Peter, Birgit: „Die Etablierung der Theaterwissenschaft im Nationalsozialismus. Über verdrängte und vergessene Fachgeschichte und ihre Konsequenzen“

Hölderlin-Gastvorträge

Vortrag vom 09.10.2021

In den zahlreichen Bänden zur Einführung in die Theaterwissenschaft finden sich fachhistorische Darstellungen, die in aller Kürze auf die nationalsozialistische Ära verweisen. Einzelne Akteure wie Heinz Kindermann, Carl Niessen, Arthur Kutscher oder Hans Knudsen und Institutsgründungen bzw. die Einrichtung von Ordinariaten werden erwähnt (1943 in Wien, 1944 in Berlin), doch eine tiefere Auseinandersetzung mit dem Faktum der akademischen Etablierung der Disziplin im NS fehlt.

Theaterwissenschaftlerinnen wie Kindermann und seine Schülerin Margarete Dietrich waren von Wien aus bis in die 1980er Jahre wichtige fachpolitische Akteurinnen. Sie, wie auch Knudsen, Kutscher und Niessen prägten als Lehrende die ersten Generationen von Studierenden, bestimmten den Fachdiskurs und die Terminologie. Ihre Werke werden zum Teil noch immer als Grundlagen herangezogen. Unberücksichtigt blieben bisher auch Untersuchungen zur Zusammenarbeit dieser Akteure während der NS-Zeit und zu den fachpolitischen Netzwerken nach 1945. Ein völliges Desiderat stellen Forschungen zu den während des NS exkludierten Theaterforschenden, zu Theaterwissenschaft, Exil und Holocaust sowie eine gendertheoretische Perspektivierung der Fachgeschichte und der theaterwissenschaftlichen Episteme dar.

In diesem Vortrag steht im ersten Teil eine Skizzierung der Fachgeschichte im NS im Kontext von Wissenschaftspolitik und Ideologieproduktion im Zentrum. Im zweiten Teil werden Verdrängungs- und Vergessensstrategien im theaterwissenschaftlichen Diskurs nach 1945 thematisiert, um auf blinde Flecken und Leerstellen in der Fachgeschichtsschreibung zu verweisen. Die Diskussion soll Fragen nach den Konsequenzen der NS-Vergangenheit des Faches Raum bieten.

Birgit Peter ist Privatdozentin an der Universität Wien, wo sie die Leitung des Archivs und der theaterhistorischen Sammlung des Instituts für Theater-, Film- und Medienwissenschaft innehat. Ihre Dissertation und Habilitation beschäftigte sich mit Zirkusgeschichte. Sie lehrte und lehrt zu Zirkus und Zauberkunst an den Universitäten in Leipzig, Bern und Wien. Forschungs- und Publikationsschwerpunkte sind: Zirkus, NS-Theaterwissenschaft und Fachgeschichte, verdrängte Theatergeschichte, Antisemitismus.

Link zum Podcast von Wilsonstreet: https://www.wilsonstrassefm.com/podcast/episode/50b2d2fd/holderlin-vortrage-ws-2122-birgit-peter-wien

Nordheim, Julius – Die unbemerkte Uraufführung von „Der Müll, die Stadt und der Tod“

Bühnenbesetzungen

Tedjasukmana, Chris – Wo’s überall stinkt

Bühnenbesetzungen

Theaterbauten, Kultur für alle

Allgemein / Theaterarchitektur-Debatte / Welches Theater für welche Stadt?

https://vimeo.com/513845437

Veranstaltung im Rahmen der Reihe „Welches Theater für welche Stadt?“
Mit Frank Schmitz und Ulrike Haß. Moderation: Carsten Ruhl
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Frankfurts Theaterlandschaft wird sich stark verändern – zumindest so viel steht fest. Wo sollen Oper, Schauspiel, Kinder- und Jugendtheater, wo die experimentellen darstellenden Künste zukünftig geprobt, aufgeführt, gesehen und verhandelt werden? Vier der fünf zukünftigen städtischen Theaterbauten sind derzeit – auf verschiedenen Stufen – in Planung. Einen Beitrag zur notwendigen öffentlichen Diskussion darüber wollen Architekturgeschichte und Theaterwissenschaft an der Goethe-Universität mit zwei Veranstaltungen leisten.

Zum Thema „Theaterbauten, Kultur für alle“ diskutiert der Architekturhistoriker und Sprecher des LOEWE-Schwerpunkts „Architekturen des Ordnens“ Prof. Carsten Ruhl mit der Theaterwissenschaftlerin Prof. Ulrike Haß (Bochum/Berlin) und dem Architekturhistoriker Dr. Frank Schmitz (Universität Hamburg).

Naumann, Gerardo und Studierende des Instituts für TFM – Das Festival, Projektvorstellungen

Allgemein / HTA-Ringvorlesung / Theater und die Krise der Demokratie.

Der argentinische Autor und (Film-)Regisseur Gerardo Naumann wurde im deutschsprachigen Raum bekannt mit der Arbeit „Die Fabrik“, die im von Stefan Kaegi und Lola Arias kuratierten Festival „Ciudades parallelas“ präsentiert wurde. Unter dem Motto Theater ist die Kunst der Symbiose entwickelte er mit Studierenden des Instituts für Theater-, Film- und Medienwissenschaft verschiedene symbiotische Formen zu den im Rahmen der Frankfurter Positionen 2021 entstehenden Uraufführungen.

Die folgenden Projekte der Studierenden werden vorgestellt:
Die kleine Akkumulation von Camradrine Maxine
unerhört von Janine Bürkli, Maria Huber und Jonathan Kirn
(Gehör-)Gang von Ania Pachura, Ella Schilling und Sara Gröning

Folgende Projekte wurden auf Sommer 2021 verschoben:
Anything but Vertical von Nele Oeser, Marquelin Pham und Ronja Koch
EPILOGUE von Aria Baghestani

Menke, Bettine – Die Rechts-Ausnahmen des „Flüchtlings“ – Die Demokratie der Hinzu-Kommenden

HTA-Ringvorlesung / Theater und die Krise der Demokratie.

Vortrag von Bettine Menke
04.02.2021

Giorgio Agambens Äußerung, „Flüchtling“ sei „die einzige Kategorie, die uns heute Einsicht in die Formen und Grenzen einer künftigen politischen Gemeinschaft gewährt“, taugt mir zum Ausgangspunkt. Denn „Flüchtling“ ist Figur der spezifischen, durch staatliche Regularien erzeugten, Nicht-Zugehörigkeit: Als Ausnahme von der vermeintlichen Normalität unter nationalstaatlicher Vorgabe, als Ausnahme vom Recht, die polizeilichen Maßnahmen überantwortet. Das ist, vereinfacht gesagt, der Vogelfreie; von diesen, die der National-Staat mit seiner Gründung ­schon (als Nicht-Zu­ge­hörige) schaffe, spricht Arendt, deren historisch gesättigte Darstellung der mas­senweisen Erzeugung von Flücht­lin­gen nach Nationalstaatsprinzip im 20 Jh. gegenwärtig diagnostisch zutrifft. Die spezifische Ausnahme, die Flüchtlinge vom Mo­ment ihres Grenz­über­tritts an als Illegale definiert und im „Nie­mands­land“ des Irregulären festhält, muß als dringliche Frage nach dem Verhältnis von Demokratie und Repräsentation, bzw. Repräsentier­barkeit aufgefasst werden. Sie erfordert, die Unterminierung der Gewiss­hei­ten von Zu­ge­hörigkeit (zu Gemeinschaft(en)) zu denken, wie damit der Anforderung zur Delimitierung der Demokratie zu folgen: „Kein numerus clausus für die Hinzukommenden“ (Derrida).

Abbt, Christine – Der antike Fremd- und Vieltuer und die Demokratie

HTA-Ringvorlesung / Theater und die Krise der Demokratie.

21.01.2021
Vortrag von Christine Abbt

Diskussionsrunde zum Vortrag

Befürworter und Gegner der Demokratie waren sich in der griechischen Antike überraschend einig in Bezug darauf, was demokratische Praxis auszeichne. Beide verwendeten zur diesbezüglichen Differenzierung ein Begriffspaar, mit dem demokratisches Handeln idealtypisch verbunden wurde: Allotrio- und Polypragmosyne, übersetzt Fremd- und Vieltun. Wodurch wird das Selbstverständnis der Fremd- und Vieltuer in der Antike bestimmt? Inwiefern ist ihr Verhalten als ein ,demokratisches‘ auszuweisen? Was lässt sich aus den antiken Quellen für aktuelle Debatten gewinnen?

Nature Theatre of Oklahoma und Müller-Schöll, Nikolaus – Working on something you don’t know

Allgemein / Digitale Theaterforschung / English / HTA-Ringvorlesung / Theater und die Krise der Demokratie.

14.01.2021
Nature Theatre of Oklahoma im Gespräch mit Nikolaus Müller-Schöll

Zu Gast bei der HTA-Ringvorlesung war die Theaterkompanie Nature Theatre of Oklahoma aus New York, namentlich Kelly Copper und Pavol Liska. Mit Choreographien, Musicals, Hörspielen, einer Graphic Novel und Filmen unterschiedlichster Art, zuletzt etwa der auf Super 8 gedrehten Verfilmung von Elfriede Jelineks Roman „Kinder der Toten“, begeisterte die Kompanie weltweit im gleichen Maß Teile ihres Publikums wie sie andere Teile abstieß und verschreckte. In ihren Arbeiten knüpfen sie gleichermaßen an den russischen Formalisten Victor Sklovskij wie an Jack Smith, Andy Warhol und die Avantgarden der 60er-Jahre an. Derzeit probt die Kompanie „Burt Turrido. An opera“, ihre neueste Produktion, deren Welturaufführung in Frankfurt stattfinden wird.

Yan, Pat To und Weinreich, Julia – The Posthuman Condition

English / HTA-Ringvorlesung / Theater und die Krise der Demokratie.

17.12.2020
Pat To Yan im Gespräch mit Julia Weinreich

Pat To Yan ist Dramatiker, Regisseur und Hochschuldozent aus Hongkong. Mit dem ersten Teil seiner “Posthumanen Reise”, der den Titel “Eine kurze Chronik des zukünftigen China” trägt, machte er in der Bundesrepublik Furore: Das Stück wurde zum Stückemarkt eingeladen und nach den Premieren in Lübeck und Saarbrücken in kurzer Zeit in Berlin, London, München und New York auf die Bühne gebracht. Nun wird das Schauspiel Frankfurt den zweiten Teil dieses Zyklus herausbringen: “Eine posthumane Geschichte”. Im Gespräch mit der Dramaturgin Julia Weinreich stellt Pat To Yan das neue Stück vor. Anna Bardavelidze und Agnes Kammerer lesen Ausschnitte daraus.

Theater 2040 – Konzeptionen und ihre Architekturen

Allgemein / Theaterarchitektur-Debatte / Welches Theater für welche Stadt?


Veranstaltung im Rahmen der Reihe „Welches Theater für welche Stadt?“ am 16. Dezember 2020
Mit Amelie Deuflhard und Rebecca Ajnwojner. Moderation: Nikolaus Müller-Schöll
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Amelie Deuflhard ist seit 2007 die Intendantin und künstlerische Leiterin der Kampnagel Kulturfabrik in Hamburg, der größten freien Spiel- und Produktionsstätte für die Darstellenden Künste in der Bundesrepublik Deutschland. Zuvor war sie Intendantin der Sophiensäle in Berlin und in dieser Zeit zusammen mit Matthias Lilienthal und Philipp Oswalt die Leiterin des Projekts „Volkspalast“, der zwischenzeitlichen Bespielung des „Palasts der Republik“ in Berlin. Derzeit plant sie mit 120 Millionen Euro aus Mitteln des Bundes und der Stadt Hamburg die Sanierung und den Weiterbau der Kampnagel-Kulturfabrik zu einem der großen euorpäischen Produktionszentren der Zukunft.

Rebecca Ajnwojner arbeitete von 2017 bis 20 als Dramaturgin am Maxim Gorki Theater in Berlin, nachdem sie zuvor in Heidelberg und Frankfurt und Tel Aviv zunächst Psychologie, dann Dramaturgie und Regie studiert hat. Aus der Arbeit der vergangenen Jahre ist ihr Promotionsprojekt hervorgegangen, das sich unter dem Titel „I am not what I am“ mit Repräsentationskritik und strategischem Essentialismus am Beispiel des Maxim Gorki-Theaters beschäftigen wird.

Die Aufzeichnung beginnt aufgrund technischer Aufzeichnungsprobleme wenige Minuten nach dem Start der Veranstaltung.