Alle Artikel in: Hölderlin-Gastvorträge

Im Rahmen der Vortragsreihe „Friedrich-Hölderlin-Gastvorträge in Allgemeiner und Vergleichender Theaterwissenschaft“ soll die Theaterwissenschaft in einem größeren Kontext jener philosophischen, politischen und sprachphilosophischen Fragen situiert werden, die immer mit im Spiel sind, wenn man über Theater nachdenkt, die aber häufig ausgeblendet werden. Neben den Fragen, die das Theater im engeren Sinne betreffen, geht es in den Beiträgen der eingeladenen Gäste auch um solche Fragen, die Theatertheorie und Theorie, auf die Theater sich bezieht, betreffen. Es geht also um Theater in allen vier Bedeutungen, die diesem Wort entsprechend des Leipziger Theatralitätsdiskurses zukommen: Um Theater, Anti-Theater, Theater im weiteren Sinne und Nicht-Theater. „Theater“ wird dabei im sehr erweiterten Sinne begriffen, den neuere Arbeiten auf dem Gebiet der Theaterwissenschaft nahelegen: Es soll ein Begriff von Theaterwissenschaft etabliert werden, der diese aus dem Kontext ihrer nationalphilologischen Begründung im Deutschland der 30er-Jahre des 20. Jahrhunderts ebenso herauslöst wie aus jener Begrenzung auf die „Aufführung“, welche ihr eigentlicher Begründer im deutschsprachigen Raum, Max Herrmann, um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert vorgeschlagen hatte. Denn Theater ist nicht nur das flüchtige Produkt eines Abends, sondern auch Prozess, Interaktion, Handlung und vor allem kritische Praxis.

Jasper Delbecke (Gent) „Tracing the Essay in Performing Arts. Five Essay Pieces“

Hölderlin-Gastvorträge

Vortrag vom 14.05.24 The talk will expand on the emergence of “the essay” as a form, concept, and method within the field of performing arts during the mid-2010s. Drawing inspiration from the rich tradition of the literary essay and informed by the contemporary proliferation of the essay form across cinematic (essay film), photographic (photographic essay), installation-based (essay-installation), and exhibition-related (essay-exhibition) domains, Delbecke dissects the reasons behind and manifestations of this form within the field of performing arts […]

Krassimira Kruschkova (Wien): „Das unfassbare Archiv. Eine Soloperformance von Arkadi Zaides im Kontext des zeitgenössischen Tanzes“

Hölderlin-Gastvorträge

Vortrag vom 06.02.24 Arkadi Zaidesʼ Choreographie Archive (2014) fokussiert das Camera Project des israelischen Informationszentrums für Menschenrechte in den besetzten Gebieten B‘Tselem, das Videokameras an Palästinenser:innen verteilt, um eine kontinuierliche Dokumentation von Menschenrechtsverletzungen zu ermöglichen. Das gewählte Filmmaterial zeigt ausschließlich israelische Soldaten, Siedler, Aktivisten in verschiedenen konfrontativen Situationen. Die filmenden palästinensischen Menschen bleiben abwesend, hinter der Kamera, anwesend sind allerdings ihre Bewegungen, Stimmen, Standpunkte. Es geht um den paradoxen Absenz/Präsenz-Modus der Archiv-Praxis und – wie der Vortrag auch mit […]

Eylül Fidan Akıncı (New York/Arnhem): „Choreo-dramaturging the Anthropocene“

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Vortrag vom 12.12.2023 The new climatic regime is manifest in our lives with an unprecedented urgency, but the planetary damage has been ongoing for much longer. Likewise, ecological activism and discourse have a global history, while we are groping for resistance and solace within a politically and digitally induced amnesia, obfuscation, and denialism. These are only the starting conundrums of what I consider to be characteristically the Anthropocene episteme. By positing the Anthropocene as a […]

Vivian Liska (Antwerpen/Jerusalem): „Die Abwehr des Dezisionismus aus dem Geiste des Judentums. Kafka, Scholem, Benjamin“

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Vortrag vom 15.11.2023 Ein zentrales Merkmal im Denken zahlreicher deutsch-jüdischer Autoren und Intellektuellen des frühen 20. Jahrhunderts ist die Spannung zwischen einer Temporalität der Plötzlichkeit und Unmittelbarkeit einerseits und einer Zeit des Aufschubs – des Wartens, des Zögerns und Verzögerns – andererseits. Im Vortrag soll diese Spannung gegen den Hintergrund von Carl Schmitts Dezisionismus und seiner Auffassung der Entscheidungsmacht eines quasi göttlichen Souveräns reflektiert werden. Dabei wurden Denkbilder in den Schriften von jüdischen Zeitgenossen Schmitts […]

Ludwig Jäger (Aachen/Köln): „Die Nachträglichkeit des Sinns. Transkriptionstheoretische Überlegungen zum Metalepsis-Paradox“

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Vortrag vom 20.06.2023 Der Vortrag nimmt das Problem der Sinnkonstitution in der kulturellen Semantik im Licht eines Begriffes aus der antiken Rhetorik in den Blick: des Begriffes der Metalepsis. Die Metalepsis stellt eine rhetorische Figur dar, in der die Ursache-Wirkungs-Relation vertauscht ist: „Die Metalepse ist eine Art von Metonymie, mit der man das Folgende erklärt, um das Vorhergegangene verständlich zu machen (Cesar Chesneau Du Marsais). Über diese engere rhetorischen  Bedeutung hinaus steht die Figur des Metaleptischen in verschiedenen epistemologischen, zeichen- und medientheoretischen Kontexten […]

Dorota Sajewska (Zürich): „Dekolonisierung des Wissens. Zu einer performativen Theorie historischer Handlungsfähigkeit“

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Vortrag vom 16.05.2023 Dorota Sajewska ist Kulturtheoretikerin, Theater- und Performanceforscherin sowie Theater- und Tanzdramaturgin. Sie ist Assistenzprofessorin für Interart an der Universität Zürich und ehemalige Juniorprofessorin für Theater und Performanz an der Universität Warschau. Von 2008 bis 2012 war sie Chefdramaturgin und stellvertretende künstlerische Leiterin von TeatrDramatyczny in Warschau. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Kulturwissenschaften, Performativen Studien und Körperanthropologie. Sie ist Autorin zahlreicher Publikationen zu Performance, Theater und bildender Kunst sowie zu Kulturtheorie und -geschichte (auf Polnisch, Deutsch, Englisch und […]

Nicholas Johnson (Dublin): “Performance, Media and Adaptation in the Afterlives of Samuel Beckett”

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Vortrag vom 08.11.2022 During Samuel Beckett’s lifetime, he crafted works for a wide range of media, as well as referencing and incorporating multimedia elements within his texts. A sustained interest and engagement with analogue technology is indexed in his oeuvre: his narratives often include a fascination with glitches, repetition, distant voices, recording, and the dynamics of control over production and reception of text. These interests are mirrored in Beckett’s directing practice as well, rendered visible […]

Ben-Shaul, Daphna: „Unsettled Rope-Dancers: Performing on Sites of Heightened Sovereignty“

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Vortrag vom 28.06.2022 The street show of the Seiltänzer, the rope-dancer, in Thus Spoke Zarathustra is performed by two performer-types moving between two towers, embodying Nietzsche’s metaphorical rhetoric – the tamed rope-dancer and the transgressive, creative trickster. About a century later, in De Certeau’s urban theory, the agency of the rope-dancer is present in the distinction made between the point of view from the World Trade Center, and the “walking rhetorics” in the city’s maze. The elevated position is […]

Rotman, Diego:  “Fragile Structures of Knowledge: The Dramaturgy of an Art Based Research Project on Contemporary Sukkot”

Hölderlin Antrittsvorlesungen / Hölderlin-Gastprofessur / Hölderlin-Gastvorträge

Vortrag vom 17.05.2022 Diego Rotman ist Senior Lecturer, Forscher, multidisziplinärer Künstler und Kurator. Seine Forschung konzentriert sich auf performative Praktiken im Zusammenhang mit lokaler Geschichtsschreibung, jiddischem Theater, zeitgenössischer Kunst und Folklore. Seit Juli 2019 ist er Leiter des Instituts für Theaterwissenschaft an der Hebräischen Universität in Jerusalem. Im März 2021 veröffentlichte Rotman „The Yiddish Stage as a Temporary Home – Dzigan and Shumacher’s Satirical Theater (1927-1980)”. Das Buch, das 2017 in seiner hebräischen Version bei […]

Peter, Birgit: „Die Etablierung der Theaterwissenschaft im Nationalsozialismus. Über verdrängte und vergessene Fachgeschichte und ihre Konsequenzen“

Hölderlin-Gastvorträge

Vortrag vom 09.10.2021 In den zahlreichen Bänden zur Einführung in die Theaterwissenschaft finden sich fachhistorische Darstellungen, die in aller Kürze auf die nationalsozialistische Ära verweisen. Einzelne Akteure wie Heinz Kindermann, Carl Niessen, Arthur Kutscher oder Hans Knudsen und Institutsgründungen bzw. die Einrichtung von Ordinariaten werden erwähnt (1943 in Wien, 1944 in Berlin), doch eine tiefere Auseinandersetzung mit dem Faktum der akademischen Etablierung der Disziplin im NS fehlt. Theaterwissenschaftlerinnen wie Kindermann und seine Schülerin Margarete Dietrich […]