, um anhand von aktuellen Debatten und Beispielen zu überlegen, worin diese Aufgabe heute bestehen könnte und wie diese ominöse Differenz von der oben beschriebenen bloßen Propagierung von Differenzen zu trennen ist.

Leon Gabriel, Jahrgang 1984, ist seit 2011 Mitarbeiter am Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft der Goethe Universität Frankfurt. Er promoviert zur künstlerischen Politik des Raumes in der Globalisierung. Weitere Forschungsgebiete: das Verhältnis von Macht und Performance; Konfigurationen der Arbeit im Theater; Postkolonialismus; Psychoanalyse.

Zudem ist er seit 2009 Teil des Kollektivs Arty Chock mit dem er u.a. die ortsspezifische Reihe „Money Talks“ (2013-15) entwickelte. Seit 2014 co-organisiert er die Vortragsreihe „blind date: kunst – macht – widerstand“ an der Schnittstelle von Theorie und Praxis.

Goebbels, Heiner – Musikalische Produktionsweisen im Theater (Gespräch)

Veranstaltung vom 26. Mai 2015

Aus unserem Programm:

Wie wenige andere Künstler hat der Komponist, Regisseur, Theaterwissenschaftler und Intendant der Ruhrtriennale 2012-2014 in seinen experimentellen Kompositionen, Installationen, Musiktheater-Werken in seinen Arbeiten der vergangenen Jahrzehnte auch die Produktionsweisen verändert.

Seine Stücke wurden zwar regelmäßig auf den großen Bühnen renommierter Theater gezeigt, sind jedoch abseits dieser Häuser und unter anderen Bedingungen entstanden: in engem Zusammenspiel der beteiligten Akteure – so wie es vielleicht am ehesten musikalischen Produktionsweisen vergleichbar ist. Die bekannten Rollen von Dirigent, Regisseur, Orchestermusikern, Sängern und Technikern sind hier aufgelöst bzw anders definiert und verteilt als in den Produktionen großer Häuser.

Im Gespräch mit Nikolaus Müller-Schöll und den Besuchern der Ringvorlesung wird Heiner Goebbels dazu befragt werden, wie der Produktionsprozeß die künstlerischen Arbeiten prägt und (vor-)bestimmt, welche Spuren die Umstände der Produktion an den Produkten hinterlassen und wie in und mit den – zumal für Musiktheaterproduktionen – großen Apparaten künstlerische Arbeit möglich ist, insbesondere wenn es nicht um die Inszenierung des Repertoires geht, sondern um ein „Theater, das wir noch nicht kennen“ (Goebbels). Seine Erfahrungen auch mit dem Sprechtheater und in der freien Szene werden dabei ebenso zur Sprache kommen wie Erfahrungen, die Goebbels mit den Produktionsbedingungen in anderen Ländern gemacht hat. Zur Vorbereitung werden Arbeiten von Heiner Goebbels auf DVD bzw. CD zur Verfügung gestellt, die im Sekretariat der Theaterwissenschaft der Goethe-Universität kurzzeitig entliehen werden können.

Heiner Goebbels, geb. 1952, lebt seit 1972 in Frankfurt am Main.
Szenische Konzerte, Hörstücke und Kompositionen for Ensemble und großes Orchester (Surrogate Cities u.a.); Zusammenarbeit mit den wichtigsten Ensembles und Orchestern (Ensemble Modern, London Sinfonietta, Berliner Philharmoniker, Ensemble musikFabrik u.v.a.) . Seit Beginn der 90er Jahre Komponist und Regisseur weltweit gefeierter Musiktheaterstücke, z.B. Schwarz auf Weiß (1996), Max Black (1998), Eislermaterial (1998), Hashirigaki (2000), Landschaft mit entfernten Verwandten (2002), Eraritjaritjaka (2004), Stifters Dinge (2007), Songs of Wars I have seen (2007), I went to the house but did not enter (2008), When the mountain changed its clothing (2012) u.v.a.

Zahlreiche CD Veröffentlichungen, Aufsätze, Vorträge, Anthologie „Ästhetik der Abwesenheit“ (2012). Ausgezeichnet mit zahlreichen internationalen Schallplatten-, Hörspiel-, Theater- und Musikpreisen, Mitglied meherer Akademien der Künste sowie Honorable Fellow am Dartington College of Arts und an der Central School of Speech and Drama in London; Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin (2007/08), Artist in Residence an der Cornell University, Ithaca; 2012 Ehrendoktor der Birmingham Citiy University und ausgezeichnet mit dem International Ibsen Award – einem der renommiertesten Theaterpreise der Welt.
Heiner Goebbels ist Professor am Institut für Angewandte Theaterwissenschaft der Justus-Liebig-Universität Gießen. Seit 2006 Präsident der Hessischen Theaterakademie. Künstlerischer Leiter der Ruhrtriennale 2012-2014.

Weitere Informationen siehe www.heinergoebbels.com

Moreira, Leonardo – Producing „fiction“

Veranstaltung vom 19. Mai 2015

Aus unserem Programm:

Der Autor und Regisseur Leonardo Moreira gehört zu den vielversprechendsten und talentiertesten Künstlern Brasiliens. In São Paulo gründete er die Companhia Hiato, mit der er viele preisgekrönte Bühennarbeiten geschaffen hat und auf internationalen Festivals vertreten ist. Bei Theater der Welt in Mannheim zeigte er seine fünfstündige Arbeit Fiktion, in der Schauspieler in Monologen sehr ehrlich aus ihrem Leben erzählen, vom Erwachsenenwerden, von Verletzlichkeit, Emanzipation und Künstler-Comingout im brasilianischen Melting Pot der familiären Traditionen und kulturellen Herkünfte.

Moreira wird über die Arbeit an seinen neuesten Produktionen „Ficção“ (Fiktion) und „O Jardim“ (Der Garten) sprechen, die vom 20.-23. Mai im Künstlerhaus Mousonturm und im FrankfurtLab zu sehen sind.

Fiacção (Fiktion) ist ein Theatermarathon, in dem die einzelnen Schauspielerinnen der Companhia Hiato in jeweils einstündigen Monologen aus ihren bisherigen Leben erzählen. Auf höchst erstaunliche, berührende und virtuose Weise durchdringen und überlagern sich dabei die einzelnen Performances und ihre Erzählweise. Monolog für Monolog verdichten sich die offenen Selbstbetrachtungen mit all ihren inneren Widersprüchlichkeiten zu einem komplexen, ergreifenden und in vielen Momenten atemberaubenden Bild vom Leben in der hyperpostmigrantischen Megametropole São Paulo.

O Jardim (Der Garten) ist eine Zeitreise, ein meisterhaftes Zauberstück des Perspektivismus, in dem familiäre Erinnerungen und private Sehnsüchte auf gesellschaftliche Fehlannahmen und versteckte historische Zusammenhänge stoßen. Es sind Familiengeschichten, Bruchstücke und Erinnerungsfetzen quer durch die Zeiten, sozialen Schichten und kulturellen Hintergründe, nichtlinear erzählt in den Momenten des Umbruchs und des Übergangs, der Abschiede und Aufbrüche, des Verlassen-, Verdrängt- und Vertriebenwerdens.

Saneh, Lina – Imposed Realities

Veranstaltung vom 07. Juli 2015


Aus unserem Programm:

In einem Land wie dem Libanon und einer Region wie dem Nahen Osten, wo ständig Umwälzungen und blutige Konflikten drohen, mit unsicheren Grenzen und einer von Migration geprägten Demographie, wo das Denken sich in radikalen Oppositionen bewegt, schwarz/weiß, gut/böse, ohne die Möglichkeit eines dritten Weges, wo sich niemand in die Zukunft versetzen oder sie planen kann, da jeden Moment Krieg ausbrechen und alles von Grund auf durcheinander kommen kann, wo nicht die Kultur Vorrang hat, sondern die Sicherung des Alltags angesichts einer Infrastruktur, in der es an allem Mangel gibt (an Wasser, Elektrizität, Sicherheit etc.), wo der Staat zum Verzweifeln abwesend ist, von genau jenen verlassen, die zu seiner Konsolidierung aufrufen, obwohl sie ihre Treue zuvorderst den Parteien geben, die ihn lähmen, kurz: in einer solchen Situation – welche künstlerischen Praktiken drängen sich da auf? Welche anderen kann man vorschlagen? Vor welchen Herausforderungen steht der Künstler? Wie könnte er sich ihnen entgegenstellen? Welche Produktionsbedingungen drängen sich auf? Welche Alternativen lassen sich erfinden?

Lina Saneh ist Performerin, Schriftstellerin, Regisseurin und Dozentin. Bis 2013 arbeitete sie als Dozentin an der Haute École d’Art et de Design in Genf, zuvor u.a. am Institute for Scenic and Audio-Visual Studies, Saint-Joseph University, Beirut, Libanon.

Ihre Performances, darunter 33 RPM and a Few Seconds (2012), Photo-Romance (2009), I had a Dream, Mom (Video, 2006), Appendix (2007) und Biokhraphia (2002) wurden bei wichtigen internationalen Festivals wie dem kunstenfestivaldesarts in Brüssel,  dem Festival d’Avignon und dem Festival d’Automne in Paris gezeigt und entstanden teilweise in Zusammenarbeit mit Rabih Mroué.

Markus Wessendorf
ist seit dem Jahr 2001 Professor für Theaterwissenschaft an der University of Hawai’i at M’noa in Honolulu. Zuvor lehrte er in Gießen und New York und arbeitete als Übersetzer, Dramaturg und Regisseur.

Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen:
Interkulturelles Theater,
Theorien des Performativen,
Theater und Performance seit 9/11 und
Dramaturgien der Überwachung.

Zahlreiche Publikationen, u.a.
Die Bühne als Szene des Denkens: Richard Foremans Ontological-Hysteric Theatre (1998),
Grenzgänge: Das Theater und die anderen Künste (Mit-Hg. 1998),
Das Brecht-Jahrbuch 36: Brecht in/und Asien (Mit-Hg. 2011).

Die Vortragsreihe ist eine Kooperation mit der Hessischen Theaterakademie, dem Erasmus Mundus Program in Performing Arts und dem Forschungszentrum für Historische Geisteswissenschaften der Goethe-Universität. Die Gastprofessur wird gefördert vom DAAD aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) sowie vom International Office und dem Förderfonds Lehre der Goethe-Universität.

Wessendorf, Markus – Zombies im Theater – Eine dramaturgische Herausforderung

Veranstaltung vom 23. Juni 2015


Aus unserem Programm:

Die mit dem haitischen Voodoo-Glauben verbundene Figur des Zombies als eines in die Welt der Lebenden zurückgekehrten (Un-)Toten wurde in den 1930ern von Hollywood aufgegriffen und gilt seither, auch jenseits des Horrorfilms, als fester Bestandteil der Populärkultur. Nach einer ersten großen Erfolgswelle in den 1970er Jahren feiert der Zombie in den Vereinigten Staaten vor allem seit der globalen Wirtschaftskrise von 2007 eine erneute und noch andauernde Wiederauferstehung: als Hollywood Blockbuster (World War Z), „mainstream“-Fernsehn (The Walking Dead), „mash up“-Literatur (Pride and Prejudice and Zombies) und partizipatorische Performance („zombie walk“). Im öffentlichen amerikanischen Diskurs hat sich „Zombie“ zudem als ein auf gesellschaftliche und institutionelle Fehlstörungen verweisendes Bestimmungswort etabliert („zombie capitalism“, „zombie banks“, „zombie candidates“ usw.). Der Vortrag beschreibt die dramaturgischen Überlegungen, die kreativen Strategien und den Produktionsprozess, die im Herbst 2012 als Reaktion auf die jüngste Zombie-Welle zu der Tschechow-Adaption und „mash up“-Inszenierung Uncle Vanya and Zombies am Kennedy Theatre in Honolulu geführt haben.

Markus Wessendorf
ist seit dem Jahr 2001 Professor für Theaterwissenschaft an der University of Hawai’i at M’noa in Honolulu. Zuvor lehrte er in Gießen und New York und arbeitete als Übersetzer, Dramaturg und Regisseur.

Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen:
Interkulturelles Theater,
Theorien des Performativen,
Theater und Performance seit 9/11 und
Dramaturgien der Überwachung.

Zahlreiche Publikationen, u.a.
Die Bühne als Szene des Denkens: Richard Foremans Ontological-Hysteric Theatre (1998),
Grenzgänge: Das Theater und die anderen Künste (Mit-Hg. 1998),
Das Brecht-Jahrbuch 36: Brecht in/und Asien (Mit-Hg. 2011).

Die Vortragsreihe ist eine Kooperation mit der Hessischen Theaterakademie, dem Erasmus Mundus Program in Performing Arts und dem Forschungszentrum für Historische Geisteswissenschaften der Goethe-Universität. Die Gastprofessur wird gefördert vom DAAD aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) sowie vom International Office und dem Förderfonds Lehre der Goethe-Universität.