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Am Dienstag, den 4. Juni 2019, 18 Uhr wird die Hölderlin Gastprofessorin für Allgemeine und Vergleichende Dramaturgie, Prof. Dr.  Kélina Gotman (King’s College London), ihre Antrittsvorlesung halten. Thema ist:

Choreographie als Denken von Freizügigkeit. Eine kritische Genealogie.

In Anlehnung an Edward W. Saids kritisches Konzept einer „imaginierten Geographie“ von „Orient“ und „Okzident“ wird dieser Vortrag die Idee einer „choreographischen Vorstellungswelt“ entwickeln, um zu erörtern, wie Bewegung, Freizügigkeit und Zeitlichkeit im Austausch miteinander stehen. Gezeigt werden soll, dass Formen von Bewegung in kritischen und wissenschaftlichen Diskursen eine wichtige Rolle spielen, sei es in medizinischen Studien zum arbeitenden Körpers oder Untersuchungen mentaler Erschöpfung, die nachzeichnen, durch welche Zwänge die Moderne unsere körperliche Existenz geformt und auch verformt hat. Gleichzeitig zeigt der drastische Anstieg von verschiedenen ‚Geist/Körper‘-Praktiken, die „altertümliches Heilungswissen“ reaktivieren wollen, dass Bewegung benutzt wird, um zu grundlegenden Formen des Wohlbefindens zurückzufinden. Diese Choreographien lassen sich als Knotenpunkt zwischen Tanzwissenschaft, den Naturwissenschaften und Philosophien der Sorge verstehen. In einer Zeit, in der Bewegungsfreiheit und Freizügigkeit politisch umkämpft sind, scheint es daher unerlässlich, kritische Genealogien zu verfolgen, durch die das „Sich-frei-bewegen“ imaginiert worden ist. Die Art und Weise, wie der postkoloniale Westen diese Arten von Bewegung weiterhin in den Osten projiziert, ist Teil dieser Geschichte.

Veranstaltungsort ist das Institut für Theater-, Film-, und Medienwissenschaften der Goethe Universität Frankfurt (1. Stock des IG-Farben Gebäudes, Raum 1.411). 

Am Freitag, 14. Juni 2019, 18:30 Uhr organisiert Prof. Dr. Gotman zudem eine Diskussionsrunde mit ausgewählten europäischen Choreograph*innen und Künstler*innen, die sich mit folgendem Thema auseinandersetzen werden: 


Tanzende Massen: Wahn, Ekstase, Kollektivität 

Im Rahmen des F°LAB Festivals for Performing Arts 2019.

Beitragende: Kélina Gotman (Theater- und Tanzwissenschaftlerin, UK), Hamish McPherson (Choreograph und Tanzwissenschaftler, Großbritannien); Bogomir Doringer (Filmemacher und Kurator; Niederlande/Österreich); Jatun Risba (Performance Artist; Slovenien/Großbritannien); Audrey Gary (Regisseurin und Choreographin, Frankreich)

Gegenstand der Diskussion ist der revoltierende tanzende Körper. Ob in neo-schamanischen Ansätzen zeitgenössischer Choreographie oder in Akten radikaler Selbstheilung, in choreographischen Politiken der Sorge oder unerbittlichen Tanzparties, Körper in Bewegung signalisieren Ruhelosigkeit und die Möglichkeit lebendiger Transformation. Doch was ist ein Körper, der protestiert?  Es soll der Frage nachgegangen werden, wie Künstler*innen und Theoretiker*innen sich Gesten des Aufbegehrens angeeignet haben, um alternative Vorstellungen von Kollektivität und Selbstorganisation zu entwickeln. Gleichzeitig wird die Brücke geschlagen vom protestierenden Körper in der Kunst zu dessen Rolle in der politischen Gemeinschaft, um zu erörtern, wie sich über alternative Formen von Körperlichkeit auch der Staatskörper neu denken lässt. 

Veranstaltungsort ist das Frankfurt LAB, Schmidtstr. 12, 60326 Frankfurt/Main